Der Texaner

Es kann kaum verwundern, dass Clint Eastwood eine besondere Vorliebe für das Western-Genre hegt, schließlich hat er den Durchbruch seiner Schauspielkarriere Sergio Leone zu verdanken, der ihn in seiner berühmten „Dollar“-Trilogie als „Mann ohne Namen“ besetzt hatte. In der Folge war Eastwood immer wieder in Western (wie „Hängt ihn höher“ und „Ein Fressen für die Geier“) zu sehen, huldigte dem Genre aber auch durch eigene Regiearbeiten. Nach seiner Italo-Western-Hommage „Ein Fremder ohne Namen“ (1973) präsentierte er 1976 mit „Der Texaner“ ein ausgesprochen reifes und vielschichtiges Western-Drama, das ebenso wie Eastwoods Spätwestern „Erbarmungslos“ (1992) zum Besten zählt, was das Genre hervorgebracht hat.
Während um ihn herum der amerikanische Bürgerkrieg in seinen letzten Zügen liegt, bewirtschaftet der Farmer Josey Wales (Clint Eastwood) mühsam sein Feld. Gerade als sein Sohn dem Ruf seiner Mutter zum Essen folgt, überfällt eine unter dem Kommando des brutalen Terrill (Bill McKinney) stehende, aus dem Norden stammende Guerilla-Truppe der Redlegs seine Farm, brennt das Haus nieder, tötet Frau und Kind des Farmers und zieht weiter, nachdem sie Josey Wales mit einer Säbelwunde im Gesicht benommen zurücklässt. Wales begräbt seine Liebsten und übt mit seinem Colt, den er aus den noch schwelenden Trümmern seines Hauses birgt, Schießen, dann schließt er sich einer Gruppe Südstaatler unter Führung von Fletcher (John Vernon) an, die die Verfolgung der Redlegs aufnehmen. Doch nachdem die Nordstaaten den Krieg endgültig für sich entschieden haben, legt Fletcher seinen Leuten nahe, sich zu ergeben.
Ein Abkommen mit Senator Lane (Frank Schofield) soll ihnen ihre Freiheit garantieren. Josey Wales und der junge Jamie (Sam Bottoms) lassen sich aber auf den Handel nicht ein und sind als Outlaws fortan auf der Flucht. Fletcher muss derweil mitansehen, wie das mit ihm ausgehandelte Abkommen verraten wird und seine ehemaligen Weggefährten brutal über den Haufen geschossen werden. Dazu erhält er vom Senator den Befehl, Josey Wales einzufangen, doch das erweist sich als gar nicht so einfach …
Clint Eastwood hat in seiner zweiten Western-Regie-Arbeit alles richtig gemacht. Er übernahm nicht nur die ungewöhnlich vielschichtig angelegte Hauptrolle, sondern auch die Regie, nachdem Philip Kaufman, der die literarische Vorlage von Forrest Carter zu einem Drehbuch verarbeitete und dieses zunächst auch inszenieren führen sollte, von Eastwood ersetzt worden war.
Eastwoods Josey Wales macht eine interessante Wandlung von einem einfachen, familienliebenden Farmer zum treffsicheren Outlaw und durch, der aber im Verlauf seiner abenteuerlichen Reise nie sein Mitgefühl verliert. So pflegt er nicht nur aufopferungsvoll seinen jungen Begleiter, nachdem ihn ein Schuss in die Brust außer Gefecht gesetzt hat, sondern trägt mit seiner ungewöhnlichen Freundschaft zum ehemaligen Cherokee-Häuptling Lone Watie (Chief Dan George) und dem Comanchen-Häuptling Ten Bears (Will Sampson) auch zur Aussöhnung zwischen den Weißen und den Indianern bei. Schließlich bewahrt er die hübsche Laura Lee (Sondra Locke) und Indianer-Squaw Little Moonlight (Geraldine Keams) vor einer mehrfachen Vergewaltigung.
„Der Texaner“ dokumentiert in eindrucksvollen Bildern und mit einer vielschichtigen Geschichte, wie schwierig der Zivilisationsprozess am Ende des Bürgerkriegs gewesen ist und Vigilanten den teilweise rechtsfreien Raum für ihre abscheulichen Beutezüge ausgenutzt haben. Die Verständigung zwischen den Weißen und den indianischen Ureinwohnern wurde selten so tiefgründig thematisiert wie in den Dialogen zwischen Josey Wales und den beiden Indianer-Häuptlingen, die sich einerseits (Lone Watie) ganz lakonisch mit ihrem Schicksal im Reservat abgefunden haben, andererseits (Ten Bears) aber noch um ihren angestammten Lebensraum kämpfen.
Eastwood ist dabei eine gut funktionierende Mischung aus actionreichem Rache-Drama, pointiertem Antikriegsfilm und gefühlvoller Völkerverständigung gelungen, die von seinem langjährigen Kameramann Bruce Surtees („Dirty Harry“, „Ein Fremder ohne Namen“) stimmungsvoll in Szene gesetzt und von Jerry Fielding („Chatos Land“, „Flucht von Alcatraz“) ansprechend musikalisch untermalt worden ist.
"Der Texaner" in der IMDb

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