Ho!
Mitte der 1960er Jahre vollzog Nouvelle-Vague-Star Jean-Paul Belmondo („Außer Atem“, „Eva und der Priester“, „Ein Affe im Winter“) die Wandlung zum französischen Abenteuer- und Komödien-Star, doch kehrte er immer wieder mal zum anspruchsvollen Kino zurück („Elf Uhr nachts“, „Das Geheimnis der falschen Braut“). Belmondo spielte allerdings auch in Filmen, die sich weder dem einen noch dem anderen Genre eindeutig zuordnen lassen – dazu zählt auch der 1968 von Robert Enrico („Abschied in der Nacht“) nach José Giovannis gleichnamigen Roman inszeniertes Drama „Ho!“.
Vor fünf Jahren wurde die Rennfahrer-Karriere von François „Ho“ Holin (Jean-Paul Belmondo) jäh beendet, als er durch ein riskantes Überholmanöver den Wagen seines Freundes von ihm von der Strecke drängte, der daraufhin in Flammen aufging und den Mann tötete. Da Ho anschließend die Lizenz zum Rennfahren entzogen wurde, schlägt er sich als Fluchtwagenfahrer für drei Bankräuber durch. Als sich bei einem der Überfälle versehentlich ein Schuss aus Canters (Sydney Chaplin) löst und den Anführer selbst tötet, drängt Ho darauf, dass die beiden übrigen Bandenmitglieder, die Gebrüder Schwartz, ihn beim nächsten Überfall, den noch Canter geplant hat, voll zu integrieren.
Seiner Freundin Bénédicte (Joanna Shimkus), einem Fotomodell, erzählt Ho allerdings, er fahre Versuchsrennen in der Formel 2 und müsse dafür nach Panama fliegen. Als er jedoch für den geplanten Coup einen Peugeot stiehlt, wird er erwischt und von Kommissar Paul in Untersuchungshaft genommen. Dort freundet er sich mit einem seiner Mitgefangenen an, der wegen seiner Vorliebe für Pralinen nur „Praliné“ (André Weber) genannt wird. Ebenso wie Praliné lässt sich Ho einen Bart wachsen und ist so nur noch schwer von Praliné zu unterscheiden, der nur 45 Tage absitzen muss. Ho überredet ihn, mit ihm die Kleider zu tauschen, sodass es ihm gelingt, an Pralinés Stelle aus dem Gefängnis entlassen zu werden.
Als er am Flughafen von Bénédicte abgeholt wird, erzählt er ihm von dem Unglück, bei dem sein Freund bei einem von ihm verursachten Unfall ums Leben gekommen sei. Doch Bénédicte will davon nichts wissen, ist doch unterdessen ein Artikel über ihn in der Zeitung erschienen, in dem er mit Al Capone verglichen und als ganz übler Krimineller beschrieben wird. Bénédicte nimmt es Ho vor allem krumm, dass er ihr von dem Unfall erst jetzt erzählt und als neues Ereignis darstellt, worauf sie sich von Ho trennt.
Ein Bekannter fertigt für Holin falsche Papiere mit einem neuen Namen an, während Ho den Journalisten Georges Briand (Paul Crauchet) aufsucht, der für den reißerischen Artikel über ihn in der Zeitung verantwortlich ist, und erzählt ihm im Wald seine Version, wie sich vor fünf Jahren der tragische Unfall auf der Rennstrecke zugetragen hat und wie er auf die schiefe Bahn geraten ist. Tatsächlich veröffentlicht Briand einen neuen Artikel in seiner Zeitung, der auf Hos Darstellung basiert.
Holin will nicht mehr mit den Brüdern Schwartz zusammenarbeiten, sondern wählt für den von Canter ausgeheckten Coup drei junge Neulinge, die sich bisher mit kleinen Delikten durchgeschlagen haben. Mit ihnen erbeutet er einen Geldkoffer, der fünfzigtausend Francs enthält, und teilt mit ihnen brüderlich.
Einer von ihnen erhält von Holin den Auftrag, auch Praliné einen kleinen Anteil zu übergeben. Bénédicte hat Holin inzwischen verziehen und versöhnt sich mit ihm. Nach einer Begegnung mit zwei Polizisten, die ihm einen Beinschuss einbrachte, verkündet er Bénédicte gegenüber, er wolle seine Verbrecherkarriere beenden, doch habe er nicht das Format dazu. Dann tauchen auf einmal die Gebrüder Schwartz wieder auf…
Kritik:
Ein wenig holpert es in der Inszenierung von Robert Enricos „Ho! Die Nummer 1 bin ich“. Was actionreich mit einem tödlich endenden Autorennen beginnt, entwickelt sich nach einem abrupten Sprung fünf Jahre weiter zu einer quirligen Gangsterballade, bei der Belmondo als gebrochener Mann überzeugt, der nach dem Aus als Rennfahrer nicht mehr auf die rechte Bahn zu kommen scheint. Schließlich verdient er als Fluchtwagenfahrer schnelles Geld, doch erst mit dem wenig schmeichelhaften Zeitungsartikel beginnt Ho, die Popularität in den Medien zu genießen, weshalb er auch sein Schlafzimmer mit den Zeitungsausschnitten der Berichterstattung zu den Banküberfällen tapeziert. So wirr der Plot auch inszeniert ist, gefällt „Ho!“ doch als Charakterstudie eines Mannes, der vergeblich versucht, wieder auf den rechten Weg zurückzukommen.
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