Harry und Sally

Mit „Stand by Me: Das Geheimnis eines Sommers“ (1986), der gefühlvollen Verfilmung der Stephen-King-Novelle „Die Leiche“, avancierte der Schauspieler Rob Reiner zu einem ernstzunehmenden Regisseur, der mit dem märchenhaften „Die Braut des Prinzen“ (1987) daraufhin bewies, dass der Vorgänger kein Zufallstreffer war. Sein Meisterstück legte Reiner aber 1989 mit der RomCom „Harry und Sally“ ab, die die beiden Hauptdarsteller Meg Ryan und Billy Crystal zu Stars machte. Nach über dreißig Jahren hat dieser Kassenschlager nichts von seiner Originalität und Klasse verloren. 

Inhalt: 

Kaum haben Harry (Billy Crystal) und Sally (Meg Ryan) im Jahr 1977 das College in Chicago abgeschlossen, werden sie von Harrys Freundin als Fahrgemeinschaft vermittelt, um Fahrkosten für Sallys Umzug nach New York zu halbieren und die 18-stündige Fahrt für beide erträglicher zu gestalten. Bereits bei den ersten Konversationsbemühungen wird deutlich, dass der miesepetrige Harry und die durchstrukturierte Sally gänzlich unterschiedliche Persönlichkeiten sind. Vor allem in der Beziehung zwischen Mann und Frau gehen die Meinungen weit auseinander. 
Während Sally meint, auch mit Männern Freundschaften pflegen zu können, ohne Sex mit ihnen zu haben, vertritt Harry die These, dass es keine echte Freundschaft zwischen Mann und Frau geben könne, weil ihnen immer der Sex dazwischenkäme. Selbst wenn sie keinen hätten, wäre zumindest beim Mann auf jeden Fall der Wunsch nach Sex mit ihm Spiel. Nach der anstrengenden Reise trennen sich im Big Apple die Wege der beiden, doch fünf Jahre später treffen sich Harry und Sally zufällig am Flughafen wieder, als Harry seinen alten Freund wiedertrifft, der sich gerade von Sally verabschiedet. Ebenso wie Sally ist auch Harry scheinbar glücklich liiert, so dass sich die beiden wieder für fünf Jahre aus den Augen verlieren. Dann begegnen sie sich in einer Buchhandlung. Wie sich herausstellt, sind Harry und Sally gerade Single, so dass sie es endlich auf einen Versuch ankommen lassen wollen, Freunde zu sein… 

Kritik: 

Die 2012 verstorbene Nora Ephron („Silkwood“, „Sodbrennen“) zählt fraglos zu den Drehbuchautorinnen mit dem feinsten Gespür für unterhaltsame romantische Komödien. Was sich in der Verfilmung ihres Romans „Sodbrennen“ mit Jack Nicholson und Meryl Streep bereits angedeutet hat, verfestigte sich über die Jahre mit den Drehbüchern zu Blockbustern wie „Schlaflos in Seattle“ (1993) und „e-m@il für dich“ (1998). Doch nach wie vor zählt „Harry und Sally“ zu den unbestrittenen Klassikern des Genres. 
Das liegt zunächst an der gelungenen Figurenzeichnung und der gleich zu Beginn in den Raum geworfenen These über die Möglichkeit platonischer Beziehungen zwischen Männern und Frauen. In Fünf-Jahres-Abständen wird diese These von Harry und Sally immer wieder auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft, ohne dass sie sich selbst dabei wirklich näherkommen. Schließlich stehen lange Zeit immer die jeweiligen Partner der Protagonisten im Weg. Es ist nicht nur unterhaltsam zu verfolgen, wie sich Harry und Sally in den fünfjährigen Abständen rein äußerlich verändern, sondern wie sich durch die Erfahrungen ihrer vergangenen Beziehungen auch die Einstellung zu Freundschaft und Liebe relativiert. 
Trotz des vorhersehbaren Endes legen Harry und Sally eine interessante Odyssee zurück, bis sie natürlich erkennen, dass sie füreinander geschaffen sind. Bis dahin sorgen spritzige Dialoge und vor allem die ikonische Szene im vollbesetzten Diner, als Sally ihrem Gegenüber lautstark einen Orgasmus vortäuscht, nachdem Harry ihr versucht hatte zu versichern, dass ihm bislang noch nie eine Frau einen Orgasmus vorgetäuscht hätte, für anhaltenden Spaß. 
Meg Ryan, die auch in Nora Ephrons Regiewerken „Schlaflos in Seattle“ und „e-m@il für dich“ die weibliche Hauptrolle übernahm, und Billy Crystal („Vergiss Paris“, „City Slickers“) bilden ein perfekt aufeinander eingespieltes Traumpaar, das sich locker die Bälle zuwirft. Aber auch die Nebendarsteller wie Carrie Fisher („Star Wars“, „Hannah und ihre Schwestern“) als Sallys Freundin Marie und Bruno Kirby („Good Morning, Vietnam“, „City Slickers“) als Harry Freund Jess sorgen mit ihren Verkupplungsversuchen für die nötige Bodenhaftung des Films. 
Das pointierte Drehbuch mit der originellen These, die zu beweisen oder zu widerlegen ist, die bestens aufgelegten Darsteller, Barry Sonnenfelds einnehmenden Bilder der romantisch verklärten Metropole New York und die von Harry Connick Jr. interpretierten Jazz-Klassiker von Duke Ellington, Benny Goodman und George Gershwin und Ira Gershwin machen „Harry und Sally“ zu einem Meisterwerk des RomCom-Genres.  

Kommentare

Beliebte Posts