Moby Dick

John Huston, der in den 1940er und 1950er Jahren große Erfolge in Hollywood mit Meisterwerken wie „Die Spur des Falken“ (1941), „Der Schatz der Sierra Madre“ (1948), „African Queen“ (1951) und „Moulin Rouge“ (1952) feiern durfte, trug sich schon jahrelang mit dem Gedanken herum, Herman Melvilles allegorischen Roman „Moby Dick“ zu verfilmen. Allerdings musste er schon mit einem Top-Star wie Gregory Peck als Kapitän Ahab aufwarten, um in Hollywood ein Studio zu finden, das ihm ein so gewaltiges Projekt ohne weibliche Sprechrolle und damit auch ohne eine romantische Geschichte finanzierte. Unter den vielen Verfilmungen von Melvilles Klassiker gilt Hustons „Moby Dick“ aus dem Jahre 1956 nach wie vor als beste, auch wenn Gregory Peck zur Zeit des Filmstarts oft als Fehlbesetzung angesehen wurde. 

Inhalt: 

Der junge Mann Ismael (Richard Basehart) träumt davon, zur See zu fahren, und heuert als Matrose auf dem Walfangschiff Pequod an. An seiner Seite weiß er den erfahrenen polynesischen Harpunier Queequeg (Friedrich von Ledebur), den er zuvor in einem Wirtshaus unter zunächst beängstigenden Umständen kennengelernt hat. Obwohl sie ein Mann am nächsten Morgen vor Betreten des Schiffes warnt, sich unter das Kommando von Kapitän Ahab (Gregory Peck) zu begeben, nehmen die beiden Freunde die Herausforderung an, um möglichst viele Wale zu erlegen. 
Doch die Besatzung muss schnell erkennen, dass Ahab weniger daran interessiert ist, große Mengen an Öl aus den erbeuteten Walen zu gewinnen, sondern allein von der Rache getrieben ist, den riesigen weißen Pottwal Moby Dick zu erlegen, der ihm vor Jahren ein Bein abgerissen hatte. Obwohl sich gerade sein Steuermann Starbuck (Leo Genn) offen gegen Ahab stellt, lässt der Kapitän nicht von seinem Vorhaben ab und verweigert sogar einem anderen Schiff die Unterstützung bei der Suche nach vermissten Walfängern. Bei dem größten Unwetter treffen Ahabs Crew und Moby Dick schließlich aufeinander … 

Kritik:

Bei der Realisierung seines in zehn Jahren gereiften Projekts der Verfilmung von „Moby Dick“ half John Huston zunächst der renommierte Schriftsteller Ray Bradbury („Die Mars-Chroniken“, „Fahrenheit 451“), der zusammen mit Huston selbst das Drehbuch des als unverfilmbar geltenden Romans von Herman Melville verfasste. Nachdem Hustons Vater Walter, der für seine starke Performance in John Hustons Abenteuerdrama „Der Schatz der Sierra Madre“ einen Oscar erhalten hatte, verstarb, bevor er die Hauptrolle des Kapitän Ahab übernehmen konnte, fiel die Wahl dann auf Gregory Peck, der entgegen seines bisherigen Rollenprofils als leicht melancholischen und attraktiven Sympathieträgers als entstellter und rachsüchtiger Protagonist besetzt wurde und bei vielen Zeitgenossen auf wenig Anerkennung für seine Darstellung traf. Dabei macht Peck als Kapitän Ahab wirklich eine gute Figur als allein von persönlichen Rachegefühlen getriebener Wahnsinniger, der auf seiner Mission jedes Gefühl menschlicher Güte vermissen lässt. 
Erzählt wird die Geschichte von „Moby Dick“ aus der Perspektive des gänzlich unerfahrenen Matrosen Ismael, der unter Ahabs Kommando seine überhaupt erste Waljagd unternimmt, sich aber auch nicht von dem Gerede eines wahnsinnig wirkenden Mannes im Hafen davon abbringen lässt, seine abenteuerliche Reise zu beginnen. Huston und Bradbury sind in ihrer Drehbuchfassung zwar dicht an Melvilles Vorlage geblieben, haben aber den metaphysischen Kontext zugunsten einer spannungsgeladenen Handlung aufgegeben. Einzig der Gottesdienst für die Walfänger zu Beginn, bei dem Orson Welles als Priester auf einer einem Schiffsbug nachempfundenen Kanzel eine leidenschaftliche Predigt hält, sorgt für die biblische Komponente und den Verweis auf die Geschichte von Jona und dem Wal. 
Huston legte viel Wert auf eine realitätsnahe Darstellung, ließ die zahlreichen Außenaufnahmen unter anderem vor den Küsten Wales' und der Kanarischen Inseln drehen und drei mehr als dreißig Meter lange Wal-Attrappen für den Weißen Wal anfertigen, die selbst heute noch tricktechnisch äußerst gelungen erscheinen. Mit sepiafarbenen Bildern und dramatischer Action ist Huston ein äußerst packendes Drama gelungen, das mit seinem furiosen Finale lange in Erinnerung bleibt. 

Kommentare

Beliebte Posts