Plötzlich Gigolo

Seit seinem ersten Kurzauftritt in Martin Scorseses „Wie ein wilder Stier“ (1980) hat John Turturro mit so prominenten Regisseuren wie den Coen-Brüdern („Barton Fink“, „Miller’s Crossing“, „O‘ Brother, Where Art Thou?“, „The Big Lebowski“), Ron Howard („Gung Ho“), Martin Scorsese („Die Farbe des Geldes“), William Friedkin („Leben und sterben in L.A.“), Michael Cimino („Der Sizilianer“), Spike Lee („Do the Right Thing“, „Mo‘ Better Blues“) und Robert Redford („Quiz Show“) zusammengearbeitet. Eine seiner ersten bemerkenswerten Rollen verkörperte Turturro in Woody Allens „Hannah und ihre Schwestern“ (1986). In Turturros fünfter Regiearbeit „Plötzlich Gigolo“ (2013) spielen sich Turturro und Allen munter die Bälle zu. 

Inhalt: 

Der New Yorker Buchhändler Murray (Woody Allen) muss schweren Herzens seinen Laden aufgeben. Während er mit seinem alten Kumpel, dem Blumenverkäufer Fioravante (John Turturro), die Bücher in Kisten verpackt, bringt er das Gespräch auf seinen letzten Besuch bei der Hausärztin Dr. Parker (Sharon Stone), die ihre Lust zum Ausdruck brachte, einen Mann für einen flotten Dreier mit ihrer Freundin Selima (Sofía Vergara) zu engagieren. Irgendwie kam Murray dabei Fioravante in den Sinn, der zunächst völlig verblüfft über diesen Vorschlag ist, nach kurzer Bedenkzeit aber zustimmt. Schließlich sind die beiden Freunde knapp bei Kasse, da käme ein warmer Bargeldregen gerade recht. Und schon hat sich Murray als Zuhälter des eher zurückhaltenden Blumenhändlers in Stellung gebracht. 
Fioravante erweist sich offenbar als talentierter Gigolo, denn sowohl seine ersten Kundinnen als auch er selbst scheinen mehr als zufrieden mit dem Arrangement. Etwas anders verhält es sich mit Fioravantes nächster Klientin Avigal (Vanessa Paradis), der Witwe eines stadtteilbekannten Rabbis, die in ihrer strenggläubigen Gemeinde dementsprechend unter Beobachtung steht. Vor allem der Nachbarschaftspolizist Dovi (Liev Schreiber) hat ein Auge auf Avigal geworfen und ist etwas aufgebracht, dass er Avigal immer öfter lächeln sieht, nur in seiner Gegenwart nicht. Als sich Fioravante in Avigal verliebt, wird es kompliziert… 

Kritik: 

Nach seinen bisherigen Ausflügen hinter die Kamera mit so unterschiedlichen Filmen wie der Milieustudie „Mac“ (1992), dem opernhaften Liebesdrama „Illuminata“ (1998), dem Musical „Romance & Cigarettes“ (2005) und dem sehr persönlichen Dokumentarfilm „Passione“ (2010) wandte sich Turturro mit seinem fünften Film eher den leichten Stoffen zu, die Woody Allen während seiner Europa-Filme „Vicky Cristina Barcelona“, „Midnight in Paris“, „To Rome with Love“ und „Match Point“ so leichtfüßig zelebriert hat. 
Seinem großen Vorbild Woody Allen hat Turturro in „Plötzlich Gigolo“ nicht nur nachzueifern versucht, sondern ihn auch gleich mit einer der beiden Hauptrollen besetzt. Allen wirkt mit seinem lebhaften Geplapper tatsächlich wie eine Figur aus einem seiner eigenen Filme, und die Vorstellung des weißhaarigen Allen als Zuhälter wirkt ebenso skurril wie die des auf eher exzentrische Rollen spezialisierten Turturro als versierter Gigolo. Sieht man die beiden allerdings zusammen auf der Leinwand, wirkt die Geschichte schon gar nicht mehr so unvorstellbar. Während Turturro, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, wie selbstverständlich mit genussvollem Schweigen unter dem Künstlernamen Virgil Howard durch seine Rolle mäandert, hetzt Allen als Dan Bongo immer wie unter Strom durch die Szenerie, die New York und das beschauliche Williamsburg in Brooklyn übrigens in den schönsten Herbstfarben präsentiert, doch bewegt sich ihr Spiel jenseits einiger wirklich witziger Szenen meist zu sehr an der Oberfläche. 
Das trifft leider auch auf den übrigen Cast zu. Abgesehen von der französischen Sängerin Vanessa Paradis („Die Frau auf der Brücke“, „Der Auftragslover“), die in ihrer ersten englischsprachigen Rolle als sensible jüdische Witwe überzeugt, und Liev Schreiber („Ray Donovan“, „Salt“) als liebeskranker Sittenwächter wirken Sharon Stone und Sofía Vergara („Miss Bodyguard“, „Kiss the Cook: So schmeckt das Leben“) als Virgils erste Kundinnen eher klischeehaft. So bietet „Plötzlich Gigolo“ unaufgeregten Woody-Allen-Humor in einem nicht allzu komplexen Liebesreigen, bei dem allein die zarte Romanze zwischen dem Floristen/Gigolo und der jüdischen Witwe etwas Tiefe gewinnt, die stimmungsvollen, warmen Bilder und der coole Jazz-Soundtrack überzeugen.  

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