Der Mann, der König sein wollte
John Huston („Die Spur des Falken“, „African Queen“) wollte bereits in den 1950er Jahren mit seinem Freund Humphrey Bogart – und Clark Gable – Rudyard Kiplings Geschichte „Der Mann, der König sein wollte“ aus dem Jahre 1888 verfilmen, dann mit Burt Lancaster und Kirk Douglas, schließlich mit Robert Redford und Paul Newman, der Huston schließlich Sean Connery und Michael Caine als Hauptdarsteller vorschlug. So realisierte Huston das exotische Abenteuer dann erst im Jahre 1975, heimste immerhin vier Oscar-Nominierungen ein und präsentierte mit Connery und Caine zwei wunderbar aufgelegte und miteinander harmonierende Akteure vor einer grandiosen Kulisse.
Inhalt:
Die ehemaligen Soldaten Peachy Carnehan (Michael Caine) und Daniel Dravot (Sean Connery) haben genug davon, sich mit kleineren Gaunereien ihr Leben in Britisch-Indien zu finanzieren, und verfolgen einen ambitionierteren Plan, nämlich Könige von Kafiristan zu werden. Um den Ernst ihrer Mission festzuhalten, unterschreiben sie im Büro ihres neugewonnenen Freundes Rudyard Kiplings (Christopher Plummer), der als Reporter für den „Northern Star“ arbeitet, einen selbstverfassten Vertrag, in dem sich die beiden Abenteurer dazu verpflichten, sich bis zum Erreichen ihres erklärten Ziels sogar von Frauen und Alkohol fernhalten.
Kipling bezeugt mit seiner Unterschrift den Vertrag und sieht Peachy und Daniel wenig später als Einheimische verkleidet und mit zwanzig Martini-Gewehren im Gepäck auf eine gefährliche Reise aufbrechen, die über den Khyberpass führt. Als sie nach einigen überstandenen Abenteuern endlich Kafiristan erreichen, lernen sie mit Billy Fish einen Gurkha kennen, der als Einziger eine vor Jahren verschollene britische Kartierungsexpedition überlebt hat und den beiden fortan als Dolmetscher zur Verfügung steht. Zunächst überreden sie den örtlichen Häuptling dazu, sie als Militärberater zu engagieren, um die Männer des Dorfes an den Waffen auszubilden und gegen die Feinde des Dorfes vorzugehen.
Nach gelungener Einweisung gelingt es der Truppe, den ersten Gegner trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit zu besiegen, was vor allem dem Umstand geschuldet ist, dass Daniel von einem Pfeil in der Brust getroffen wurde. Niemand bemerkt, dass Daniels Patronengurt den Pfeil davon abgehalten ist, ihn zu töten, also küren die siegreichen Dorfbewohner den vermeintlich unsterblichen Daniel zum König, töten ihren alten König und verwenden dessen Kopf als Ball beim Polospiel.
Dann schickt der Hohepriester von Kafiristan nach den beiden Männern, um Daniels Unverwundbarkeit zu überprüfen. Doch gerade als der Priester einen Dolch in Daniels Brust stoßen will, bemerkt er das Freimaurer-Amulett, das um Daniels Hals hängt und auf seine Göttlichkeit ebenso hinweist wie auf seine Abstammung von Alexander dem Großen, der nach seiner Eroberung von Kafiristan eine Truhe mit eben diesem Abzeichen auf der Innenseite des Deckels hinterlassen und verkündet hatte, dass er oder einer seiner Söhne zurückkehren würde. In Daniel erkennen die Einheimischen nun Sikander den Zweiten und überlassen ihm all seine Schätze. Daniel gefällt sich in seiner Rolle als bestätigter gottgleicher König und versucht erfolgreich, mit seiner Rechtsprechung für ein besseres Leben seines Volkes zu sorgen. Während Peachy darauf drängt, mit den erworbenen Schätzen wieder nach England zurückzukehren, steigt seinem Freund die neue Rolle allmählich zu Kopf …
Kritik:
Der im indischen Bombay geborene Rudyard Kipling, der im Alter von 42 Jahren zum jüngsten Literaturnobelpreisträger aller Zeiten gekürt wurde, war erst 22 Jahre alt, als er die Erzählung „Der Mann, der König sein wollte“ veröffentlichte, die wiederum auf den Abenteuern von James Brooke und Josiah Harlan inspiriert wurde. Huston gelingt es bereits in der Eröffnungsszene, ein authentisches Bild des Lebens im damaligen Britisch-Indien zu zeichnen, ein wildes Gewusel von Händlern, Musikern, Handwerkern und Unterhaltungskünstlern. Und auch im weiteren Verlauf finden er und Kameramann Oswald Morris („Der Mackintosh Mann“, „Anatevka“) wunderbare Bilder für die Wüstenlandschaft, die schneeverhangenen Berge, die einfachen Dörfer und imposanten Tempel, durch die die beiden unerschrockenen Abenteurer ziehen.
Der Unterhaltungswert des Films beruht aber vor allem auf den grandiosen Darstellerleistungen. Michael Caine („Ipcress – streng geheim“, „Mord mit kleinen Fehlern“) verkörpert den gewitzten Peachy mit einer wunderbaren spitzbübischen Leichtigkeit, während Sean Connery in seiner Post-James-Bond-Ära eindrucksvoll demonstrieren darf, dass in ihm mehr steckt als ein Agent im Geheimdienst Ihrer Majestät. Connery meistert dabei auch den Balanceakt zwischen den Rollen des Kleinganoven, Abenteurers und gottgleichen Königs. Aber auch Christopher Plummer („A Beautiful Mind“, „Alles Geld der Welt“) überzeugt als oft staunender und menschenfreundlicher Reporter und Freund der beiden Abenteurer.
Kiplings Botschaft zum Größenwahn der Menschen, die sich mit dem Erreichten nicht zufriedengeben wollen, hat Huston mit ebenso dramatischer wie humoristischer Note umgesetzt. Die stimmungsvolle Musik von Maurice Jarre („Ghost – Nachricht von Sam“, „Lawrence von Arabien“) und die wundervollen Panoramabilder tragen ebenso dazu bei, „Der Mann, der König sein wollte“ zu einem unterhaltsamen Abenteuerfilm zu machen, bei dem Michael Caines Frau Shakira Caine übrigens die Rolle von Daniels Königsgemahlin Roxanne übernahm.
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