Die Maske

Mit seinen ersten Filmen „Bewegliche Ziele“ (1968), „Die letzte Vorstellung“ (1971), „Is‘ was, Doc?“ (1972) und „Paper Moon“ (1973) hat sich der amerikanische Filmemacher Peter Bogdanovich in einer Nische etabliert, die zwischen dem klassischen amerikanischen Autorenkino und des von Regisseuren wie Martin Scorsese, George Lucas, Steven Spielberg und Francis Ford Coppola getragenen New-Hollywood-Kinos angelegt gewesen ist. Nach einigen weniger erfolgreichen Arbeiten gelang ihm 1985 mit dem auf wahren Begebenheiten beruhenden Drama „Die Maske“ ein furioses Comeback. Nun veröffentlicht justbridge entertainment das berührende Drama als aufwendig gestaltetes Mediabook mit zwei Blu-rays, wobei die gut sieben Minuten längere, sehenswerte Extended Version im Originalton mit deutschen Untertiteln als besonderes Highlight heraussticht.

Inhalt:

Der 16-jährige Roy Lee „Rocky“ Dennis (Eric Stoltz) leidet seit seiner frühen Kindheit unter der extrem seltenen Krankheit Craniodiaphyseale Dysplasie, bei der unkontrollierte Kalziumeinlagerungen dafür sorgen, dass sich die Gesichtsknochen so stark deformieren und die Augen weiter auseinanderstehen lassen, dass die Krankheit auch „Lionitis“ genannt wird, weil das Gesicht die Ähnlichkeit eines Löwenkopfes annimmt. Eigentlich ist diesen Kindern ein früher Tod beschieden, da der schwere Schädel auf das Rückenmark drückt, zu Blindheit, Taubheit und stärker werdenden Kopfschmerzen führt. Da eine Operation erst möglich wäre, wenn der Schädel ausgewachsen ist, kommt diese Art der Behandlung für die Betroffenen meist nicht mehr in Frage. Sowohl Rocky als auch seine Mutter Rusty (Cher) gehen mit dieser auch psychisch belastenden Situation sehr souverän um. Dabei hilft auch, dass sie zu einer Motorradgang gehören, deren Mitglieder sich rührend um den Jungen kümmern, ihn zur Schule bringen und Baseballsammelkarten besorgen. Mit seinem besten Freund Ben (Lawrence Monoson) träumt er davon, mit dem Bike durch Europa zu reisen. Rusty setzt sich in jeder Hinsicht für ihren Sohn ein, sorgt dafür, dass er in der ganz normalen Highschool unterkommt, und geigt den Ärzten ihre Meinung, wenn sie wiederholt von Rockys kurz bemessener Lebenserwartung zu sprechen anfangen. Allerdings hat Rusty auch ein ernstes Drogenproblem. Nachdem Rockys Vater bereits früh das Weite gesucht hat, kehrt Rustys früherer Freund Gar (Sam Elliott) zurück auf die Bildfläche und versucht zusammen mit Rocky, dass Rusty von den Drogen die Finger lässt und endlich Verantwortung für ihr eigenes Leben übernimmt. Als Rocky jedoch mitansehen muss, wie seine Mutter immer wieder rückfällig wird, nimmt er kurzerhand das Angebot von seinem Schulleiter Mr. Simms (Ben Piazza) an und fährt als Betreuer in ein Feriencamp für Blinde, wo er sich in die hübsche Pferdenärrin Diana (Laura Dern) verliebt …

Kritik:

Die Idee für „Die Maske“ entstand, als die Genetik-Beraterin Anna Hamilton Phelan Ende der 1970er Jahre Roy Lee „Rocky“ Dennis kennenlernte und sich seine Geschichte anhörte, die sie Anfang der 1980er Jahre, nachdem Rocky am 4. Oktober 1978 im Alter von 16 Jahren verstorben war, zu einem Drehbuch verarbeitete. Sie stand schon vorher gelegentlich auf der Theaterbühne und schrieb Ein-Akter, wollte sich nun aber ganz auf ihre künstlerischen Ambitionen konzentrieren. Bei ihrem Drehbuch ließ sie sich von einem Foto von Rocky, einem seiner Gedichte (das auch im Film vorgetragen wird) und einem Foto von Cher inspirieren, die Hamilton Phelan in der Rolle von Rockys Mutter bereits im Hinterkopf hatte. Zwar nahm sie sich einige Freiheiten heraus, was die Geschichte von Rocky und Rusty betrifft, um den dramatischen Effekt zu erhöhen, doch der Kern der bewegenden Story blieb erhalten.
Natürlich trägt das Oscar-prämierte Make-up seinen Teil zum Erfolg des Films bei, macht es doch deutlich, wie Rocky mit seinem deformierten Schädel zu einem begehrten Objekt für Hänseleien und so zu einem Außenseiter wurde, der offenbar auch bei den Mädchen kein Interesse wecken konnte, doch es ist vor allem der temperamentvollen Performance von Cher („Mondsüchtig“, „Die Hexen von Eastwick“) und der vielschichtigen Figur von Rocky zu verdanken, dass „Die Maske“ ins Herz des Betrachters trifft. Der Film macht deutlich, dass Rockys liebevolles Umfeld einen großen Teil dazu beigetragen hat, ihm ein so normales Leben wie unter den gegebenen Umständen möglich zu bereiten, und die herzliche Art, wie die Biker miteinander umgehen, macht viel von dem Charme des Films aus. Cher spielt absolut glaubwürdig die psychisch labile, drogenabhängige und alleinerziehende Mutter, die nichtsdestotrotz sich immer für ihren Sohn einsetzt.
Auf der anderen Seite wird die Figur des Rocky etwas überhöht, zu einem schulischen Überflieger, der sich ebenso klug wie witzig und charmant zeigt, aber eben auch sehr verletzlich, wenn er zusehen muss, wie seine Mutter an den Drogen kaputtgeht und er seine Kopfschmerzen selbst heilen muss, nachdem zuvor Rusty sie immer weggesprochen hatte.
Auch wenn „Die Maske“ letztlich etliche Klischees bedient und manchmal arg kitschige Anflüge aufweist, sorgen die rührige Geschichte, die ausgewogene Balance zwischen Humor und Drama, die tollen Darstellerleistungen und nicht zuletzt der passende Soundtrack mit Songs von den Beatles, Bruce Springsteen, Little Richard, Steely Dan, Bob Seger, Steppenwolf u.a. dafür, dass „Die Maske“ so tiefgründig berührend unterhält.
"Die Maske" in der IMDb

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