Menschenjagd
Seit einer Emigration in die USA hat Fritz Lang („Metropolis“, „Dr. Mabuse, der Spieler“) mit „Blinde Wut“ (1936), „Gehetzt“ (1937) und „Du und ich“ (1938) drei sehenswerte Film noirs und mit „Rache für Jesse James“ (1940) und „Western Union“ (1941) zwei Western abgeliefert, ehe er ebenfalls im Jahr 1941 noch den Thriller „Menschenjagd“ inszenierte. Neben Walter Pidgeon („Mrs. Miniver“) ist die junge Joan Bennett in der weiblichen Hauptrolle zu sehen, mit der Lang später noch Film noirs wie „Gefährliche Begegnung“, „Straße der Versuchung“ und „Das Geheimnis hinter der Tür“ realisierte.
Der in Bayern lebende britische Großwildjäger Alan Thorndike (Walter Pidgeon) macht sich einen Spaß daraus herauszufinden, ob es ihm gelingen würde, Adolf Hitler in dessen Berghof bei Berchtesgaden zu erschießen. Er legt sich im alpinen Gehölz auf die Lauer, justiert das Zielfernrohr seines Gewehrs und drückt ab. Wäre die Waffe geladen gewesen, hätte er den Führer mitten ins Herz getroffen. Nachdem der Brite seinem vermeintlichen Opfer höhnisch lächelnd mit der Hand winkt, kommt ihm die Idee, wie es wäre, Hitler tatsächlich zu erschießen. Doch nachdem er das Gewehr geladen hat, fällt ein Blatt auf die Zielvorrichtung, und bevor Thorndike das Gewehr erneut anlegen kann, wird er von einem deutschen Wachsoldaten überwältigt und abgeführt.
Im Verhör mit dem ebenfalls jagdbegeisterten Major Quive-Smith (George Sanders) betont Thorndike, dass er nie vorgehabt hätte, Hitler zu erschießen, sondern nur aus sportlichem Ehrgeiz auf ihn gezielt habe. Der Gefangene lehnt es ab, eine Erklärung zu unterschreiben, in der er zugibt, dass er im Auftrag der britischen Regierung Hitler töten sollte.
Als Thorndike gefoltert wird und auf seinen Bruder, den ranghohen britischen Diplomaten Lord Risborough (Frederick Worlock), verweist, plant der Major, Thorndike von einem Felsen zu stoßen und so seinen Tod wie einen Unfall aussehen zu lassen. Doch der Sturz in die Tiefe wird von einem Ast so abgebremst, dass Thorndike den Mordversuch überlebt und mit Hilfe des gewitzten englischen Kabinenjungen Vaner (Roddy McDowall) über ein dänisches Schiff nach England fliehen kann. Ein mysteriöser Mann namens Mr. Jones (John Carradine) hat sich bereits an die Fersen des Flüchtigen geheftet und deutsche Agenten vor Ort zusammengetrommelt. Allein der Hilfsbereitschaft der temperamentvollen Jerry Stokes (Joan Bennett), die ihm in höchster Not Unterschlupf gewährt, hat Thorndike sein Überleben zu verdanken. Mittlerweile ist allerdings auch Quive-Smith in England eingetroffen, um persönlich Jagd auf Thorndike zu machen…
Kritik:
Fritz Lang hat „Man Hunt“ nach dem Roman „Rogue Male“ von Geoffrey Household und dem Drehbuch von Dudley Nichols („Höllenfahrt nach Santa Fé“, „Leoparden küsst man nicht“) als temporeichen Thriller um den Vorabend des Kriegsausbruchs inszeniert, wobei er die thematisierte Menschenjagd auf den britischen Großwildjäger mit einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte würzt. Lang macht in seinem Film keinen Hehl daraus, dass er die Nazis verachtet. So lässt er Thorndike den Führer beim Verhör in Hitlers Berghof ordentlich verspotten und inszeniert die anschließende Menschenjagd als bestens durchorganisiert, flächendeckend und rücksichtslos.
Die besten Szenen gelingen Lang im nächtlichen, nebligen London. Die körnigen Bilder des dreifachen Oscar-Preisträgers Arthur C. Miller („Anna und der König von Siam“, „Das Lied von Bernadette“) und der atmosphärische Score von Alfred Newman („Alles über Eva“, „Im Zeichen des Zorro“) bringen die klaustrophobische Stimmung auf den Punkt.
Die Geschichte ist ansprechend vielschichtig, fasziniert mit häufig wechselnden Settings und gut aufgelegten Darstellern und drückt zum Finale hin etwas zu fest aufs Tempo, was etwas die zuvor sorgfältig aufgebaute Spannungsdramaturgie trübt. Hierzulande ist der Film – verständlicherweise - nicht im Kino angelaufen und zählt leider zu den weniger bekannten Werken des großartigen Regisseurs.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen