Der Dieb von Paris
Louis Malle (1932-1995) zählt zu den ganz großen französischen Filmemachern und lieferte während seiner gut vierzigjährigen Karriere so unterschiedliche Klassiker wie „Fahrstuhl zum Schafott“ (1957), „Herzflimmern“ (1971), „Auf Wiedersehen, Kinder“ (1987) und „Eine Komödie im Mai“ (1990) ab. 1967 inszenierte er mit dem noch relativ jungen Jean-Paul Belmondo und der noch jüngeren Geneviève Bujold die Gesellschaftskomödie „Der Dieb von Paris“.
Inhalt:
Als Junge ist Georges Randal (Jean-Paul Belmondo) Ende des 19. Jahrhunderts noch aus dem Leib seiner gerade verstorbenen Mutter herausgeschnitten worden, wenig später kam auch sein Vater zu Tode, so dass er als Vollwaise bei seinem Onkel (Christian Lude) und der etwas jüngeren Cousine Charlotte (Geneviève Bujold) aufwuchs. Nach verschiedenen Internatsaufenthalten und dem Ableisten des Militärdienstes kehrt Georges nach Hause in der Hoffnung zurück, Charlotte heiraten zu können, doch der Onkel hat nicht nur sein eigenes Vermögen in den Sand gesetzt, sondern auch Georges‘ Erbe verspekuliert, so dass er sich gezwungen sah, Charlotte einem wohlhabenden Mann zu versprechen.
Georges ist daraufhin so verletzt, dass er die Familie von Charlottes Verlobtem um den Familienschmuck und somit um ihr ganzes Vermögen erleichtert, so dass die Verlobung aufgelöst wird. Nach diesem Erfolgserlebnis gibt es für Georges keinen anderen Sinn im Leben mehr, als weiterhin zu stehlen, wobei er in dem gewieften Gaunerboss Abbé Félix La Margelle (Julien Guiomar) einen wohlwollenden Mentor findet. Als vertrauenswürdiger Geistlicher koordiniert er eine ganze Horde von Kriminellen mit speziellen Talenten verfügt und über ein stabiles, weitverzweigtes Netzwerk in Sachen Hehlerei.
Georges erweist sich als gelehriger Schüler, erwirbt nicht nur den entsprechenden Reichtum, sondern auch den Respekt nicht nur in seinen eigenen Kreisen, sondern auch in der gutbürgerlichen Gesellschaft, in der mit Geneviève (Marie Dubois) eine ebenso attraktive wie zugeneigte temporäre Gefährtin und Geliebte findet. Als er zusammen mit dem in politische Umtriebe verstrickten Jean-François Cannonier (Charles Denner) einen zufälligen Raub begeht, muss Georges zunächst den Tod seines Kumpans verkraften, dann die Tatsache, dass seine ehemaligen Weggefährten zunehmend aus der Branche aussteigen. Als Georges vereinsamt nach London zieht, wartet dort auf ihn jedoch eine Überraschung…
Kritik:
Wie gewöhnlich hat Louis Malle bei „Der Dieb von Paris“ nicht nur Regie geführt, sondern auch am Drehbuch mitgewirkt, das auf dem bereits 1897 erschienenen Roman „Le Voleur“ von Georges Darien basiert. Auch wenn der Beginn des Films, als Georges Randal eine herrschaftliche Villa ausraubt, wie ein Gaunerstück anmutet, belehrt uns Malle doch schnell eines Besseren.
Der Auftakt dient vor allem dazu, Randal als Ich-Erzähler zu etablieren, der die folgende Geschichte als Rückblick inszeniert und so die Möglichkeit wahrnehmen kann, das Geschehen immer mal wieder aus dem Off zu kommentieren. Interessant erscheint dabei vor allem die Tatsache, dass Randal nicht aus materieller Notwendigkeit stiehlt, sondern aus einem rein inneren Zwang heraus.
Indem er die Reichen bestiehlt, unter denen er sich selbst so sicher bewegt, entlarvt er die Mitglieder der sogenannten besseren Gesellschaft als verlogen, korrupt und kriminell, wobei er mit Charme, Selbstbewusstsein und Witz agiert.
Natürlich ist Jean-Paul Belmondo wie geschaffen für diese Figur, die munter mit den Vorurteilen über die Belle Époque spielt. An seiner Seite verzückt die junge Geneviève Bujold („Coma“, „Die Unzertrennlichen“) als Randals Objekt der Begierde, während er selbst trotz der zur Schau gestellten Fröhlichkeit verloren und melancholisch wirkt, was durch den offenen Schluss noch verstärkt wird.
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