Der Informant!

Obwohl Steven Soderbergh in seiner langen Karriere Oscar-prämierte Meisterwerke wie „Erin Brockovich“ und „Traffic – Macht des Kartells“ sowie großes Blockbuster-Kino mit der „Ocean’s“-Trilogie aufweist, hat er es sich doch nie leichtgemacht und sich Hollywood und seinen Konventionen nie angebiedert. Stattdessen verwirklichte er immer die Projekte, die ihm besonders am Herzen lagen, ob sie nun den Geschmack des Publikums trafen oder nicht. Zu diesen Herzensprojekten zählt auch „Der Informant!“, die Verfilmung der Geschichte des hochrangigen Abteilungsleiters Mark Whitacre, der durch ein geschicktes Lügenkonstrukt etliche Millionen Dollar ergaunert hat. 

Inhalt: 

Anfang der 1990er Jahre lebt der studierte Biochemiker Mark Whitacre (Matt Damon) mit seiner Frau Ginger (Melanie Lynskey) als Manager für den Agrarkonzern Archer Daniels Midland (ADM) das Leben eines wohlhabenden Durchschnittsamerikaners, bringt immerhin 350.000 Dollar im Jahr nach Hause. Zu seinem Verantwortungsbereich gehört die aus Mais gewonnene Lysin-Produktion für die Lebensmittelindustrie, bei der es durch ein Virus zu Produktionsausfällen kommt. Seine Chefs Mick Andreas (Tom Papa) und Terry Wilson (Rick Overton) üben großen Druck auf Whitacre aus, das Problem schnell zu lösen, doch da er es nicht umgehend in den Griff bekommt, initiiert Whitacre eine Verschwörung, in der es um Sabotage und Erpressung durch einen asiatischen Wettbewerber geht. ADM schaltet das FBI ein, um die Drahtzieher dingfest zu machen. Nachdem es Whitacre nicht gelungen ist, seine Vorgesetzten von der Zusammenarbeit mit dem FBI abzubringen, werden sein geschäftlicher sowie der private genutzte Telefonanschluss in seinem Haus angezapft, über die er angeblich von den Erpressern kontaktiert wurde. 
Um von seinen Machenschaften abzulenken und auch auf Druck seiner Frau informiert er die Agenten Brian Shepard (Scott Bakula) und Bob Herndon (Joel McHale) über illegale Preisabsprachen seines Arbeitgebers mit ausländischen Konkurrenten in großem Stil. Um stichhaltigere Beweise zu erhalten, wird Whitacre auf seine Vorgesetzten angesetzt und soll mittels eines am Körper getragenen Mikrofons und versteckter Kameras weitere Informationen von kompromittierenden Besprechungen aufzeichnen. 
Obwohl Whitacre als Informationsquelle unter Einsatz der Abhörgeräte sehr erfolgreich ist, müssen die FBI-Agenten bald feststellen, dass Whitacre nicht nur leichtsinnig agiert, sondern auch geltungsbedürftig und sehr geschwätzig ist. Am schwersten wiegt jedoch sein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit… 

Kritik: 

Steven Soderbergh hat einen ungewöhnlichen Ansatz für die Verfilmung des Buches „The Informant: A True Story“ von Kurt Eichenwald gewählt. Statt die Geschichte des bis heute hochrangigsten Konzernmitarbeiters, der je zum Verräter wurde, als Thriller-Drama zu initiieren, wie es beispielsweise Sydney Pollack mit seiner – von Soderbergh auch zitierten - Verfilmung des John-Grisham-Romans „Die Firma“ oder Michael Mann mit „The Insider“ getan haben, wählte Soderbergh einen komödiantischen Ansatz, der vor allem durch Matt Damons skurriles Outfit mit schlimmer Frisur, noch schlimmerer Brille und Schnuppi, aber ebenso durch Marvin Hamlischs entspannten jazzigen Swing-Score umgesetzt wird. Die aufgezwungen humoristische Note durchdringt allerdings nicht die gewohnt stilsichere Inszenierung und die famose, ebenfalls von Steven Soderbergh (unter dem Pseudonym Peter Andrews) geführte Kamera, die uns eher ein Stimmungsbild der 1970er als der 1990er Jahre vorgaukelt. 
Der komische Aspekt der Geschichte beschränkt sich ganz auf die sichtbar lustvoll von Matt Damon („Stillwater“, „Der Marsianer: Rettet Mark Watney“) verkörperte Figur des Wirtschaftsverbrechers und das von ihm kunstvoll gestrickte Lügengebäude, das unter dem Verhör der FBI-Beamten, denen sich Whitacre anvertraut allmählich zusammenbricht. 
Durch die ansonsten ernste Inszenierung des Geschehens rund um die Abhörmanöver und Absprachen mit Anwälten, Firmenspitze und FBI entsteht so ein indifferent erscheinendes Drama, das sich nicht entscheiden kann, ob es mehr Thriller oder Komödie sein will. Vor allem interessiert sich Soderbergh eher für die abenteuerliche Geschichte als für seinen Protagonisten, seine Motive und Persönlichkeit. Damit verschenkt Soderbergh viel Potenzial, das nicht allein durch die großartige Musik, die stylishen Bilder und Matt Damons Oscar-reife Darstellung ausgeschöpft wird.  

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