Die Aussprache

Die Kanadierin Sarah Polley hat ihre Filmkarriere Mitte der 1980er Jahre als Schauspielerin („Exotica“, „eXistenZ“, „Das süße Jenseits“) begonnen, sich seit Ende der 1990er Jahre aber auch als Regisseurin in einigen Kurzfilmen ausprobiert. Nach ihrem gelungenen Langfilm-Regiedebüt mit „An ihrer Seite“ (2006), dem komödiantischen Drama „Take This Waltz“ (2011) und dem Dokumentarfilm „Stories We Tell“ (2012) legte sie erst zehn Jahre später mit „Die Aussprache“ ihren nächsten Film vor, der immerhin für das von ihr selbst adaptierte Drehbuch mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. 

Inhalt: 

Nachdem die Frauen einer isolierten religiösen Mennonitenkolonie in Bolivien von den Männern mehrfach unter Drogen gesetzt und anschließend vergewaltigt wurden, müssen sie nun überlegen, wie sie damit umgehen, wenn ihre Peiniger wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen werden. Für die Frauen ist das eine äußerst ungewöhnliche und vor allem ungewohnte Situation, denn in ihrer Gemeinschaft wird normalerweise nicht über intime Dinge gesprochen. Doch nach den grausamen Ereignissen können die Frauen ihre Religion immer weniger mit der gelebten Lebensrealität in Einklang bringen. So unterschiedlich die Frauen sind, so verschieden sind auch ihre Positionen: Ona (Rooney Mara) ist von ihrem Peiniger schwanger, Mariche (Jessie Buckley) vertritt ihrem gewalttätigen Mann Klaas gegenüber eine eher defensive Haltung und Salome (Claire Foy) hat einen der Männer mit einer Sense angegriffen und erwartet dafür selbst eine Strafe. Der einzige Mann der Runde ist August Epp (Ben Whishaw), der in der Diskussion Protokoll führt. 
Als sich die acht Frauen auf dem Heuboden ihrer Gemeinde zusammenfinden, steht für sie fest, dass sie nur drei Optionen haben: Bleiben, Fliehen oder Kämpfen. Einige Frauen befürchten, dass jeder Akt des Widerstandes ihren Eintritt in den Himmel gefährden könnte. Wieder andere sind fest davon überzeugt, ohne Ehemänner und Söhne nicht überleben zu können. Einige Frauen sind jedoch bereit dazu, alle Maßnahmen zu ergreifen, um dem Terror ihres häuslichen Lebens zu entkommen. Sie bestehen darauf, dass „die Wahrheit stärker“ sei als die auferlegten Regeln der Gemeinschaft… 

Kritik:

Nach der Romanvorlage „Women Talking“ der kanadischen Autorin Miriam Toews („Stilles Licht“, „Das gläserne Klavier“) hat die ehemalige Kinderschauspielerin Sarah Polley den Film mit Frances McDormand („Nomadland“, „Fargo“) in der Hauptrolle verfilmen wollen. McDormand ist letztlich nur in einer sehr bemerkenswerten Nebenrolle zu sehen, produzierte den Film aber mit ihrer eigenen Produktionsfirma Hear/Say, ebenso wie Brad Pitt mit seiner Filmproduktionsgesellschaft Plan B. 
Bereits in den ersten Minuten des thematisch schwerwiegenden Dramas, das wie ein historischer Exkurs zur aktuellen #Metoo-Debatte wirkt, wird deutlich, dass „Die Aussprache“ vor allem ein kammerspielartiger Ensemble-Film ist, der von den fast schon monologartigen Dialogen der gepeinigten Frauen geprägt wird. 
Während sich die Diskussionen unter den Frauen über die drei Optionen erhitzen, bleibt der Rest fast grau in grau. Im Gegensatz zu den eindringlich melodischen Klängen von Hildur Guðnadóttir („Joker“, Tár“) sind die Bilder von Luc Montpellier („An ihrer Seite“, „Splinters“) ausgewaschen und düster, die Kleider der Frauen einförmig, die Kulisse nahezu auf den Heuboden beschränkt. Etwas Abwechslung bringen die eingestreuten, aber wenig aussagekräftigen Rückblenden und die humorvollen Szenen, die die Ratlosigkeit und Wut der Frauen nur gelegentlich auflockert. 
Sarah Polley wird der Ernsthaftigkeit des Themas, das auf wahren Ereignissen aus dem Jahr 2011 beruht, zwar gerecht, doch wirken die Dialoge etwas zu gestelzt, die Figuren zu unnahbar, um das Publikum wirklich zu fesseln. Dazu fehlen auch die entsprechenden Überraschungsmomente. So präsentiert sich „Die Aussprache“ als gediegener Ensemblefilm, der der bedrückenden Thematik keine neuen Aspekte abzugewinnen versteht, aber immerhin mit außergewöhnlichen Darstellerleistungen überzeugt. 

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