Der Bär

Nachdem sich Jean-Jacques Annaud mit seinen Filmen „Am Anfang war das Feuer“ (1981) und „Der Name der Rose“ (1986) in die Herzen der Kinogänger ebenso wie der Kritiker katapultiert hatte, legte er mit dem dokumentarisch anmutenden Tier-Abenteuer „Der Bär“ (1988) ein weiteres Meisterwerk vor, dem man kaum ansieht, dass die Dreharbeiten über 100 Tage und das Dressieren der Bären mehr als vier Jahre in Anspruch nahmen. Doch der Aufwand hat sich gelohnt. 

Inhalt: 

1885 im kanadischen British Columbia. Ein Braunbärenjunges ist gemeinsam mit seiner Mutter auf Nahrungssuche und muss mit ansehen, wie die Mutter beim Ausräumen eines Bienenstocks von herabstürzenden Felsen getötet wird. Das Bärenjunge wandert nach einer Nacht neben der Leiche der Mutter ziellos umher, seiner Mutter nachtrauernd, und trifft auf einen ausgewachsenen Grizzly-Bären, der von dem Tom (Tchéky Karyo) an der linken Schulter angeschossen wurde, was ihm heftige Kritik seines erfahrenen Begleiters Bill (Jack Wallace) beschert. Die Jäger sind schon darauf eingestellt, dass das verletzte Tier längst das Weite gesucht hat, als sie hören, wie er offenbar ihre Pferde angreift, worauf sie wieder Jagd auf den Bären machen. 
Als dieser dem verwaisten Jungtier begegnet, ist er diesem zunächst feindlich gesinnt. Der Bann ist jedoch gebrochen, als der kleine Bär die Schusswunde des großen leckt. Von nun an sind sie fast unzertrennlich. Der große Bär führt den kleinen in die gemeinsame Lebenswelt ein, lehrt ihn das Fangen von Lachsen und nimmt ihn mit auf die Hirschjagd. Als sie eine Bärin treffen, paart sich der große Bär mit ihr, während der kleine von einem Felsen aus verständnislos zuschaut. Während sich der Grizzly von seinen Wunden erholt hat, bekommen die beiden Jäger Verstärkung von einem weiteren Jäger mit Hunden… 

Kritik: 

Wenn man die Eröffnungssequenz so sieht, wie die Bärenmutter mit ihrem Jungen auf der Suche nach Honig einen Bienenstock auszubeuten versucht und dabei eine tödliche Felsenlawine in Gang setzt, mag man kaum glauben, dass es sich nicht um einen Dokumentarfilm, sondern um eine inszenierte Szene nach Drehbuch (das Gérard Bach nach James Oliver Curwoods Roman „The Grizzly King“ geschrieben hat) handelt. Es ist dem jahrelangen Training mit den Bären Bart, der später u.a. auch in „Legenden der Leidenschaft“ und „Auf Messers Schneide“ zu sehen war, und Youk zu verdanken, dass „Der Bär“ fast wie eine klassische BBC-Naturdoku wirkt. 
Vor allem die Rolle der beiden Jäger sorgt allerdings dafür, die Handlung dramatisch voranzutreiben, Bären und Menschen in einen tödlichen Kampf aus Rache und Jagdlust zu verwickeln. Im Zentrum steht aber eindeutig die Beziehung zwischen dem verwaisten Jungbären und dem verletzten Grizzly, die sich in freier Wildbahn keinen Lebensraum teilen. Da menschelt es schon etwas, wenn aus der anfänglichen Feindseligkeit kompromisslose Fürsorge wird und die Träume und die nach dem Genuss von Fliegenpilzen auftretenden Halluzinationen des kleinen Bären in surreal anmutenden Traumsequenzen illustriert werden. Einzig der etwas arg didaktisch wirkende Schluss passt nicht so recht in den einfühlsamen Film, der mit eindrucksvollen Panaromaaufnahmen der Dolomiten aufwartet und passend von Philippe Sarde vertont worden ist. 

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