1883

Taylor Sheridan hat mit der 2018 gestarteten Neo-Western-Serie „Yellowstone“ mit einem stark aufspielenden Kevin Costner in der prestigeträchtigen Hauptrolle eines kompromisslos um seinen Besitz kämpfenden Rancher eine der beeindruckendsten Streaming-Produktionen der letzten Jahre produziert. Während die Fortsetzung der Serie nach der jetzigen 5. Staffel und dem Abgang von Kevin Costner (der sich auf sein eigenes, ehrgeiziges Western-Projekt „Horizon“ konzentrieren wollte) in ein Sequel namens „2024“ münden wird, behandelt das Spin-off „1883“ die Vorgeschichte der Duttons, nämlich mit der Besiedlung des Landes durch James Dutton und seiner Frau Margaret. 

Inhalt: 

Der hartgesottene Bürgerkriegsveteran James Dutton (Tim McGraw), seine energische Ehefrau Margaret (Faith Hill), die mit ihren achtzehn Jahren bereits willensstarke Tochter Elsa (Isabel May) und der kleine Sohn John jr. (Audie Rick) begeben sich zusammen mit weiteren Familienmitgliedern und einer Gruppe deutscher und osteuropäischer Siedler im Jahr 1883 von Texas aus auf den berüchtigten Oregon Trail, um eine neue Heimat zu finden. Angeführt wird der Wagentreck vom ebenfalls kriegserfahrenen leidgeprüften Shea Brennan (Sam Elliott) und seinem einstigen Untergebenen Thomas (LaMonica Garrett), die gerade die europäischen Siedler erst einmal auf die Risiken der Reise hinzuweisen haben. Die Siedler müssen sich nicht nur von einem Großteil ihres Besitzes trennen, sondern auch schießen und reiten lernen, die Gefahren von Klapperschlangen und Giftefeu erkennen sowie die Differenzen untereinander klären. 
Da einzig der Deutsche Josef (Marc Rissmann) die englische Sprache beherrscht, wird er zum Anführer der Europäer erklärt. Schon in den ersten Wochen müssen die Reisenden erfahren, wie Schlangenbisse, Banditen und das Überqueren von Gewässern die Truppe nach und nach dezimieren. Dazu werden Diebe innerhalb der Truppe von der weiteren Reise ausgeschlossen und ihrem – tödlichen – Schicksal überlassen. Doch für Elsa wird die Reise zu weit mehr als nur dem Ritt von einem Land zum anderen, sie entdeckt in Cowboy Ennis (Eric Nielsen) ihre erste große Liebe und wird zu einer kämpferischen Frau, die sich auch mit Indianern anlegt… 

Kritik: 

Während in der Neo-Western-Serie „Yellowstone“ der Kampf zwischen Bewahrern alter Lebensweisen und Naturgebiete gegen vermeintlich fortschrittlich denkende Investoren und damit allerhand Intrigen und Revierkämpfe im Mittelpunkt stehen, ist das ebenfalls von „Yellowstone“-Schöpfer Taylor Sheridan konzipierte Sequel „1883“ weitaus schlichter, aber ebenso dramatisch gestrickt. Denn während es im heutigen Amerika vor allem um Wachstum geht, kämpften die Siedler im Jahr 1883 ums reine Überleben auf einer Reise in unbekanntes Terrain, von dem sie glauben, dort in Freiheit eine eigene Existenz aufbauen zu können. 
Sheridan braucht dazu nur wenige Charaktere, um die Dramatik der Geschichte zuzuspitzen, denn die Reise ins Unbekannte bedeutet bereits Spannung genug. Indem Sheridan die junge Elsa als Ich-Erzählerin aus dem Off als auffälligste Protagonistin einsetzt, hat er eine interessante Identifikationsfigur gefunden, die das Publikum an den poetischen Träumen der sympathischen Kämpferin teilhaben lässt. Davon abgesehen schildert „1883“ in zehn Episoden das harte, entbehrungsreiche Leben eines Trecks, der nicht nur den Gefahren in der Natur, sondern auch Dieben in den eigenen Reihen, Banditen und Indianern ausgesetzt ist. Dazu streiten Shea, Thomas und James immer wieder um die weitere Reise, wenn es mal wieder schwierig wird. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem die Familie Dutton, wobei sich James und seine Frau nicht immer einig darüber sind, wie sie mit dem Freiheitswillen ihrer Tochter umgehen sollen. 
Die beiden Country-Stars Tim McGraw und Faith Hill überzeugen mit ihren beherzten Darstellungen ebenso wie die junge Isabel May, die perfekt die Rolle der verträumten wie mutigen Elsa verkörpert. 
Aber auch Hollywood-Veteran Sam Elliott und LaMonica Garrett, dessen Figur sich in die Zigeunerin Noemi (Tim Robbins‘ Ex-Frau Gratiela Brancusi) verlieben darf, verleihen der Serie schauspielerische Qualität. Die „Yellowstone“-Komponisten Brian Tyler und Breton Vivian haben für „1883“ eine weitere großartige, noch gefühlvollere Musik komponiert, und die schönen Landschaftsaufnahmen machen immer wieder deutlich, warum die Siedler damals diese tödlichen Gefahren auf sich genommen haben, um ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit führen zu können. Tom Hanks, Rita Wilson, Billy Bob Thornton und Graham Greene sind übrigens in kleinen Cameo-Rollen zu sehen.  

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