Mr. Holmes

Seit seinem Regiedebüt mit dem romantischen Mystery-Drama „Das Hotel im Todesmoor“ (1987) hat der New Yorker Filmemacher Bill Condon zwar nicht besonders viele Projekte realisiert, doch immer wieder bemerkenswerte Werke wie die Biopics „Gods and Monsters“ (1998), „Kinsey – Die Wahrheit über Sex“ (2004) und „Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt“ (2013) oder den Abschluss der „Twilight“-Trilogie mit der zweiteiligen Bestseller-Adaption von „Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht“ (2011/2012) inszeniert. Auch mit „Mr. Holmes“ (2015) widmete sich Condon einer faszinierenden – wenn auch zur Abwechslung fiktiven – Persönlichkeit, nämlich Arthur Conan Doyles berühmten Detektiv Sherlock Holmes, der durch Ian McKellen wunderbar einfühlsam verkörpert wird.
Als der berühmte Privatdetektiv Sherlock Holmes (Ian McKellen) sich mit 93 Jahren aus dem Berufsleben und in sein Landhaus in Sussex zurückzieht, hängt ihm noch der letzte ungelöste Fall nach, als ihn ein beunruhigter Mann (Patrick Kennedy) damit beauftragte, sich seine vielleicht in Gefahr befindliche Ehefrau Ann Kelmot (Hattie Morahan) näher anzusehen, die schließlich einem Mordkomplott zum Opfer gefallen schien. Mühsam versucht Holmes, die Einzelheiten des Falles zu rekonstruieren, wobei ihm seine nachlassende Erinnerungsfähigkeit zusetzt. Selbst die Reise nach Japan, wo ihn der Industrielle Tamiki Umezaki (Hiroyuki Sanada) mit Anispfeffer bekanntmacht, einer Pflanze, die Wunder bei einem nachlassenden Gedächtnis bewirken soll, verschafft Holmes in dieser Hinsicht keine Linderung. Einzig die Gesellschaft des jungen Roger (Milo Parker) hält Holmes noch in Schwung. Der Sohn seiner Haushälterin Mrs. Munro (Laura Linney) interessiert sich nämlich nicht nur für Holmes‘ Hobby, die Imkerei, der aufgeweckte Junge hilft dem alten Mann mit den richtigen Fragen auch immer wieder auf die Sprünge bei seiner mühsamen Erinnerungsarbeit. Schließlich will er die Geschichte, die sein ehemaliger Kollege Dr. Watson über ihn geschrieben hat und bei der er sich wegen des dramatischen Effekts einige künstlerische Freiheiten herausnahm, richtigstellen …
Nach dem Roman von Mitch Cullen („Tideland“) erweckt Bill Condon Arthur Conan Doyles berühmteste Figur zu eigenwilligem Leben. Denn wenn es bislang in Sherlock-Holmes-Filmen wie zuletzt in Guy Ritchies „Sherlock Holmes“ (2009) und „Sherlock Holmes: Spiel im Schatten“ (2011) oder der seit 2010 erfolgreich laufenden BBC-Serie „Sherlock“ vor allem um seine oft kniffligen Fälle ging, widmet sich Condon in „Mr. Holmes“ dem Ruhestand des Detektivs in hohem Alter. Dabei verzücken zunächst die wundervollen Landschaftsaufnahmen um das idyllisch an der Küste liegende Landhaus, doch schon schnell zieht der begnadete Ian McKellen („Der Herr der Ringe“-Trilogie“, „X-Men“) die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich.
In der kammerspielartigen, extrem entschleunigten und stellenweise recht behäbig wirkenden Inszenierung setzt McKellen mit seiner ausdrucksstarken Mimik die Akzente, die das fiktive Biopic zu einem eindringlichen Drama machen. Tempo und Dramatik wird weniger durch die Erzählung gewonnen, die das nun ruhige Leben auf dem Land betrifft, sondern durch die immer wieder eingeschobenen Erzählstränge, die einerseits den ungelösten Fall um die geheimnisvolle Frau, andererseits Holmes‘ Reise nach Japan aufgreifen.
Es dauert eine Weile, bis sich die drei Ebenen zu einem sinnvollen Ganzen vereinen, aber bis dahin berührt vor allem die zarte Freundschaft zwischen dem alternden Detektiv und dem aufgeweckten Jungen in seinem Haus die Gemüter. Wie die beiden dem geheimnisvollen Bienensterben auf die Spur gehen ist dabei ebenso feinsinnig erzählt wie Rogers nicht nachlassende Bemühungen, Holmes beim Niederschreiben seiner wahren Geschichte auf die Sprünge zu helfen. Natürlich punktet „Mr. Holmes“ vor allem durch Ian McKellens emotional packende Darstellung, aber auch seine Spielgefährten Milo Parker („Die Insel der besonderen Kinder“) und natürlich auch den beiden weiblichen Darsteller Laura Linney („Kinsey“, „Nocturnal Animals“) und Hattie Morahan („Der goldene Kompass“, „Die Schöne und das Biest“) überzeugen in einem ruhig erzählten und wunderschön fotografierten Drama, das nebenbei auch den Mythos um Sherlock Holmes auf die Schippe nimmt.
"Mr. Holmes" in der IMDb

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