Der Gauner

Eigentlich hatte Steve McQueen sich durch seine wortkargen Einzelgängerrollen in Filmen wie John Sturges‘ „Die glorreichen Sieben“ (1960) und „Gesprengte Ketten“ (1963), Norman Jewisons Poker-Drama „Cincinnati Kid“ (1965) und Krimi-Drama „Thomas Crown ist nicht zu fassen“ (1968) sowie in Peter Yates‘ Cop-Thriller „Bullitt“ (1968) als „King of Cool“ etabliert und eher schlechte Erfahrungen mit Komödien wie „Die Heiratsmaschine“ (1961) und „Soldier in the Rain“ (1963) gemacht. Dennoch kehrte er 1969 unter der Regie des damals gerade 34-jährigen Mark Rydell („Die Cowboys“, „Menschen am Fluss“) für die Adaption des ungewöhnlich humorvollen Romans „Die Spitzbuben“ von William Faulkner in dieses Genre zurück und überzeugt einmal mehr als lausbübischer Kerl, dem man einfach nicht böse sein kann.

Inhalt: 

Jefferson, Mississippi, im Jahr 1905. In der Kleinstadt sorgt die Ankunft des Zuges für helle Aufregung, denn auf einem seiner Waggons wird ein brandneuer gelber Winton Flyer transportiert, den sich der wohlhabende, nur Boss (Will Greer) genannte Patriarch derMcCaslin-Familie gekauft hat. Seinem Angestellten Boon Hogganbeck (Steve McQueen) obliegt die Pflege und das Fahren des Wagens. Als die Familie von Boons elfjährigem Freund Lucius Priest (Mitch Vogel) für vier Tage zu einer Beerdigung nach St. Louis fährt, überredet Boon den Jungen, mit ihm eine Spritztour nach Memphis zu machen. Unterwegs stellen sie fest, dass sich Lucius‘ schwarzer ‚Onkel‘ Ned (Tupert Crosse) unter einer Plane im hinteren Teil des Wagens versteckt hat. In Memphis angekommen, geht Ned seiner eigenen Wege, während Boon den Jungen mit in das von Miss Reba (Ruth White) geführte Bordell mitnimmt. Doch aus Boons Schäferstündchen mit Corrie (Sharon Farrell) wird nichts: Die junge Frau ist es leid, als Prostituierte zu arbeiten, und sehnt sich nach einem Mann zum Heiraten. Als Ned wieder auftaucht, müssen Boon und Lucius erfahren, dass er den Wagen gegen das schwarze Rennpferd Lightning eingetauscht hat. Allerdings wird der Winton Flyer als Preis bei einem Pferderennen ausgelobt, das Lucius auf dem Rücken von Lightning unbedingt gewinnen will …

Kritik:

William Faulkner erhielt für seinen letzten Roman „The Reivers“ 1962 seinen zweiten Pulitzer-Preis und verstarb kurz darauf an den Folgen eines Reitunfalls. Was Steve McQueen, der mit seiner Firma Solar Productions den Film co-produzierte, so an der Geschichte reizte, war die Reise in seine eigene Kindheit, der in den 1930er Jahren auf der entlegenen Farm seines Onkels aufgewachsen war. Natürlich interessierte den Autonarr auch der Umgang mit dem Winton Flyer, von dem ein mit McQueen befreundeter Fahrzeugdesigner eine funktionstüchtige Replik anfertigte. Tatsächlich spielt der Wagen in diesem launigen Road Movie eine tragende Rolle und stellt den Auslöser für eine der herrlichsten Szene in dem Film dar, als Ned und Boon nämlich den Wagen aus einem Schlammloch befreien wollen, während der Junge am Steuer sitzt und Gas gibt – mit dem Ergebnis, dass die beiden Männer über den ganzen Körper mit Dreck bespritzt sind. Es sind aber auch diese Szenen, in denen McQueen sein Superstar-Image gefährdet sah und sich hinter den Kulissen immer wieder mit Regisseur Rydell anlegte.
Tatsächlich bewies McQueen in dieser meist sehr kurzweiligen Faulkner-Verfilmung, dass er durchaus komödiantisches Talent besitzt. Neben ihm glänzt vor allem Mitch Vogel als aufgeweckter Elfjähriger, der auf der viertägigen Reise nach Memphis zum jungen Mann reift und dabei nicht nur allerlei Laster kennenlernt, sondern auch erfährt, was Gutes in ihm steckt. Aber auch der für seine Darstellung mit einer Oscar-Nominierung bedachte Tupert Crosse sorgt als unbekümmerter Spaßvogel für Laune.
„Der Gauner“ mag thematisch ein etwas untypischer Film sowohl für McQueen als auch Faulkner gewesen sein, doch die handwerklich souverän inszenierte und toll gespielte Komödie verströmt den richtigen Hauch schwüler Südstaaten-Atmosphäre und wird wunderschön durch den jungen John Williams vertont, der dafür seine zweite Oscar-Nominierung erhielt.
"Der Gauner" in der IMDb

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