Der Panther wird gehetzt

Wie verhängnisvoll sich ein ungünstiger Starttermin im Kino auswirken kann, demonstrierte im Jahr 1960 „Der Panther wird gehetzt“, einem der Frühwerke von Claude Sautet („Die Dinge des Lebens“, „Cesar und Rosalie“), denn eine Woche zuvor startete Godards „Außer Atem“ in den Filmpalästen und verdammte Sautets französischen Noir in den Schatten. Mittlerweile zählt das von Hauptdarsteller Lino Ventura souverän getragene Kriminaldrama zu den eindringlichsten Beiträgen des französischen Kinos zum Film-noir-Kanon. 

Inhalt: 

Der aus Frankreich stammende Gangster Abel Davos (Lino Ventura) ist seit Jahren in Italien untergetaucht und lebt mit seiner Frau Thérèse (Simone France) und seinen beiden Söhnen Pierrot (Robert Desnoux) und Daniel (Thierry Lavoye) in Mailand. Als er hier jedoch wegen Mordes gesucht wird, will Davos mit seiner Familie nach Frankreich zurückkehren. Das ist ein riskantes Unterfangen. Aber sein langjähriger Freund Raymond (Stan Krol) hält zu ihm und begleitet ihn auf seinem Trip, nachdem sie bei einem letzten Überfall auf einen Geldtransport in Mailand das nötige Reisegeld erbeutet haben. 
Mit einem gestohlenen Motorboot landen sie nachts an der französischen Küste, werden jedoch von Zollbeamten überrascht. Thérèse und Raymond kommen bei einem Feuergefecht ums Leben. Davos kann zunächst mit den Kindern flüchten, aber die Polizei hat bald seine Spur wieder aufgenommen. Von Nizza aus telefoniert er mit seinen ehemaligen Komplizen in Paris. Sie sollen ihn mit einem Krankenwagen abholen. Aber die Gefährten von einst fürchten das Risiko; fast alle haben sich mit der Beute aus früheren Raubzügen eine bürgerliche Existenz aufgebaut, die sie nicht gefährden wollen. 
An ihrer Stelle fährt der junge Einzelgänger Eric Stark (Jean-Paul Belmondo) nach Nizza. Er war mit Raymond befreundet, darum hilft er Abel in Paris dabei, seine Kinder sicher unterzubringen, und bietet ihm eine Bleibe in seiner Wohnung an. Dieser gefällt ihm auf den ersten Blick. Die beiden kommen heil nach Paris; dort erkennt Davos schnell, dass er mit seinen früheren Kollegen nicht mehr rechnen kann. Stark dagegen hilft Ihm. Als Davos sich mit einem Raubüberfall auf einen Hehler die Mittel verschafft, die die Zukunft seiner Söhne sichern sollen, bringt er jedoch seine ehemaligen Freunde gegen sich auf… 

Kritik: 

Claude Sautet hat „Der Panther wird gehetzt“ nach José Giovannis Roman „Das Ende vor Augen“ mitgeschrieben und inszeniert und damit einen interessanten Kontrast zum amerikanischen Film noir geschaffen, in dem Frauen meist entweder als verführerische Femmes fatale auftreten und den oft unschuldigen Protagonisten ins Verderben stürzen oder als bloßes Sex-Spielzeug betrachtet werden. Im Gegensatz dazu präsentiert Sautet seinen Protagonisten als liebenden Familienvater, der vergeblich versucht, von seiner kriminellen Vergangenheit loszukommen und für sich und seine Familie eine sichere Existenz in seiner alten Heimat aufzubauen. 
Die Tragik dabei besteht in dem Umstand, dass ausgerechnet seine ehemaligen Weggefährten dafür sorgen, dass Venturas Figur bei seinem mutigen Unterfangen kläglich scheitert und sich am Ende verantwortlich für den Tod von zwei geliebten Menschen fühlt. Durch die echte Liebe zu seiner Familie zieht Davos schnell die Sympathien des Publikums auf sich, und auch der junge, 1960 aber schon extrem vielbeschäftigte Belmondo (in diesem Jahr kamen mit ihm neben „Außer Atem“ noch „Stunden voller Zärtlichkeit“, „Riskanter Zeitvertreib“, „Die Französin und die Liebe“, „Die Nacht vor dem Gelübde“ und „…und dennoch leben sie“ in die Kinos) macht als loyaler Gehilfe eine gute Neben-Figur (er ist erst nach mehr als einer halben Stunde das erste Mal zu sehen). 
„Der Panther wird gehetzt“ überzeugt durch starke Darsteller-Leistungen, eine straffe Inszenierung und atmosphärische Bildgestaltung, die weitgehend ohne dramatisierende Musik auskommt.  

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