Getaway (1972)

Seit Sam Peckinpah 1969 mit „The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz“ (1969) den ultimativen, hochkarätig besetzten und kompromisslosen Spät-Western und zwei Jahre darauf den Rache-Thriller „Wer Gewalt sät“ mit Dustin Hoffman in der Hauptrolle inszeniert hatte, zählte er zu den Top-Regisseuren in Hollywood und bekam 1972 die Möglichkeit, für Warner Bros. das Action-Road-Movie-Liebes-Drama „Getaway“ mit den Top-Stars Steve McQueen („Thomas Crown ist nicht zu fassen“, „Bullitt“) und Ali MacGraw („Love Story“, „Convoy“) zu inszenieren. Der Film zählt bis heute zu den absoluten Klassikern des Genres und wurde sowohl 1994 von Roger Donaldson als auch 2013 von Courtney Solomon neu verfilmt, ohne auch nur im Ansatz an die Qualität des Originals heranzureichen.

Inhalt: 

Vier Jahre nach seiner Inhaftierung wird der Antrag von Carter ,Doc‘ McCoy (Steve McQueen) trotz bester Führung auf frühzeitige Entlassung von der Bewährungskommission abgelehnt. Da sich Doc jedoch nicht vorstellen kann, weitere sechs Jahre getrennt von seiner Frau Carol (Ali MacGraw) zu sein, schickt er sie zu dem einflussreichen und korrupten, in der Bewährungskommission sitzenden Lokalpolitiker Benyon (Ben Johnson) gehen, um ihm auszurichten, dass Doc zu kaufen sei, für welchen Preis auch immer. Als sich wenige Tage später für Doc die Türen zur Freiheit öffnen, wird er von Benyon für einen Banküberfall angeheuert, den er mit Benyons Handlangern Rudy Butler (Al Lettieri) und Frank Jackson (Bo Hopkins) durchführen soll. Doch trotz Docs gewohnt sorgfältiger Planung geht der Überfall nicht reibungslos über die Bühne. Jackson erschießt den Wachmann und wird bei der Flucht von seinem Kompagnon getötet. Butler will sich die halbe Million Dollar nämlich allein unter den Nagel reißen und auch Doc aus dem Weg räumen, wird jedoch selbst angeschossen und von Doc für tot gehalten. Als sich Doc und Carol mit der Beute auf den Weg zu Benyon machen, kidnappt Butler den Tierarzt Harold Clinton (Jack Dodson) und seine Frau Fran (Sally Struthers), da seine Wunde am Schlüsselbein regelmäßig versorgt werden muss. Als Doc und Carol Benyon seinen Anteil übergeben wollen, sind sie überrascht, dass in den Nachrichten von 750.000 Dollar die Rede war, wo sie doch nur eine halbe Million erbeutet haben.
Benyon erklärt Doc nicht nur, dass der Überfall auch der Verschleierung einer Veruntreuung durch Benyons Bruder diente, sondern dass zum mit Carol ausgehandelten Deal auch Carol selbst Benyon zu Diensten sein musste. Als Carol daraufhin Benyon erschießt, bleiben ihr und Doc nur noch die Flucht nach Mexiko. Doch mittlerweile haben sich nicht nur Butler und Benyons Leute an die Fersen des flüchtenden Ehepaars geheftet, es geistern Fahndungsfotos der Polizei durch die Medien …

Kritik:

Peckinpah hat „Getaway“ nach einem Drehbuch des späteren Action-Spezialisten Walter Hill („Der Mackintosh Mann“, „Driver“) inszeniert, der wiederum den bereits 1959 erschienenen gleichnamigen Noir-Krimi von Jim Thompson adaptiert hat. Peckinpah nimmt sich zunächst viel Zeit, um die Schwierigkeiten zu beschreiben, die Doc nach seiner Entlassung damit hat, wieder mit seiner geliebten Frau zusammen zu sein. Mit jeweils nacktem Oberkörper sitzen sie auf dem Bett, unfähig miteinander zu sprechen, geschweige denn miteinander zu schlafen. Überhaupt werden seit Docs Entlassung nicht viele Worte gewechselt, und die wenigen Sätze zeugen eher von verlorener Vertrautheit, vielleicht sogar des Vertrauens. Doc und Carol bekommen jedoch nicht die nötige Zeit, um sich wieder aneinander zu gewöhnen. Stattdessen wird Doc für einen Banküberfall angeheuert, bei dem er selbst über die Klinge springen soll.
Aus dieser Konstellation entwickelt sich ein actionreiches und bleihaltiges Road Movie, bei dem sich Doc und Carol nicht mehr mit ihren eigenen Problemen auseinandersetzen können, sondern nur noch ums Überleben kämpfen. Peckinpah macht dabei vor allem deutlich, welch gestörtes Verhältnis Amerika zu Waffen und Gewalt hat (ein leider nach wie vor viel zu brisantes Thema). Im Nu besorgt sich Doc beispielsweise eine Schrotflinte mit großem Kaliber in einem Laden, die er sich wie einen Rinderbraten einwickeln lässt, um dann das Polizeiauto vor dem Nachbarladen in seine Kleinteile zu zerlegen. Bei aller – manchmal effektvoll in Zeitlupe inszenierter – Gewalt sprüht „Getaway“ aber auch vor Humor, vor allem in den Sequenzen mit Butler, wie er die Frau des Tierarztes für sich gewinnt, die vor den Augen ihres Mannes mit dem Ganoven schläft und sich von diesem auch noch erniedrigen lässt. Symptomatisch ist hier die Szene, in der der Arzt den Wagen fährt und sich Butler und Fran gegenseitig mit Rippchen bewerfen, bis Butler wütend den Spaß, den er angezettelt hat, beendet und Fran in Tränen ausbricht. Das heilige Sakrament der Ehe wird in diesem Trio besonders tragisch ad absurdum geführt, doch auch Doc und Carol müssen am Ende – als sie ihre Flucht im Innern eines Müllwagens fortsetzen – feststellen, dass ihre Ehe am Ende ist. Im wirklichen Leben heirateten Steve McQueen und Ali MacGraw jedoch, ließen sich 1978 aber wieder scheiden.
"Getaway" in der IMDb

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