Gewagtes Alibi

Der im Jahr 1900 in Dresden geborene Filmemacher Robert Siodmak hat sich zunächst in Deutschland als führender Vertreter des deutschen Expressionismus etabliert, ehe er Hitlers Macht als Anlass nahm, um mit Billy Wilder über eine Zwischenstation in Frankreich schließlich in Hollywood Fuß zu fassen. Hier entwickelte er sich bei Universal zu einem Meister der Verbindung expressionistischer Lichtgestaltung mit Motiven neorealistischer Tendenzen im amerikanischen Film, worauf er Meisterwerke wie „Unter Verdacht“ (1944), „Die Wendeltreppe“ und „Die Killer“ (beide 1946) inszenierte. Mit „Die Killer“-Star Burt Lancaster realisierte er 1949 schließlich den Film-Noir-Klassiker „Gewagtes Alibi“, den Explosive/Koch Media nun als DVD und Blu-ray neu herausgebracht hat.

Inhalt: 

Nachdem die Ehe zwischen Steve Thompson (Burt Lancaster) und Anna (Yvonne De Carlo) nicht funktioniert hatte, verließ Steve Los Angeles, um sich mit Gelegenheitsjobs über all in den Staaten über Wasser zu halten. Da er Anna jedoch nicht vergessen konnte, kehrt er nach einigen Jahren wieder zurück – vorgeblich, um sich um seine Familie zu kümmern, doch sein erster Besuch gilt der Rumba-Bar, in der er Anna einst kennengelernt hatte und wo sie unzählige ausgelassene Stunden verbrachten. Sein alter Freund, Polizeileutnant Pete Ramirez (Stephen McNally), gabelt ihn in der tagsüber fast menschenleeren Bar auf und ahnt, warum Steve wirklich zurückgekommen ist, und warnt ihn vor einer Konfrontation mit dem Gangster Slim Dundee (Dan Duryea), mit dem Anna mittlerweile liiert ist. Doch nicht nur Steve empfindet nach wie vor viel für Anna, auch seine Ex-Frau hängt noch sehr an Steve, mit dem sie am liebsten durchbrennen würde. Da es ihnen aber an dem nötigen Startkapital fehlt, lässt er sich auf einen Deal mit Slim ein. Als Fahrer bei dem Geldtransportunternehmen, bei dem auch Steves väterliche Kollege Pop (Griff Barnett) arbeitet, hat er nämlich die Möglichkeit, an das transportierte Bargeld zu kommen, wenn einer seiner beiden Kollegen aus dem Spiel genommen werden würde. Slim lässt sich auf den lukrativen Vorschlag ein, auch wenn er und seine Männer sich den Erlös mit Steve zur Hälfte teilen müssen. Doch Steve hat die Rechnung ohne Slim und Anna gemacht …

Kritik: 

Nach dem Roman „Criss-Cross“ von Don Tracy hat Robert Siodmak ein düsteres Kriminal-Drama inszeniert, das vor allem durch die Konstellation geprägt wird, dass Anna als Film-Noir-typische Femme fatale zwischen zwei ganz unterschiedlichen Männern steht und lange nicht klar wird, für wen sie sich letztlich entscheidet. Auf der einen Seite hat sie mit dem attraktiven und gutherzigen, aber leider auch mittellosen Steve bereits eine gescheiterte Ehe hinter sich, aber die Leidenschaft scheint nach Jahren der Trennung nach wie die Funken zwischen ihnen sprühen zu lassen. Das wird vor allem in der wunderbar gefilmten Szene untermalt, als Steve Anna nach seiner Rückkehr das erste Mal wieder im Club zu sehen bekommt, wo sie zu wilden Rumba-Rhythmen von Esy Morales und seiner Band tanzt. Auf der anderen Seite schätzt sie das Leben im Luxus mit Slim, der sie allerdings auch misshandelt.
Aus diesem emotionalen Dilemma entwickelt Siodmak ein packendes Drama, bei dem ein versöhnliches Ende natürlich außer Frage steht. Wie sich Steve allerdings in sein Schicksal begibt, ist psychologisch feinsinnig inszeniert, wobei Siodmak immer wieder geschickt mit Rückblenden arbeitet, um aufzuzeigen, wie es zu den folgenschweren Entwicklungen gekommen ist. Vor allem der Überfall auf den Geldtransporter mit den Rauchbomben und dem anschließenden Schusswechsel ist exzellent und actionreich eingefangen worden.
Siodmak konnte in „Gewagtes Alibi“ auf die glänzenden Darbietungen sowohl von Burt Lancaster („Verdammt in alle Ewigkeit“, „Zwei rechnen ab“) als leichtgläubiger, aber temperamentvoller Mann, der aus Liebe alles zu tun bereit ist, als auch von Yvonne De Carlo („Die zehn Gebote“, „Die Piratenbraut“) als verführerische Femme fatale bauen. Mit leichten Abstrichen macht auch Dan Duryea („Straße der Versuchung“, „Vergessene Stunde“) als schmieriger Gangster eine gute Figur. Herausragend sind darüber hinaus auch die stimmungsvolle Bildgestaltung in Schwarz-Weiß von Franz Planer („Ein Herz und eine Krone“, „Frühstück bei Tiffany“) und der eindringliche Score von Miklós Rózsa („Ben-Hur“, „Ich kämpfe um dich“).
"Gewagtes Alibi" in der IMDb

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