Die Braut trug schwarz

Nachdem François Truffaut mit seiner Adaption des Ray-Bradbury-Klassikers „Fahrenheit 451“ vor allem beim Publikum durchgefallen war und so die Produktionsfirma Les Films du Carrosse einmal mehr in Bedrängnis brachte, wandte sich Truffaut vermeintlich sichererem Terrain zu und adaptierte 1968 mit „Die Braut trug schwarz“ nicht nur einen Roman des amerikanischen Noir-Autors Cornell Woolrich, sondern huldigte mit dem Film auch seinem großen Vorbild Alfred Hitchcock, dessen Hauskomponisten Bernard Herrmann Truffaut bereits bei „Fahrenheit 451“ engagiert hatte. 

Inhalt: 

Ein Frauenheld, Monsieur Bliss (Claude Rich), bereitet sich zusammen mit seinem überzeugt als Single lebenden Freund Corey (Jean-Claude Brialy) auf seine Verlobungsfeier mit Gilberte (Michèle Viborel) vor, die am Abend stattfinden wird, und muss sich allerlei Neckereien anhören. Unter den Gästen am Abend fällt Corey eine geheimnisvolle Frau (Jeanne Moreau) auf, die den Bräutigam zu einem Gespräch auf den Balkon um Corey um ein Glas kaltes Wasser bittet. Als sich ihr Halstuch in der Markise verfängt, bittet sie Bliss, ihr das Tuch zu holen, und stößt ihn während seiner Bemühungen in die Tiefe, während sie ihm ihren Namen verrät: Julie Kohler. Danach sucht sie den schüchterne Monsieur Coral (Michel Bouquet) auf, dem sie eine Konzertkarte schickt und sich dann zu ihm in die reservierte Loge setzt, ohne sich jedoch vorzustellen. Fasziniert von ihrer mysteriösen Erscheinung lädt er sie für den nächsten Tag zu sich nach Hause ein, wo sie ihn mit einer Flasche vergiftetem Schnaps begrüßt. Während er krampfend auf dem Boden seines Zimmers stirbt, erklärt sie ihm, dass sie sich schon vor Jahren einmal getroffen haben. Wie wir erfahren, ist Julie Kohler die Witwe eines Mannes, der am Tag ihrer Vermählung vor der Kirche erschossen wurde. Sie hat die fünf Männer, die sie für verantwortlich hält, ausfindig gemacht und tötet sie ohne große Gefühlsregungen. Nun stehen noch der ehrgeizige Politiker Clément Morane (Michael Lonsdale), den dubiosen Schrotthändler Delvaux (Daniel Boulanger) und der Maler Fergus (Charles Denner) auf der Liste… 

Kritik: 

Truffaut inszenierte Woolrichs Romanvorlage als sehr einfach gestrickte Geschichte: Eine rachsüchtige Witwe macht die vermeintlichen fünf Mörder ihres Mannes ausfindig und tötet sie auf skrupellose Weise, einen nach dem anderen. Der Plot erinnert nicht nur von ungefähr an Quentin Tarantinos Rache-Epos „Kill Bill“, das explizit von „Die Braut trug schwarz“ inspiriert worden ist. 
Truffauts Heldin lebt nur noch für ihre Rache, fühlt sich als Tote im Leben, was Jeanne Moreau, die mit Truffaut bereits „Sie küssten und sie schlugen ihn“ und „Jules und Jim“ abgedreht hatte und durch die Zusammenarbeit mit Louis Malle („Fahrstuhl zum Schafott“, „Die Liebenden“, „Das Irrlicht“) bereits zu einer Ikone der Nouvelle Vague avanciert war, in einer bemerkenswert wandelbaren Darstellung perfekt verkörpert. Truffaut interessiert sich nicht dafür, wie Julie Kohler auf die fünf jagdbegeisterten Männer gekommen ist, die gerade in einem Zimmer Karten spielten, sich betranken und mit der unglückseligen Tatwaffe spielten, als Julie mit ihrem Mann vor die Kirche trat, und ihn eher zufällig erschossen. Ihn interessiert auch nicht die Ermittlung, die die Polizei auf der Suche nach der geheimnisvollen Frau anstellt, die mit den getöteten Männern gesehen worden war. Es geht ihm allein um die gnadenlose Mission seiner Antiheldin, mit der man einfach mitfiebern muss, denn jeder der Männer erweist sich als ein anderes Stereotyp von Männern und ihrem Umgang mit dem weiblichen Geschlecht. 
Der schwarze Humor und die geschickt aufgebaute Spannung in den einzelnen Szenen sind die deutlichsten Verweise auf Hitchcock, auch wenn Truffaut seine Geschichte weit weniger formell einheitlich inszeniert hat. Vor allem das großartige Finale, zu dessen Auftakt sich die von der Polizei festgesetzte Mörderin erstaunlich offen bei der Schilderung ihrer Taten zeigt, machen „Die Braut trug schwarz“ zu einem besonderen Film. Ein Jahr später sollte Truffaut mit „Das Geheimnis der falschen Braut“ einen weiteren Roman von Woolrich verfilmen, diesmal mit Belmondo und Deneuve in den Hauptrollen. 

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