Jenseits allen Zweifels
Seine Hollywood-Karriere beendete Fritz Lang („Dr. Mabuse, der Spieler“, „M - Eine Stadt sucht einen Mörder“) 1956 in dem Genre, mit dem er 1936 nach seiner Emigration in die USA debütierte – mit einem Film noir, der die Schwächen des US-Justizsystems thematisierte. Allerdings wirkt „Jenseits allen Zweifels“ längst nicht mehr so spritzig wie „Blinde Wut“ und der nachfolgende Noir „Gehetzt“, sondern recht steril und gefühllos.
Der ambitionierte Staatsanwalt Roy Thompson (Philip Bourneuf) hofft, durch spektakuläre Verurteilungen zum Tode bessere Chancen für seine angestrebte politische Karriere zu bekommen. Der Zeitungsverleger Austin Spencer (Sidney Blackmer) setzt sich nicht nur gegen die Todesstrafe ein, sondern klagt auch ein System an, mit dem eine Jury einen Angeklagten aufgrund reiner Indizienbeweise zu verurteilen. Als außerhalb der Stadt das Revuegirl Patty Gray ermordet aufgefunden wird, kann er seinen zukünftigen Schwiegersohn Tom Garrett (Dana Andrews) dazu animieren, mit ihm zusammen fingierte Indizienbeweise zu arrangieren, mit denen der ermittelnde Lt. Kennedy (Edwards Binns) auf die Spur von Garrett gebracht werden soll. Spencer dokumentiert diese bewusste Irreführung mit Fotos, die er dem Gericht übergeben will, sobald Garrett von der Jury schuldig gesprochen worden ist, um so das fehleranfällige Justizsystem zu entlarven.
Garrett, der als Journalist für Spencer arbeitet und gerade seinen ersten Roman veröffentlicht hat, sieht hier eine potenzielle Story für seinen zweiten Roman und bittet seine Verlobte Susan (Joan Fontaine) um einen kleinen Aufschub für die geplante Hochzeit. Um die Cops auf seine Fährte zu bringen, sucht Garrett eine Freundin der Ermordeten, die Stripteasetänzerin Dolly Moore (Barbara Nichols), auf und freundet sich mit ihr an, wobei er sein Aussehen der vagen Beschreibung anpasst, die die Polizei vom Täter hat. Susan ist alles andere als begeistert, als die Bekanntschaft zwischen ihrem Verlobten und dem leichten Mädchen publik wird. Der Plan von Spencer und Garrett scheint jedoch aufzugehen.
Als Garrett mit Dolly in einem Seitenweg parkt und zudringlich wird, ist die Polizei zur Stelle und verhaftet den Journalisten. Wie erwartet wird Garrett auch von der Jury anhand der Indizienbeweise für den Mord an Patty Gray zum Tode verurteilt. Doch danach läuft es allerdings nicht mehr nach Plan…
Kritik:
Dadurch dass Langs frühe Film noirs Unschuldige ins Visier der Justiz geraten sind, die verzweifelt um Gerechtigkeit und ihr Leben kämpfen, verströmten sie ein hohes Maß an Spannung und Dynamik, wobei die Protagonisten durch ihr unglückliches Schicksal auch die Sympathie des Publikums auf ihrer Seite hatten. Von all dem ist in der Produktion des schwächelnden Studios RKO Radio Pictures nicht mehr viel übrig geblieben. Zwar steht auch bei „Jenseits allen Zweifels“ das Justizsystem der USA auf dem Prüfstand, doch auf sehr akademische Weise.
Hier steht kein unschuldig Angeklagter vor Gericht, sondern jemand, der dieses Szenario präzise geplant hat. Diese kühle Distanz zum Thema macht sich auch in der Beziehung zwischen den Figuren bemerkbar, vor allem zwischen den beiden Verlobten, die von den früheren Noir-Stars Dana Andrews („Laura“, „Mord in der Hochzeitsnacht“) und Joan Fontaine („Verdacht“, „Rebecca“) fast schon lustlos verkörpert werden.
Erst zum Finale des nicht mal 80-minütigen Dramas kommt so etwas wie Spannung mit gleich zwei unerwarteten, wenn auch konstruiert wirkenden Wendungen auf. Zwar kommt in dem routiniert inszenierten Noir keine Langeweile auf, doch die uninspirierte Regie machen „Jenseits allen Zweifels“ zu einem wenig bemerkenswerten Schlussakkord in Langs zwanzigjähriger Hollywood-Karriere. Nichtsdestotrotz wagte sich Peter Hyams 2009 mit „Gegen jeden Zweifel“ an ein Remake, das trotz Michael Douglas in der Hauptrolle ebenso wenig überzeugen konnte.
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