Haywire
Steven Soderbergh hat es seit seinem aufsehenerregenden Low-Budget-Debüt mit „Sex, Lügen und Video“ hervorragend verstanden, sich nie auf ein bestimmtes Genre und schon gar nicht auf ein bestimmtes Publikum festlegen zu lassen. Von experimentellen Filmchen wie „Schizopolis“, „Voll frontal“ und „Bubble“ über episodische Dramen wie „Traffic – Die Macht des Kartells“ und „Contagion“ und anspruchsvolles Arthouse-Kino („The Good German“) bis zu erstklassigem Blockbuster-Spaß mit der „Ocean’s“-Trilogie und „Out of Sight“ ist Soderbergh stets seinem eigenen Geschmacks- und Interessen-Kompass gefolgt. Da überrascht es nicht, dass sein Action-Spektakel „Haywire“ auch etwas andere Qualitäten ausspielt, als man es von üblichen Genre-Produktionen her kennt.
Die ehemalige Marine-Soldatin Mallory Kane (Gina Carano) arbeitet für das Privatunternehmen ihres Ex-Freundes Kenneth (Ewan McGregor), das im Auftrag der US-Regierung brenzlige Undercover-Operationen in der ganzen Welt durchführt. So fordern CIA-Agent Coblenz (Michael Douglas) und sein Kontaktmann Rodrigo (Antonio Banderas) explizit Mallory bei Kenneth an, um zusammen mit einem Team, zu dem auch Aaron (Channing Tatum) zählt, den chinesischen Dissidenten und Journalisten Jiang in Barcelona zu befreien. Zwar verläuft die Aktion nicht ganz so unkompliziert wie erwartet, aber am Ende ist Mallorys Team erfolgreich. Kaum ist Mallory allerdings zurück in den Staaten, wartet schon der nächste Auftrag auf sie. Kenneth hofft, mit der Sache einen Fuß in die Tür beim britischen Geheimdienst MI6 zu bekommen. Diesmal soll sich Mallory in Dublin als Frau des britischen Agenten Paul (Michael Fassbender) ausgeben, um so an dessen Kontaktperson Studer (Mathieu Kassovitz) heranzukommen. Bei einem Empfang im Russborough House entdeckt sie in einem abgelegenen Gebäude den toten Jiang, der das Amulett in der Hand hält, das Kenneth ihr als Erkennungszeichen für Paul gegeben hat. Offensichtlich soll Mallory der Mord angehängt werden. Als Paul sie im Hotel angreift Paul, kann sie ihn nach einem heftigen Kampf überwältigen und über sein Mobiltelefon herausfinden, dass Kenneth hinter dem Komplott steckt. Nun muss sie nicht nur vor seinen Agenten fliehen, sondern auch vor der Polizei…
Kritik:
Nachdem Steven Soderbergh die Hauptrolle in seinem Drama „The Girlfriend Experience“ mit Pornostar Sasha Grey besetzte (allerdings wider Erwarten sehr wenig Haut von ihr präsentierte), ist er auch für sein Spionage-Drama „Haywire“ einen authentischen Weg gegangen und besetzte die ehemalige Mixed-Martial-Arts-Kämpferin Gina Carano in der Hauptrolle der professionellen Problemlöserin. Trotz durchweg namhafter Kollegen wie Ewan McGregor („Männer, die auf Ziegen starren“, „Lachsfischen im Jemen“), Michael Douglas („Wall Street“, „Wonder Boys“), Michael Fassbender („Eine dunkle Begierde“, „Steve Jobs“), Antonio Banderas („Die Haut, in der ich wohne“, „Der 13. Krieger“), Channing Tatum („Magic Mike“, „White House Down“), Bill Paxton („Dämonisch“, „Apollo 13“) und Mathieu Kassovitz („Hass“, „Die fabelhafte Welt der Amelie“) bildet die schauspielerisch wenig erfahrene Carano („Blood and Bone – Rache um jeden Preis“) den Dreh- und Angelpunkt des Films. Sie macht nicht nur äußerlich was her, was gerade bei dem offiziellen Date in Dublin in Abendgarderobe wunderbar zur Geltung kommt, sondern überzeugt vor allem in den nicht allzu ausufernden, knackig inszenierten Nahkampf-Action-Szenen, in denen sie ihren prominenten männlichen Kollegen so richtig einheizen darf.
Die Story gerät darüber fast zur Nebensache und orientiert sich an ganz klassischen Spionage- und Verrat-und-Rache-Plots wie der „Jason Bourne“-Reihe. Der cool groovende Score von David Holmes („Ocean’s“-Trilogie, „Out of Sight“) und die unterkühlte wie bodenständige Inszenierung verschaffen „Haywire“ einen etwas anderen Unterhaltungswert als ähnliche Genre-Werke, nutzt das bewusste Unterlaufen der Publikumserwartungen aber geschickt, um auch mit einer feinen Pointe am Ende zu punkten.
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