Monsieur Klein

„Filme können unsere Existenz veranschaulichen. Sie können Menschen beunruhigen, verstören und dazu anregen, über sich selbst und bestimmte Probleme nachzudenken. Aber sie liefern keine Antworten“, hat der US-amerikanische Filmemacher Joseph Losey einmal gesagt. Bereits mit seinen ersten Filmen, den Film noirs „Gnadenlos gehetzt“ (1950), „M“ (1951) und „Dem Satan singt man keine Lieder“ (1951) hat sich Losey mit gesellschaftspolitischen Themen beschäftigt, aber wohl nie so intensiv wie mit dem Nazi-Drama „Monsieur Klein“ (1976), das einen Alain Delon in Bestform präsentiert. 

Inhalt: 

Paris im Jahr 1942: Der Elsässer Robert Klein (Alain Delon) lebt als Kunsthändler im von den Deutschen besetzten Paris und macht profitable Geschäfte mit Juden, die in Not geraten sind und deshalb ihren Besitz weit unter Wert veräußern müssen. Als Klein offenbar irrtümlich eines Tages die Ausgabe einer jüdischen Zeitung zugestellt wird, versucht er zunächst direkt bei der Zeitung, sich von der Abonnentenliste des Magazins löschen zu lassen, wird aber zur Polizei-Präfektur verwiesen, die diese Liste verwaltet. Während der Kunsthändler durch seinen verdächtigen Auftritt ins Fadenkreuz der Präfektur gerät, beginnt er mit eigenen Recherchen und findet heraus, dass ein jüdischer Widerstandskämpfer seinen Namen benutzt hat und in den Untergrund abgetaucht ist. 
Kleins Versuche, seine nichtjüdische Abstammung zu beweisen, bestärken die Polizei in ihrem Verdacht. So wird auch er Opfer der groß angelegten Razzia, bei der tausende Pariser Juden im Vélodrome d’Hiver vor ihrem Abtransport nach Deutschland versammelt und festgesetzt werden… 

Kritik: 

Regisseur Losey und seine Drehbuchautoren Franco Solinas („Schlacht um Algier“, „Der unsichtbare Aufstand“, „Wer erschoß Salvatore G.?“) und Fernando Morandi („Kastell der Verräter“, „Der Gehetzte der Sierra Madre“) – zum Teil war auch Costa-Gavras („Z: Anatomie eines politischen Mordes“, „Vermisst“) mit von der Partie – stützen sich bei ihrer Geschichte auf die tatsächliche Mitwirkung der Vichy-Regierung an der Judenverfolgung und -vernichtung durch die Nazis, mit denen sich die Franzosen nach der militärischen Niederlage zu kollaborieren gezwungen sahen. Nachdem auf der Wannseekonferenz im Januar 1942 die „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen worden war, verhafteten allein am 16. und 17. Juli 1942 tausende von französischen Polizisten im sogenannten „grande rafle“ 20.000 Juden allein in Paris, von denen allein fast 13.000 im Vélodrome d’Hiver eingesperrt und Tage später von den Deutschen in die osteuropäischen Vernichtungslager deportiert wurden. 
„Monsieur Klein“ fokussiert sich aber vor allem auf das Einzelschicksal des katholischen Kunsthändlers, der wie in Kafkas „Der Prozess“ vergeblich versucht, seine wahre Identität bestätigt zu bekommen und Opfer eines Identitätsdiebstahls wird. Seine klaustrophobische Wirkung erzielt der Film vor allem durch den Kniff, dass der vermeintliche oder tatsächliche Dieb nie in Erscheinung tritt und Monsieur Klein keinen Beweis für seine Theorie des Doppelgängers erbringen kann. 
Alain Delon brilliert dabei als skrupelloser Kunsthändler, der nur auf sein eigenes Wohl bedacht ist und voller Überzeugung zu Werke geht, dass der Irrtum um seine Person bald aufgeklärt wird. Doch die Bürokratie schlägt hier erbarmungslos zu, und manch einer mag Kleins Schicksal als Karma für seine unlautere Geschäftspraxis ansehen. 
Auch wenn Delons Figur kaum als Sympathieträger und Identifikationsfigur taugt, verströmt der Film eine zunehmend unheilvollere Atmosphäre, der man sich nie entziehen kann.  

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