Camille Claudel

Ähnlich wie die mexikanische Künstlerin Frida Kahlo musste auch die französische Bildhauerin Camille Claudel viel zu lange um die Anerkennung ihrer Kunst kämpfen, wobei ihre jeweiligen Männer sie zwar als Muse und Geliebte schätzten, ihnen aber auch viel Leid zufügten. Bevor sich Salma Hayek für eine Verfilmung des Lebens von Frida Kahlo in dem Oscar-prämierten Meisterwerk „Frida“ (2002) stark machte, war auf der anderen Seite des Atlantiks die französische Schauspielern Isabelle Adjani so von Camille Claudels Lebensgeschichte fasziniert, dass sie 1988 ihren damaligen Lebensgefährtin, den Kameramann Bruno Nuytten dazu animieren konnte, mit „Camille Claudel“ ein fast dreistündiges Künstlerdrama zu inszenieren, das unter anderem mit fünf Césars und dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde und nun in einer digital restaurierten 30th Anniversary Edition erscheint.
Damit sich die junge Camille Claudel (Isabelle Adjani) ganz der Bildhauerei widmen kann, hat ihr Vater (Alain Cuny) dafür gesorgt, dass sie mit ihrer Familie, der ihr skeptisch gegenüberstehenden Mutter (Madeleine Robinson) und ihrem jüngeren Bruder Paul (Laurent Grévill), eine Wohnung in Paris am Montparnasse bezieht. Nachdem sie zwei Jahre an der privaten Kunstschule Académie Colarossi studiert hat, erwarten sie und ihre Freundin Jessie Lipscomb (Katrine Boorman) 1883 den berühmten Bildhauer Auguste Rodin (Gérard Depardieu) in ihrem Atelier, um ihre Arbeiten begutachten zu lassen. Rodin redet allerdings eher über sich selbst, als den Skulpturen der jungen Damen Aufmerksamkeit zu schenken, doch schließlich stellt er Camille als Assistentin ein und beginnt mit ihr – wie mit vielen seiner weiblichen Modelle – eine Affäre. Doch Camille erträgt es nicht, den 24 Jahre älteren Rodin mit der Frau zu teilen, mit der er zusammenlebt, noch dass ihre Kunst stets im Schatten ihres großen Mentors und Liebhabers bleibt. Also sagt sie sich von ihm los und zieht in eine Kellerwohnung, wo selbst ihr geliebter Bruder Paul, der als Schriftsteller Karriere macht, kaum noch zu ihr durchdringt. Als sie zunehmend dem Alkohol und wahnhaften Vorstellungen verfällt, lässt ihre Mutter sie in eine Nervenheilanstalt einweisen …
Nachdem der französischen Schauspielerin Isabelle Adjani („Subway“, „Die Bartholomäusnacht“) in den 1980er Jahren eine Biografie der Bildhauerin Camille Claudel (1864-1943) in die Hände gefallen ist, war sie fortan davon angetrieben, das faszinierende Leben der Künstlerin, die dreißig Jahre ihres Lebens in einer psychiatrischen Anstalt verbringen musste, auf die Leinwand zu bringen. Mit ihrem damaligen Lebensgefährten Bruno Nuytten, der zuvor zweimal mit dem César für seine Kameraarbeit („Barocco – Mord um Macht“, „Am Rande der Nacht“) ausgezeichnet wurde, hat Adjani schließlich den idealen Partner für ihr ambitioniertes Projekt gefunden.
Mit seinem Regiedebüt, das auf der Camille-Claudel-Biografie von Reine-Marie Paris beruht, hat Nuytten ein eindringliches Künstlerportrait geschaffen, das auf der einen Seite die unterschiedlich intensiven Bindungen zu Claudels Mutter, Vater und Bruder aufzeigt, auf der anderen Seite sich aber natürlich auf die komplexe Beziehung zu ihrem Mentor, Arbeitgeber und Liebhaber Auguste Rodin konzentriert. Bereits bei der ersten Begegnung zwischen Camille Claudel und Rodin wird deutlich, wie ausgeprägt Rodins Ego ist, aber er sieht auch, dass die junge Künstlerin keine Anleitung braucht, dass man sie gewähren lassen muss. Von ihrem Mut, ihrer Entschlossenheit und künstlerischen Begabung begeistert, stellt er ihr selbst kostbaren, schwer zu bearbeitenden Marmor zur Verfügung und lässt sie an eigenen Werken wie die berühmten „Bürger von Calais“ mitarbeiten.
Der fast dreistündige Film hat seine stärksten Momente, wenn er einzufangen versucht, mit welcher (manchmal zerstörerischen) Leidenschaft Camille Claudel ihrer Kunst nachgeht, wie sie im tiefsten Winter mit bloßen Händen nach Lehm gräbt und ihn in einem großen Koffer in ihr Atelier schleppt, wie sie ihre Skulpturen mit Händen und Werkzeug modelliert, meißelt und schleift, aber auch die leidenschaftliche wie unglückliche Beziehung zu Rodin steht immer irgendwie im Mittelpunkt, treibt sie an, lässt sie verzweifeln. Die wunderschöne Kameraarbeit von Altmeister Pierre Lhomme („Armee im Schatten“, „Homo Faber“), die opulente Musik von Gabriel Yared („Unterwegs nach Cold Mountain“, „Der englische Patient“) und die grandiose Ausstattung machen „Camille Claudel“ zu einem eindringlich intensiven Künstlerdrama, das bis in die Nebenrollen hinein großartig besetzt ist und gespielt wird.
"Camille Claudel" in der IMDb

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