Für ein paar Dollar mehr

Nachdem sich Sergio Leones außergewöhnlicher Western „Für eine Handvoll Dollar“ (1964) zu einem überraschenden Kassenschlager nicht nur in seiner italienischen Heimat, sondern auch in Europa entwickelt hatte, ließ er schon ein Jahr später mit „Für ein paar Dollar mehr“ eine Art Fortsetzung folgen, in der Clint Eastwood einen auf schnell verdientes Geld abzielender Kopfgeldjäger mimt und einige weitere bekannte Gesichter in anderen Rollen zu sehen sind und zu dem Ennio Morricone wieder einen eindringlich packenden Score beigesteuert hat, der aber auch erneut die Mythen des amerikanischen Westerns lustvoll demontiert.
Der adrett gekleidete Kopfgeldjäger Colonel Douglas Mortimer (Lee Van Cleef) und der mit seinem Bart und dem Poncho weit weniger vorzeigbarer Kollege Monco (Clint Eastwood) treffen in der Kleinstadt White Rocks aufeinander, wo sie auf der Jagd nach El Indio (Gian Maria Volontè) sind, der durch seine Bande gerade aus dem Gefängnis befreit worden ist und auf dessen Kopf 10.000 Dollar Belohnung ausgesetzt sind. Auch wenn es Monco gar nicht gefällt, einen Konkurrenten in der Stadt zu wissen, lässt er sich auf den Vorschlag des nicht nur gut gekleideten und vornehmen, sondern auch intelligenten und strategisch denkenden Ex-Soldaten ein, gemeinsam gegen die insgesamt vierzehnköpfige Bande von El Indio vorzugehen und sich die Kopfgeldprämie zu teilen.
Da Mortimer bereits Bekanntschaft mit El Indios Leuten gemacht hat, soll Monco in den inneren Kreis der Bande eingeschleust werden, was ihm dadurch gelingt, dass er einen seiner Leute aus dem Gefängnis befreit. So erfährt Monco, dass El Indio die an sich gut bewachte Bank von El Paso ausrauben will. El Indio schickt Monco und drei seiner Leute nach Santa Cruz, wo sie als Ablenkungsmanöver die Bank von Santa Cruz ausrauben und damit die bewaffneten Gesetzeshüter aus El Paso auf sich ziehen sollen. Währenddessen behält Mortimer von seinem Hotelzimmer aus das Geschehen vor der Bank in El Paso im Blick. Als es El Indios Bande trotzdem gelingt, den Tresor aus der Bank freizusprengen und mit der Beute zu fliehen, müssen sich die beiden Kopfgeldjäger einen neuen Plan ausdenken, doch El Indio ahnt längst, mit wem er es zu tun hat …
Nachdem Sergio Leone mit seinem, gerade mal 200.000 Dollar teuren zweiten Film „Für eine Handvoll Dollar“ international für Furore sorgte und über die Jahre allein in den USA über 14 Millionen Dollar einfuhr, konnte er seinen nachfolgenden Film „Für ein paar Dollar mehr“ mit einem dreimal so umfangreichen Budget realisieren, was der Produktion auch anzusehen ist. So lässt sich Leone viel Zeit, seine Geschichte zu entwickeln, bis die beiden Kopfgeldjäger in White Rock auf denkwürdige, überraschend humorvolle Art und Weise zusammentreffen.
Auch wenn Clint Eastwood mit Poncho und Zigarillo wie ein Ebenbild des Fremden in „Für eine Handvoll Dollar“ wirkt, ist er nun kein Söldner, der für seine Kunst zu töten möglichst viel absahnen will, sondern ein ebenso geldgieriger Kopfgeldjäger. Statt zwischen zwei rivalisierenden Gangsterbanden steht sein Monco zwischen einem konkurrierenden Kopfgeldjäger und einem Marihuana rauchenden Banditen, der seine Bankraubpläne von der Kanzel wie ein Prediger seinen Gefolgsleuten erläutert. Wie sehr die biblischen Werte von Nächstenliebe und einem gottesfürchtigen Leben pervertiert werden, lässt nicht nur die Eröffnungsszene erahnen, als Mortimer im Zug in der Bibel liest. Der ganze Plot ist darauf ausgelegt zu präsentieren, wie skrupellose Männer allein im Geld ihr Heil zu finden suchen. Leone erweist sich einmal mehr als Meister darin, den Gesetzlosen ins Zentrum einer Gesellschaft zu stellen, in der jeder nur an sein eigenes Wohl denkt. Während in den amerikanischen Western durch Gewalt nur die Ordnung in der Gesellschaft wiederhergestellt werden soll, begräbt Leone die Illusion einer funktionierenden Gesellschaftsordnung nach christlichen Werten und zelebriert stattdessen ausgiebige Schießereien mit einem ganzen Arsenal von unterschiedlichen Waffen. Für jede Art von Bedrohung hat der strategisch klug denkenden Mortimer die richtige Antwort in Form der passenden Waffe parat. Dazu sorgen Ennio Morricones noch deutlicher in den Fokus gesetzten Klänge für den berauschenden Soundtrack, die vertrauten Nahaufnahmen und temporeichen Schusswechsel werden zudem durch viel selbstironischen Humor aufgelockert, so als mache sich Leone über sein eigenes Werk lustig. Dabei agieren Clint Eastwood und Lee Van Cleef („Der Mann, der Liberty Valance erschoss“, „Das war der wilde Westen“) auf Augenhöhe und sorgen durch die glaubwürdige Darstellung zweier ganz unterschiedlicher Revolverhelden für packende Unterhaltung bis zum coolen Finale.
"Für ein paar Dollar mehr" in der IMDb

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