Engel der Gejagten

Nach seinen ersten beiden Western „Rache für Jesse James“ (1940) und „Western Union – Überfall der Ogalalla“ (1941) fokussierte sich Fritz Lang („Dr. Mabuse, der Spieler“, „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“) wieder auf sein von ihm bevorzugtes Genre, den Film noir, doch 1952 kehrte er mit seinem dritten Western (und zweiten Farbfilm) wieder zum Western zurück, um mit „Engel der Gejagten“ seinen bis dato ungewöhnlichsten Beitrag zu diesem Genre abzuliefern. 

Inhalt: 

Um seiner Verlobten, die in der Stadt ein Geschäft führt, die Wartezeit auf die geplante Hochzeit zu versüßen, schenkt der Cowboy Vern Haskell (Arthur Kennedy) ihr eine wertvolle Brosche. Kurz danach wird der Laden von zwei Männern überfallen, Verns Verlobte misshandelt und erschossen. Der auf Rache sinnende Cowboy schließt sich dem Suchtrupp des Sheriffs an und führt die Suche nach dem Mörder seiner Verlobten auf eigene Faust weiter, nachdem der Suchtrupp die Grenze des Districts erreicht hat. Durch den Hinweis eines Sheriffs erfährt Vern von einer einsam nahe der mexikanischen Grenze liegenden Ranch, die von der ehemaligen Bardame Cora (Marlene Dietrich) geführt wird und auf der sie gegen ein stattliches Entgelt gesuchte Verbrecher beherbergt. Offensichtlich befindet sich auch der von Vern gesuchte Mann dort. 
Als Vern mitbekommt, dass Coras ehemaliger Komplize Frenchy Fairmont (Mel Ferrer) im Gefängnis sitzt, lässt er sich unter einem Vorwand selbst verhaften und zu Frenchy in die Zelle sperren, um nach dem Ausbruch aus dem Gefängnis mit Frenchy zur Farm gelangen zu können. Wenig später trägt Cora bei ihrer Geburtstagsfeier genau die Brosche, die der von Vern gesuchte Mörder seiner Braut entwendet hatte, doch Cora gibt sich auf Verns Nachfrage, von wem sie die Brosche bekommen hat, zunächst verschlossen. Da sie etwas für Vern zu empfinden beginnt, bittet sie Frenchy, ihn aus gefährlichen Vorhaben herauszuhalten. Nachdem Vern zunächst den falschen Mann im Visier hatte, erfährt Vern schließlich, dass Cora die Brosche von Kinch (Lloyd Gough) bekommen hat… 

Kritik:

Fritz Lang hatte 1948 mit „Das Geheimnis hinter der Tür“ bereits zuvor einen Roman von Silvia Richards verfilmt und bewies schon mit seinem zweiten Western „Western Union“, dass er ein Faible für ungewöhnliche Geschichten in diesem Genre besitzt. Zwar präsentiert sich „Engel der Gejagten“ (alternativ: „Die Gejagten“) zunächst als klassischer Western mit Rache-Motiv, doch durch die verschlungene Fährte bis zur von Outlaws bevölkerten Ranch von Cora entwickelt die Geschichte eine interessante Eigendynamik. 
Während der Zuschauer Kinch bereits als Mörder von Verns Verlobten identifiziert hat, tappt Vern selbst lange Zeit im Dunkeln. Lang inszeniert den Whodunit-Plot in dem ungewöhnlichen Raum einer Ranch voller Outlaws und würzt Verns Suche nach dem Täter mit einer komplizierten Menage à trois, in der Frenchy die unterkühlte Cora für sich gewinnen will, während sie selbst ein Auge auf Vern geworfen hat, der für sie nicht zu den gewöhnlichen Verbrecher-Typen zählt. 
Durch den von Frenchy geplanten Überfall des bunt zusammengewürfelten Banditenhaufens präsentiert Lang zum Finale hin auch noch ein obligatorisches Shoot-Out, lässt Marlene Dietrich („Der blaue Engel“, „Zeugin der Anklage“) in vertraut unnahbarer Rolle agieren und das eine oder andere Lied singen, wobei sich die von William Lee gesungene Ballade „Chuck-a-luck“ wie ein Leitmotiv durch den Western zieht. 
Auch wenn Fritz Lang in seinen Western – und damit auch bei „Engel der Gejagten“ – kaum seine eigene Handschrift zum Ausdruck bringen konnte, sind sie doch durch ihre routinierte Inszenierung und die ungewöhnliche Thematik über dem Durchschnitt der Genre-Produktionen anzusiedeln. 

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