Spiel auf Zeit

Sowohl Brian De Palma als auch Nicolas Cage standen Mitte der 1990er Jahre am Zenit ihrer Karriere. De Palma hatte mit dem Gangster-Drama „Carlito’s Way“ und dem Startschuss zum „Mission: Impossible“-Franchise mit Tom Cruise in der Hauptrolle bewiesen, dass er ein stilistischer Meister seines Faches ist, während Nicolas Cage seit seiner Oscar-Auszeichnung für seine Darstellung in dem Drama „Leaving Las Vegas“ weitere Blockbuster-Erfolge mit den Action-Krachern „Con Air“, „The Rock“ und „Im Körper des Feindes“ feierte. Mit „Spiel auf Zeit“ präsentierten die beiden Ausnahme-Künstler 1998 einen Thriller, der nach fulminantem Beginn leider zum Ende hin merklich an Qualität und Spannung einbüßt. 

Inhalt: 

In dem riesigen Millennium-Gebäudekomplex samt Hotel und Casino findet in der dazugehörigen Arena ein prominent besetzter und besuchter Boxkampf zwischen dem haushohen Favoriten Lincoln Tyler (Stan Shaw) und seinem jungen Herausforderer statt. Während draußen ein Hurrikan wütet, sorgt sich der korrupte wie exzentrische Cop Rick Santoro (Nicolas Cage) nicht nur um die Sicherheit des angekündigten Besuchs von Verteidigungsminister Charles Kirkland (Joel Fabiani), sondern vor allem um die Platzierung seiner Wetten, wofür er dem Gauner Cyrus (Luis Guzmán) erst einmal den nötigen Wetteinsatz abknüpfen muss. Für die persönliche Sicherheit des Ministers ist allerdings Santoros bester Freund, der US-Navy-Offizier Kevin Dunne (Gary Sinise), zuständig. Der Kampf hat kaum begonnen, da überschlagen sich auch schon die Ereignisse. Dunne wird von einer sexy Rothaarigen (Jayne Heitmeyer) in abgelenkt und folgt ihr durch die Sitzreihen, nachdem er nach ihrer Eintrittskarte gefragt hat. Tyler geht nach einem Schlag seines Kontrahenten überraschend zu Boden, der Minister wird von einer Gewehrkugel getroffen, nachdem eine geheimnisvolle Frau in weißem Kostüm Dunnes Platz eingenommen und mit dem Minister gesprochen hatte. Dunne gelingt es, den Attentäter zu erschießen, macht sich allerdings schwere Vorwürfe, bei dem Schuss auf den Minister nicht an seinem Platz gewesen zu sein. In dem darauf folgenden Trubel versucht Santoro anhand der Videoaufzeichnungen, das Geschehen zu rekonstruieren. Als er dabei die geheimnisvolle Frau in Weiß entdeckt und erfährt, dass sie - Julia Costello (Carla Gugino) – den Minister auf die Mängel des Waffensystems aufmerksam machen wollte, das er zu kaufen beabsichtigte, wird er mit einer erschütternden Erkenntnis konfrontiert… 

Kritik: 

De Palmas inszenatorische Meisterschaft wird meist über die brillante Verwendung ausgefallener Kameraperspektiven und Schnitte definiert. So wie er in der Eröffnungsszene seiner Tom-Wolfe-Adaption von „Fegefeuer der Eitelkeiten“ minutenlang Bruce Willis in einer langen Plansequenz von der Tiefgarage zum Festsaal begleitet, ist die Kamera von Stephen H. Burum ganze 12:50 Minuten auf Nicolas Cage gerichtet, wie er als geschmacklos gekleideter Cop völlig aufgekratzt durch die Gänge der Arena rennt, den amtierenden Box-Champion Tyler hochleben lässt, Geld für seine Wette einzutreiben versucht und seinen Freund Kevin Dunne begrüßt. 
Dass die nahtlos wirkende Sequenz dennoch acht Schnitte aufweist, fällt gar nicht auf. Auf diese eindrucksvolle Eröffnung folgt ein ebenfalls geschickt inszeniertes Spiel mit den Perspektiven, wenn sich Santoro in der Videoschaltzentrale die Aufnahmen aller Kameras betrachtet, um die Ereignisse rund um das Attentat zu entschlüsseln. Leider lassen De Palma und sein Drehbuchautor David Koepp („Mission: Impossible“, „Spider-Man“) die Katze zu früh aus dem Sack, so dass die Spannungskurve nach der Enthüllung der Drahtzieher merklich abfällt und in einem vorhersehbaren und nicht allzu überzeugenden Finale mündet. Bis dahin darf man sich aber zumindest an der starken Performance von Nicolas Cage erfreuen, der zunächst wie ein Berserker die Szenerie bestimmt, bis seiner Figur allmählich der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Neben der ausufernd thematisierten Korruption kommt bei „Spiel auf Zeit“ auch ein wenig Mediensatire ins Spiel, wenn Pay-TV-Moderator Lou Logan (Kevin Dunn) seine weibliche Co-Moderatorin die Berichterstattung im stürmischen Unwetter vor der Arena machen lässt und er selbst sich durch exklusiven Zugang zu Santoro hofft, die Karriereleiter hinaufstolpern zu können – natürlich nachdem er Santoro ordentlich geschmiert hat. 
De Palma ist mit „Spiel auf Zeit“ sicher kein schlechter Film gelungen, aber nach Meisterwerken wie „Die Unbestechlichen“, „Die Verdammten des Krieges“ und „Carlitos’s Way“ durfte man doch etwas mehr erwarten als diesen schick inszenierten und großartig gespielten Thriller mit konventioneller Story. 

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