Mein Bruder, ein Lump
Mit seinem Langfilm-Regiedebüt „Die jungen Wilden“ (1961)
hat John Frankenheimer nicht nur seine über Jahre hinweg erfolgreiche Zusammenarbeit
mit Hollywood-Star Burt Lancaster begonnen, sondern sich selbst auch als
exzellenter Schauspielführer mit einem ausgeprägten Gespür für ausdrucksstarke
Schwarzweißbilder erwiesen. Sein nächster Film „Mein Bruder, ein Lump“
(1962) wartete zwar mit einem imponierenden Cast - Karl Malden, Angela
Lansbury, Warren Beatty und Eva Marie Saint – auf, konnte aber die hohen
Erwartungen nach Frankenheimers überragenden Debüt nicht erfüllen.
Inhalt:
Das Ehepaar Ralph (Karl Malden) und Annabell Willart
(Angela Lansbury) lebt in der Provinz ein bescheidenes Leben und
streitet sich ständig um den nichtsnutzigen Sohn Berry-Berry (Warren Beatty)
streitet, der seinen Lebensunterhalt damit bestreitet, sich herumzutreiben und
sich von Frauen jeden Alters aushalten zu lassen, bis sie ihm zu anhänglich
werden und seine sadistische Ader dazu führt, dass er häufig wegen
Körperverletzung im Gefängnis landet. Als es mal wieder so weit ist, macht sich
sein 16-jähriger Bruder Clinton (Brandon De Wilde) von Ohio auf den Weg
nach Florida, um für Berry-Berry, den er vergöttert, die 200 Dollar Kaution zu
bezahlen. Kaum ist der hedonistische Herumtreiber frei, schickt er seinen
Bruder zurück nach Ohio, verspricht dem Jungen aber, zu Weihnachten zur Familie
zurückzukehren. Zu Hause muss Clinton erleben, wie sein Bruder von Mutter
Annabell und Vater Ralph glorifiziert wird, steht der Sohn fern der Heimat doch
für den Traum von einem besseren Leben. Clinton ist vernarrt in Echo O’Brien (Eva
Marie Saint), die 31-jährige Tochter einer Freundin von Annabell, die bei
ihnen wohnt, wenn sie in der Stadt zu Besuch ist. Echo war nie verheiratet und
verarbeitet gerade den Selbstmord ihres langjährigen Freundes vor über einem
Jahr. Sie ist dem viel jüngeren Clinton gegenüber freundlich und nennt ihn
liebevoll „meinen Mann“.
Doch als sie Berry-Berry kennenlernt, fühlt sie sich sofort
zu ihm hingezogen und verlässt mit ihm am selben Abend ein Familiengrillfest im
Garten, um allein miteinander zu sein. Berry-Berry bittet Clinton jedoch um
Erlaubnis, mit Echo zusammen zu sein, da Clinton sie zuerst gesehen habe. Clinton,
der weiß, dass er viel zu jung für Echo ist, bittet Berry-Berry nur inständig,
sie nett zu behandeln.
Von da an verbringen Berry-Berry und Echo ständig Zeit
miteinander, was vor allem Annabell eifersüchtig werden lässt. Als Berry-Berry und
Echo nach einem geselligen Abend nach Hause kommen und Berry-Berry erfährt,
dass Echo schwanger ist, löst das nachfolgende Gespräch, das von Clinton
belauscht wird, eine Katastrophe aus…
Kritik:
Nach dem Roman „All Fall Down“ (1960) von James
Leo Herlihy, dem späteren Autor von „Midnight Cowboy“ (1965), hat John
Frankenheimer ein Familien- und Beziehungsdrama inszeniert, das vor allem
von dem gut aufgelegten Schauspiel-Ensemble getragen wird. Der Film sollte
einmal mehr den Zeitgeist der ausgehenden 1950er Jahre und den rebellischen
Geist der Jugend einfangen, der Marlon Brando und James Dean zu Stars
machte. Der junge Warren Beatty schlüpft hier in die Rolle des
selbstverliebten, rücksichtslosen und sadistischen Berry-Berry, der nur deshalb
von seinen desillusionierten Eltern vergöttert wird, weil er ein freieres Leben
fernab der öden Provinz zu führen versteht, auch wenn es ihn immer wieder in
Schwierigkeiten bringt. Frankenheimer und sein Drehbuchautor William
Inge nehmen sich viel Zeit, um die Art und Weise zu beschreiben, wie Berry-Berry
fast ohne selbst aktiv werden zu müssen, die Herzen aller Arten von Frauen zu
gewinnen und ihnen Geld und Schmuck abzunehmen, die sein eigenes nutzloses
Leben finanzieren. Dass auch die attraktive, aber etwas naive Echo auf ihn hereinfällt,
verleiht dem Drama seine Spannung, schließlich ist auch Berry-Berrys jüngerer
Bruder in die sympathische Frau verliebt. Besonders überzeugend sind aber weder
die psychologische Motivation noch der pathetische und unglaubwürdige Schluss,
dafür macht es Spaß, die großartigen Schauspieler bei ihrer Arbeit zu
verfolgen. Der Film fiel nicht nur bei den Kritikern durch, sondern bescherte
MGM auch an den Kinokassen einen Verlust von mehr als einer Million Dollar…
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