Lola

Mit „Die Ehe der Maria Braun“ (1979) hat Rainer Werner Fassbinder nicht nur den Auftakt seiner BRD-Trilogie inszeniert, sondern auch erstmals eine immense internationale Aufmerksamkeit erhalten. Der Film bedeutete allerdings auch das Ende der langjährigen, fast schon ikonischen Zusammenarbeit zwischen dem überaus produktiven Autorenfilmer und Hauptdarstellerin Hanna Schygulla. Bei „Lola“, dem 1981 nachfolgenden zweiten Teil der eingangs erwähnten Trilogie über die Seelenzustände in Deutschland während der Adenauer-Ära, hieß es Vorhang auf für: Barbara Sukowa!

Inhalt:

Deutschland erlebt während der Regierungszeit von Konrad Adenauer in den 1950er Jahren ein Wirtschaftswunder, von dem auch die bayerische Kleinstadt Coburg profitiert. Hier hat sich um den Bürgermeister Völker (Hark Bohm) mit dem Polizeipräsidenten (Karl-Heinz von Hassel), dem Bankdirektor (Ivan Desny) und dem Baulöwen Schuckert (Mario Adorf) eine Clique gebildet, die
Geschäftliches vorzugsweise im örtlichen Bordell, der „Villa Fink“, bei Unmengen an Schampus besprechen. Lola (Barbara Sukowa) ist der Star des Etablissements und fast schon persönliches Eigentum von Schuckert, der sich Lola als – zugegeben kostspielige – Geliebte hält. Auch sonst ist Lola ist bei den Herren beliebt und stadtbekannt. Außerdem ist Lola geschäftstüchtig und ehrgeizig, aber vor Gefühlen nicht gefeit. Als die Stadt mit dem aus dem Osten stammenden von Bohm (Armin Mueller-Stahl) einen neuen Baudezernenten bekommt, wird dieser natürlich von der Stadtelite umgarnt, doch muss vor allem Schuckert bald feststellen, dass von Bohm alles andere als korrupt ist. Einzig die Schwäche des Beamten für Lola, die sich ihm bei einer offiziellen Zeremonie kurz vorgestellt hat, bietet Schuckert einen Ansatz, von Bohm davon zu überzeugen, bei seinen illegalen Machenschaften mitzuspielen…

Kritik:

War „Die Ehe der Maria Braun“ noch von tristen Farben und ebensolcher Stimmung geprägt, spricht „Lola“ eine ganz andere Sprache. Dabei scheint sich die Geschichte zu wiederholen. Ebenso wie Maria ist auch Lola gezwungen, sich in einer von Männern dominierten Welt zu behaupten und bei dem anstrengenden Versuch, den sozialen Status aufzubessern, von den eigenen Gefühlen zu distanzieren. Lola laviert ebenso wie Maria geschickt zwischen den Männern, was ihr angesichts ihrer leicht anrüchigen Tätigkeit in der „Villa Fink“ leichter zu fallen scheint als der abgeklärten Maria. Doch im Gegensatz zu Hanna Schygullas Maria mag sich Barbara Sukowas Lola nicht gänzlich von ihren Gefühlen verabschieden, was Fassbinder vor allem in Xaver Schwarzenbergers exzellenter Kameraführung mit grellen Bonbon- und Neonfarben zum Ausdruck bringt. Dazu passt die Farbästhetik, in der von Bohms stahlblauen Augen im Zusammenspiel mit den blauen Farben in seiner Umgebung ebenso in den Vordergrund treten wie die leuchtenden Rottöne in Lolas Welt.
Fassbinder schien es eine Freude zu sein, den Rausch des Wirtschaftswunders mit viel Champagner, viel Getöse und freizügigem Gebaren im Kleinstadtbordell in bunten Farben abzubilden und die während der Adenauer-Ära Hochkonjunktur feiernde Korruption mit bitterbösem Humor als Karikatur zu entlarven. Das wird vor allem durch die großartigen Darsteller verkörpert, die einen bunten Querschnitt durch das Who is Who der deutschen Schauspielergarde abbildet. Mit dem 1982 erschienenen Film „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ schloss Fassbinder seine großartige BRD-Trilogie schließlich ab.

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