„Der meistdiskutierte Film des Jahres ist einer, den noch
niemand gesehen hat“, hieß es im Slogan der neuen Werbekampagne zum
Action-Slasher-Horror „The Hunt“, der eigentlich im September 2019 in
den Kinos anlaufen sollte, nach einigen Amokläufen, die in den Wochen zuvor
mehr als 30 Todesopfer gefordert hatten, aber verständlicherweise verschoben
wurde. Unfreiwillige, aber durchaus willkommene Unterstützung erhielt der unorthodoxe
Menschenjagd-Thriller auch noch ausgerechnet von Donald Trump, der dem Film
vorwarf, „rassistisch zu sein“ und „Unruhen zu entzünden“, denn dass hier eine
liberale Elite Jagd auch tumbe Rednecks und Verschwörungsanhänger macht, passt
natürlich nicht in das verquere Weltbild des US-Präsidenten.
Inhalt:
Zwölf einander fremde Menschen erwachen mit Knebeln im Mund an
verschiedenen Stellen auf einer Wiese und im Wald und erfahren im Gespräch miteinander,
dass sie offenbar aus verschiedenen US-Bundesstaaten stammen und unter Drogen
gesetzt wurden. In einer riesigen Holzkiste auf der Wiese stoßen sie nicht nur
auf ein munteres, kleines Ferkel, sondern auch auf ein imponierendes
Waffenarsenal, doch kaum hat sich die Gruppe ausgerüstet, wird auch schon aus
einer Deckung heraus das Feuer auf sie eröffnet. Minen und in den Boden
gerammte Spieße erledigen den Rest des Massakers, bei dem Schädel zerplatzen,
Unterleibe weggesprengt und ganze Menschen in Fetzen gerissen werden. Untere
den wenigen Überlebenden zählt die in einer Autovermietung in Mississippi
arbeitende Crystal (Betty Gilpin), die als Afghanistan-Veteranin kurzerhand
den Spieß umdreht, sich ein Funkgerät schnappt, das sie einem ihrer Häscher
abgenommen hat, und Jagd auf ihre Jäger macht. Wie sich beim Abhören des
Funkverkehrs schnell herausstellt, handelt es sich bei ihrem Gegner um eine Gruppe
von superreichen Demokraten, die ein Dutzend Trump-Wähler gekidnappt hat, um
sie im sogenannten „Manorgate“ zum reinen Vergnügen abzuknallen. Angeführt wird
die Elitetruppe von der superreichen Sadistin (Hilary Swank)…
Kritik:
Das Szenario erinnert an den Plot von Filmen wie „Die
Todeskandidaten“, „Running Man“ oder „Die Tribute von Panem“. Craig
Zobel, der zuvor Musikvideos für Iggy Pop und neben einigen Folgen für
Serien wie „The Leftovers“, „Westworld“ und „Mare of Easttown“
auch die Filme „Compliance“ und „Great World of Sound“ inszeniert
hatte, wartet gleich zu Beginn mit einem heftigen Bodycount und realistisch
wirkenden Splatterszenen auf, ehe der besondere Clou dieser Menschenjagd offenbart
wird: Es sind eben nicht die üblichen Verdächtigen – republikanische
Waffennarren und Rassisten -, die Jagd auf vermeintlich schwache, friedliebende
und liberale Menschen machen, mit denen man sich als Zuschauer schnell sympathisiert,
sondern es ist genau andersherum. Das erklärt zwar Donald Trumps gehässige
Bemerkung über das, was seiner Meinung nach zum Niedergang von Hollywood führt,
führt aber eben auch dazu, dass der Zuschauer bei „The Hunt“ wenig
Mitleid mit dem Schicksal der brutal hingeschlachteten Opfer empfindet. Als
Identifikationsfigur dient hier natürlich die taffe Badass-Kriegsveteranin
Crystal, die von Betty Gilpin („GLOW“, „The Tomorrow War“) herrlich
stoisch, entnervt und kompromisslos verkörpert wird. Wie sie den
selbstgerechten Liberalen, die auf eine gendersensible Sprache achten, in den
Arsch tritt, macht einfach nur Spaß, auch wenn die Drehbuchautoren Nick
Cuse („Maniac“) und Damon Lindelof („Lost“)
recht klischeehaft den Kulturkampf in den USA thematisieren. Für Splatter-
und Action-Fans ist „The Hunt“ auf jeden Fall eine Empfehlung wert, vor allem
der finale Fight zwischen Oscar-Gewinnerin Hilary Swank („Million
Dollar Baby“) und Betty Gilpin hat die Klasse einer „John Wick“-Performance.

Kommentare
Kommentar veröffentlichen