Endstation Sehnsucht

Bereits mit einem seiner ersten Filme, „Tabu der Gerechten“ (1947), wurde der griechischstämmige Filmemacher Elia Kazan weltberühmt, widmete sich doch erstmals ein Film dem Thema Antisemitismus. Darüber hinaus wurde das Drama sowohl für den Besten Film als auch für die Beste Regie mit dem Oscar ausgezeichnet. In den folgenden Jahren machte sich Kazan vor allem als Entdecker von Schauspieltalenten wie Karl Malden, Eli Wallach, James Dean und vor allem – Marlon Brando. Mit der Tennessee-Williams-Adaption von „Endstation Sehnsucht“ (1951), die Kazan bereits auf dem Broadway inszeniert hatte, machte der Regisseur Brando zum Star, mit dem er auch „Viva Zapata“ (1952) und „Die Faust im Nacken“ (1954) realisierte. 

Inhalt:

Auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit besucht die kultivierte, aber psychisch angeschlagene Lehrerin Blanche (Vivien Leigh) ihre jüngere Schwester Stella (Kim Hunter) in New Orleans, wo sie nach der Fahrt mit dem Zug die Straßenbahn bis zur Haltestelle Desire (Sehnsucht) nimmt. Blanche ist zunächst entsetzt, in welch beengten Verhältnisse ihre Schwester mit ihrem kräftigen Ehemann, dem polnischen Einwanderer Stanley Kowalski (Marlon Brando), lebt. Der gewöhnlich wirkende Handwerker mokiert sich über die schicken Sachen, die Blanche mit sich herumträgt, zumal der Familienbesitz Belle Rêve (Schöner Traum) verkauft werden musste, um nach dem Tod ihres Vaters die Gläubiger zu bezahlen. Während Blanche und Stella ins Kino gehen, veranstaltet Stanley mit seinen Freunden eine Pokerrunde zuhause. Als die beiden Schwestern vor dem Ende der geselligen Runde nach Hause kommen, lernt Blanche Stanleys zuvorkommenden Kollegen Harold „Mitch“ Mitchell (Karl Malden) kennen, verabredet sich mit ihm und hegt schon die Hoffnung, mit ihm als Ehemann ein neues Leben anfangen zu können. 
Doch bevor aus der Beziehung etwas Ernstes wird, erfährt Mitch von Stanley, dass ein Vertreter, der auch in Blanches Heimatstadt Auriol tätig ist, zu berichten wusste, dass Blanche zuletzt in dem billigen Hotel „Flamingo“ abgestiegen war, wo sie viele Männerbekanntschaften pflegte. Als sich darunter auch ein 17-jähriger Schüler befand, wurde sie vom Dienst suspendiert und auch von der Hotelleitung auf die Straße gesetzt. Nachdem Mitch sie deshalb an ihrem Geburtstag versetzt, flüchtet sich Blanche zunehmend in romantische Phantasien, während bei Stanley die angespannte Situation in der Wohnung immer wieder zur Gewalt treibt, bis die schwangere Stella zu ihrer Nachbarin flüchtet … 

Kritik:

Elia Kazan konnte bei der Verfilmung von Tennessee Williams‘ „A Streetcar Named Desire“ auf ein eingespieltes Ensemble zurückgreifen, denn bei der Broadway-Aufführung des Stückes im Jahr 1947 waren neben Marlon Brando auch Kim Hunter und Karl Malden in ihren späteren Filmrollen zu sehen. Kazan hält sich bei der Verfilmung sehr dicht an der Theateratmosphäre, fokussiert die Handlung auf die beengten Räume, in denen neben Stanley und Stella auch Blanche untergebracht wird. Durch die klaustrophobische Kulisse werden die psychologischen Spannungen zwischen den Figuren noch deutlicher herausgearbeitet. Die wenigen Außenaufnahmen zur Ankunft von Blanche in New Orleans, um das Haus herum, in dem Stella und Stanley leben, zum Streit zwischen Stanley und Mitch in ihrer Fabrik, am Pier und in der Bowlingbahn illustrieren nur kurz das Lebens- und Arbeitsumfeld der Beteiligten. 
Mit der Ankunft von Blanche wird sogleich die Beziehung zwischen den Schwestern auf den Prüfstand gestellt. Blanche macht keinen Hehl daraus, dass ihre kleine Schwester nicht standesgemäß geheiratet hat, doch erst mit Blanches theatralischem Getue um ihr Aussehen und ihre schicken Kleider wird auch Stella und vor allem Stanley bewusst, dass sie aus unterschiedlichen Welten stammen. 
Durch Stanleys aufbrausendes Temperament eskaliert die Situation bald, die durch Blanches Verdrängungsmechanismen noch verschärft wird. Vivien Leigh („Vom Winde verweht“, „Ihr erster Mann“) brilliert als labile Lehrerin, die nach einer Pechsträhne in ihrem Leben Zuflucht in romantischen Fantasien sucht, dabei aber ihre Mitmenschen manipuliert. Für ihre mitreißende Darstellung erhielt Leigh verdientermaßen ihren zweiten Oscar. Aber auch Marlon Brando spielt als temperamentvoller Arbeiter groß auf und sorgt dafür, dass das Stück, das sich eigentlich um die beiden Schwestern dreht, einen anderen Schwerpunkt erhält. Während Brando bei der Oscar-Verleihung aber leer ausging, bekamen sowohl Kim Hunter als auch Karl Malden die begehrte Trophäe überreicht. Besonders bemerkenswert ist der jazzige Score von Alex North, der so mit den Konventionen der traditionellen Orchester-Arrangements brach und ein neues Zeitalter in der Filmmusik einläutete.

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