Hängt ihn höher

Nach seinem Durchbruch als Schauspieler, den Sergio Leone Clint Eastwood als „Mann ohne Namen“ in seiner „Dollar“-Trilogie zumindest in Europa verschafft hatte, arbeitete Eastwood nahtlos an seiner Hollywood-Karriere. Dazu verhalfen ihm 1968 der Cop-Thriller „Coogans großer Bluff“ von Don Siegel und „Hängt ihn höher“ von Ted Post, mit dem Eastwood den Western auch in den USA wieder revitalisieren wollte.
Der ehemalige Sheriff Jed Cooper (Clint Eastwood) überquert mit seiner Viehherde gerade einen Fluss, als er von einer Bande um ihren Anführer Captain Wilson (Ed Begley) umzingelt und um den Kaufvertrag für das Vieh gebeten wird. Da die Männer den Verkäufer Hanson kennen und wissen, dass dieser den Vertrag nicht mit einem einfachen Kreuz unterzeichnet hätte, befinden sie Cooper für schuldig des Mordes an Hanson und seiner Frau sowie des Diebstahls der Herde. Nachdem sie ihn an einem Baum aufgeknüpft haben und weiter ihres Weges gezogen sind, taucht Marshal Dave Bliss (Ben Johnson) gerade noch rechtzeitig auf, um ihm den Strick vom Hals zu schneiden. Er transportiert den Geretteten in seinem Gefängniswagen und führt ihn Richter Fenton (Pat Hingle) vor. Zum Glück für Cooper konnte mittlerweile der tatsächliche Mörder und Viehdieb gefasst werden. Fenton bietet Cooper den Job als Deputy Marshall an und erlaubt ihm so, Jagd auf seine Peiniger zu machen. Allerdings will der Richter die Schurken lebend, damit ihnen vor einem ordentlichen Gericht der Prozess gemacht wird. Cooper erschießt einen der flüchtigen Männer in Notwehr in einem Saloon und erfährt durch ein weiteres Bandenmitglied, das sich reumütig gestellt hat, die Namen und den Aufenthaltsort der anderen Männer. Doch bevor Cooper seine Mission vollenden kann, wird er von einem seiner Kollegen darum gebeten, in einem ganz frischen Mordfall auszuhelfen. Währenddessen wollen sich Captain Wilson und seine übriggebliebenen Leute nicht weiter jagen lassen und suchen erneut die Konfrontation mit Cooper …
Regie-Veteran Ted Post hat beim Fernsehen bereits für Serien wie „Westlich von Santa Fe“, „Rauchende Colts“ und „Wagon Train“ gearbeitet, ehe er Clint Eastwood bei den Dreharbeiten zu „Tausend Meilen Staub“ kennenlernte und mit ihm schließlich 1968 „Hängt ihn höher“ realisierte. Im Gegensatz zu Leones Spaghetti-Western, wo es mit der Moral nicht mehr weit her war und Ehre und Familie keinen Wert mehr besaßen, geht es in „Hängt ihn höher“ um Recht und Gerechtigkeit. Wie schwierig sich dieses Unterfangen gestaltet, wird vor allem in den Gesprächen zwischen dem völlig überlasteten Richter und Cooper deutlich. Während der Richter – in Coopers Augen – viel zu schnell die Angeklagten zum Tod durch den Strick verurteilt, sieht Cooper die Dinge etwas differenzierter, was vor allem im Fall des Mörders und Viehdiebs Miller (Bruce Dern) deutlich wird, der zwei junge Männer angestiftet hat, ihm beim Raub der Rinderherde zu helfen, die aber mit dem Mord an dem Rancher nichts zu tun hatten. Während Cooper bei den jungen Männern für ein milderes Urteil plädiert, verurteilt Fenton auch sie zum Tode.
Das Hängen einer ganzen Reihe von Verbrechern artet schließlich zu einem Fest mit Volksfestcharakter aus, bei dem kalte Getränke verkauft werden und sich ganze Familien um die besten Plätze streiten. Menschliche Tiefe gewinnt das Western-Drama auch durch die Witwe Rachel Warren (Inger Stevens), die Cooper aufopferungsvoll pflegt und jeden Gefangenentransport nach zwei Männern absucht, die einst ihren Mann getötet und sie selbst vergewaltigt haben.
Im Gegensatz zu Leones „Dollar“-Trilogie, in der nur das Recht des Stärkeren zählt, thematisiert „Hängt ihn höher“ für ein Western ungewöhnlich tiefsinnig den Weg den riesigen Flächenstaates Oklahomas zu einem funktionierenden Rechtsstaat, in der Lynchjustiz bestraft wird und über einem einzelnen Richter noch weitere Instanzen stehen sollten, um dem Recht zum Sieg zu verhelfen. Nichtsdestotrotz darf Clint Eastwood auch immer mal wieder schnell mit der Pistole ziehen, coole Sprüche von sich geben und Frauenherzen betören. Auch handwerklich ist „Hängt ihn höher“ im oberen Drittel der Hollywood-Western angesiedelt, überzeugt mit guten Darstellen (u.a. mit Dennis Hopper in einer Nebenrolle als Prophet), geschickter Kameraführung, die mit dem Wechsel von Nahaufnahmen und Totalen eines von Leones Markenzeichen übernimmt, und einem unterhaltsamen Score von Dominic Frontiere.
"Hängt ihn höher" in der IMDb

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