Der Mann, der niemals aufgibt

Clint Eastwood ist vor allem für zwei Rollen bekannt: Als wortkarger „Mann ohne Namen“ in Sergio Leones „Dollar“-Trilogie und als zynischer, harter Cop „Dirty Harry“. Diese ikonischen Rollen hat der Hollywood-Star auch in späteren Werken mehr oder weniger modifiziert übernommen. Eine Ausnahme bildet allerdings seine sechste Regiearbeit „Der Mann, der niemals aufgibt“ (1977), in der Eastwood einen abgehalfterten Cop spielt, dessen vermeintlich einfache Mission zu einem zerstörungswütigen Spießrutenlauf ausartet.
Nach über zwanzig Jahren als Streifenpolizist in Phoenix ist Ben Shockley (Clint Eastwood) völlig ausgebrannt. Während sein ehemaliger Partner Josephson (Pat Hingle) längst befördert wurde und einen bequemen Schreibtischjob ausübt, erscheint Shockley betrunken und unrasiert zum Dienst. Sein oberster Chef, Commissioner Blakelock (William Prince), beauftragt ihn, einen Zeugen von Las Vegas nach Phoenix zu eskortieren. Doch wie sich nach seiner Ankunft in Las Vegas herausstellt, handelt es sich bei Gus Malley (Sondra Locke) um eine Prostituierte, die in Phoenix gegen die Mafia aussagen soll. Als Shockley die junge Frau aus ihrer Zelle abholen will, weist sie ihn darauf hin, dass er sich aus dem Fall lieber raushalten solle, da die Mafia bereits Wetten auf ihren Tod laufen hat. Tatsächlich erfährt der Cop, dass die Quoten gegen Malley weniger als stündlich steigen. Und schon auf dem Weg zum Flughafen werden Shockley und Malley Zeuge einer Autobombenexplosion und beinahe Opfer einer Schießerei. Shockley bittet bei Blakelock um weitere Unterstützung und Sicherheitsvorkehrungen bei seiner Mission, doch er braucht schon die Kombinationsgabe der aufgeweckten Malley, um darauf zu kommen, dass Blakelock gar kein Interesse daran hat, dass der Cop mit der Überführung der Zeugin heil in Phoenix ankommt …
Nachdem sowohl seine Western als auch seine Cop-Filme von einem eher zynischen Humor geprägt waren und seine Figuren die Dinge gern auf ihre Weise selbst in die Hand nahmen, zeigt sich Schauspieler und Regisseur Clint Eastwood in „Der Mann, der niemals aufgibt“ mal von einer erfrischend anderen Seite.
Bereits die erste Szene, als der von ihm dargestellte Shockley aus seinem Wagen torkelt und dabei eine nahezu leere Flasche Jack Daniels auf die Straße fallen lässt, sagt schon viel über den Cop aus, der längst den Spaß an seinem Job verloren hat. Trotzdem fragt er den Commissioner, warum gerade er für die Abholung eines Zeugen ausgewählt worden ist, und die lapidare Antwort, dass es sich nur um einen unwichtigen Zeugen für einen unwichtigen Prozess handelt, lässt bereits erahnen, dass die Situation eine ganz andere ist.
Bis zur ersten Action mit der Autobombenexplosion und der nachfolgenden Verfolgungsjagd lässt Eastwood nicht viel Zeit vergehen, stellt sowohl Shockley als auch seinen ehemaligen Partner und Freund Josephson, seinen obersten Chef und die Zeugin in kürzen Zügen vor, bevor sich die zunehmend hanebüchene Story zu einem ausufernden Action-Feuerwerk entwickelt, bei der nicht nur Hubschrauber und Motorräder geschrottet werden, sondern ein ganzes Haus zusammengeschossen wird, bis es zusammenbricht. Das ist schon so übertrieben dargestellt, dass es schon wieder witzig ist, zumal die Rollenaufteilung hier für Eastwood-Filme ungewöhnlich ausfällt: Während die Frauen in seinen Filmen sonst stets leichte Opfer oder bloße Objekte sind, gräbt Malley dem Cop immer wieder das Wasser ab, denkt schneller und ist ihm sonst auch oft einen Schritt voraus. Nachdem Eastwoods damalige Lebensgefährtin Sondra Locke in „Der Texaner“ noch ein viel zu junges, unbeholfenes Mädchen darstellte, gibt sie in „Der Mann, der niemals aufgibt“ oft die Marschrichtung vor, verrät Shockley die entscheidenden Hinweise.
Viele Dinge machen in dem Film zwar keinen Sinn, vor allem nicht die abschließende langsame Fahrt eines gekaperten Reisebusses, dessen Cockpit Shockley vor der Fahrt nach Phoenix wohlweislich mit zusätzlich angeschweißten Stahlplatten verstärkt hat und den Hunderte von Polizisten nicht zum Stehen bekommen, aber die Lust an der Zerstörung, die Eastwood hier inszeniert und in die er den Zuschauer direkt mit einbezieht, wirkt auch ansteckend. Immerhin gönnt Eastwood sich und dem Publikum zwischenzeitlich auch eine Ruhepause, in der der Cop und die Hure sich einander im Motelzimmer näherkommen und einander von ihren Träumen erzählen, die sich zu ihrer Überraschung sehr ähneln, nämlich der ganz gewöhnliche amerikanische Traum von einer Familie mit Kindern und einem ruhigen, glücklichen Leben. Ob ihn die Verwirklichung des Traumes nach dem Ende ihrer abenteuerlichen Odyssee vergönnt ist, bleibt nach dem kurzzeitigen Happy End trotzdem offen.
"Der Mann, der niemals aufgibt" in der IMDb

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