Die Katze auf dem heißen Blechdach
Richard Brooks schrieb in den 1940er Jahren zunächst Drehbücher u.a. für die Film-noir-Klassiker „The Killers“ (1946), „Zelle R 17“ (1947) und „Gangster in Key Largo“ (1948), ehe er in den 50er Jahren begann, seine Drehbücher auch zu verfilmen und ab 1962 auch zu produzieren, was ihm die Freiheit gab, vor allem von ihm geschätzte literarische Stoffe zu verfilmen. Nach Even Hunters „Die Saat der Gewalt“ (1955), Milton Lotts „Die letzte Jagd“ (1956) und Fjodor Dostojewskis „Die Brüder Karamasow“ (1958) adaptierte er 1958 mit „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ das gleichnamige Theaterstück von Tennessee Williams.
Inhalt:
Harvey „Big Daddy“ Pollitt (Burl Ives) verfügt über riesige Plantagen und ein Vermögen von 10 Millionen Dollar, hat aber nur noch eine kurze Zeit zu leben. Als er mit seiner Frau (Judith Anderson) und seinem Leibarzt Dr. Baugh (Larry Gates) von einer gründlichen Untersuchung in einer Klinik in seinem Privatjet zurückkehrt, wird er am Flughafen von seinem erstgeborenen Sohn Gooper (Jack Carson), dessen schwangeren Frau Mae (Madeleine Sherwood) und ihren fünf Kindern sowie seiner Schwiegertochter Maggie (Elizabeth Taylor) in Empfang genommen. Schließlich will die Familie mit Big Daddy seinen 65. Geburtstag feiern, zu dem ausnahmsweise auch sein Sohn, Maggies Mann Brick (Paul Newman) gekommen ist.
Der ehemalige Sportler hat sich am Vorabend aber betrunken beim Hürdenlauf den Knöchel gebrochen und besäuft sich auch weiterhin. Während Big Daddy und Big Mama die frohe Kunde verbreiten, dass es dem schwer reichen Mann auch gesundheitlich blendend geht, wissen es Dr. Baugh und Brick es besser. Es wird wohl Big Daddys letzter Geburtstag sein. Während der Feierlichkeiten versuchen vor allem Gooper und Mae Big Daddys Testament zu ihren Gunsten zu verändern, während Brick und Maggie einmal mehr ihre Beziehungsprobleme erörtern.
Während Brick keinen Hehl daraus macht, dass ihn Maggie anwidert, liebt sie ihn nach wie vor, fühlt sich dabei wie die „Katze auf dem heißen Blechdach“, wo sie so lange ausharren wird, wie sie es aushält. In dem Streit konfrontiert sie Brick vor allem auf seine Freundschaft zu Skipper, der sich umgebracht hat, was sich Brick nicht verzeihen kann. Im Verlauf des Abends werden die lange mit sich herumgetragenen Konflikte in der Pollitt-Familie immer offener ausgetragen …
Kritik:
Wie schwierig das Thema Homosexualität in Hollywood in den 1960er Jahren umzusetzen war, musste John Huston bei der Adaption von Carson McCullers Roman „Spiegelbild im goldenen Auge“ erfahren und den Film immer wieder verschieben, bis er ihn 1967 endlich realisieren konnte, allerdings nur mit einer sehr unterschwelligen Thematisierung. Fast ein Jahrzehnt zuvor konnte auch Richard Brooks kaum die in Tennessee Williams‘ Stück „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ weitaus offener zur Schau gestellte Homosexualität auf die Leinwand bringen. Die Natur der Beziehung zwischen Brick und seinem toten Freund Skipper wird tatsächlich eher im nuancierten Spiel Paul Newmans angedeutet, als offen angesprochen. Nur langsam kristallisiert sich heraus, warum Brick sich die ganze Zeit nur betrinkt und nichts von seiner attraktiven und um die Ehe bemühten Frau Maggie wissen will. Als sich am Abend schließlich alle erwachsenen Familienmitglieder in einem Raum befinden, nachdem sich der sterbenskranke Big Daddy und Brick im Keller ausgesprochen hatten, kommen die ganzen Lügen, Selbsttäuschungen und Heucheleien ans Tageslicht, die das Mit- und Gegeneinander innerhalb des Pollitt-Clans bestimmt haben.
So spielt Maes Kindersegen und Maggies Kinderlosigkeit ebenso eine Rolle wie das Verhältnis der Brüder zueinander und ihrem jeweiligen Ansehen bei ihrem Vater. Brooks deckt geschickt erst nach und nach die Gründe für die Animositäten innerhalb der Familie auf, wobei er von der gut aufgelegten Darstellerriege profitiert. Vor allem Elizabeth Taylor („Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“, „Cleopatra“) überzeugt als kämpferische Ehefrau, die aus ärmlichen Verhältnissen stammt und sich immer an Menschen hängen musste, die ihr ein besseres Leben ermöglichen konnten. Unter diesen Voraussetzungen ist sie nicht bereit, leichtfertig ihre Ehe aufzugeben. Paul Newman überzeugt als gebrochener Mann, der (fälschlicherweise) seine Frau für den Selbstmord seines besten Freundes verantwortlich macht, sich selbst aber eigentlich am meisten hasst und diesen Hass auf seine Frau projiziert. Und schließlich brilliert auch Burl Ives („Jenseits von Eden“, „Weites Land“) als Südstaaten-Patriarch, der zwar das ganze Lügengespinst in seiner Familie verachtet, selbst aber nie in der Lage gewesen ist, seinen Kindern echte Liebe zu geben, wie Brick ihm vorwirft.
Das glänzend gespielte, schön fotografierte und fein ausgestattete Drama wurde 1959 zwar für sechs Oscars – u.a. für den Besten Film, die Beste Regie und die Besten weiblichen und männlichen Hauptdarsteller – nominiert, ging bei der Verleihung aber leer aus.
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