Der General starb im Morgengrauen
Lewis Milestone hatte schon während der Stummfilm-Ära einige Erfolge mit Filmen wie „Schlachtenbummler“ (1927) und „Der Garten Eden“ (1928), vor allem aber mit dem gefeierten Kriegsdrama „Im Westen nichts Neues“ (1930) erleben dürfen. Ihm gelang auch der nahtlose Übergang zu einem routinierten Tonfilm-Regisseur. Bevor er weitere Klassiker wie „Von Mäusen und Menschen“ (1939) und „Die seltsame Liebe der Martha Ivers“ (1946) realisierte, entstand mit „Der General starb im Morgengrauen“ (1936) eine zwar gut besetzte und aufwendig produzierte Abenteuer-Komödie, aber als Beitrag zur Film Noir Collection von Koch Media taugt das Werk nur am Rande.
Während in China der skrupellose General Yang (Akim Tamiroff) alles daran setzt, die zwölf Provinzen des Landes unter seine Herrschaft zu bringen und von den armen Menschen auch noch Steuern verlangt, haben sich um den Hotelier Mr. Wu (Dudley Digges) in Shanghai schon Rebellen formiert, die sich Yangs Gewaltherrschaft nicht länger beugen wollen. Sie engagieren den Abenteurer O’Hara (Gary Cooper), damit er ihm das entsprechende Geld für den Kauf der benötigten Waffen bringt. Dieser Plan ist allerdings auch schon Yang zu Ohren gekommen, der durch seinen Agenten Oxford (Philip Ahn) den todkranken Peter Perrie (Porter Hall) dazu bringt, dessen attraktive Tochter Judie (Madeleine Carroll) im Zug auf O’Hara ansetzen zu lassen. Erwartungsgemäß findet der bekannte Frauenliebhaber O’Hara Gefallen an Judie, die ihr Opfer allerdings so sympathisch findet, dass sie Gewissensbisse bekommt und O’Hara vor dem Zuschnappen der Falle noch warnen will.
Doch da haben Yang und seine Schergen den Zug bereits in ihre Gewalt gebracht und dem Kurier das Geld abgenommen. Yang nimmt O’Hara als Geisel und versucht nun seinerseits an die für die Rebellen gedachten Waffen zu kommen, schließlich muss auch seine Armee bewaffnet werden. Dem dubiosen Waffenschieber Mr. Brighton (Willam Frawley) ist es letztlich egal, wem er seine Waffen verkauft, aber O’Hara lässt nichts unversucht, seine Mission zu einem gütlichen Ende zu bringen …
Kritik:
Wie die Abenteuer von Dr. Fu Manchu und Charlie Chan Anfang der 1930 belegten, kamen Abenteuer aus Fernost beim amerikanischen Publikum gut an. Nach einer Story von Charles G. Booth („Rache ohne Gnade“) und dem Drehbuch von Clifford Odets („Dein Schicksal in meiner Hand“) schuf Lewis Milestone mit „Der General starb im Morgengrauen“ eine Abenteuer-Komödie, in der Gary Cooper nach „Bengali“ (1935) und kurz vor seiner Hauptrolle in „Die Abenteuer des Marco Polo“ (1938) als Abenteurer in Fernost der guten Sache dient und dabei in die Fänge einer Femme fatale gerät, die nur widerwillig ihrem schwerkranken Vater hilft, damit er sie mit dem Erlös aus dem Waffengeschäft wieder nach Amerika zurückschicken kann.
Da O’Hara und Judie zunächst auf gegensätzlichen Seiten stehen, ist ihre unter schwierigen Voraussetzungen entwickelte Love Story das einzig Interessante, was vor allem der stimmigen Chemie zwischen Gary Cooper und Madeleine Carroll („Die 39 Stufen“, „Der Gefangene von Zenda“) zu verdanken ist. Dagegen vermag die Affäre um das Waffengeschäft kaum zu packen. Zwar gibt Akim Tamiroff („Im Zeichen des Bösen“, „Wem die Stunde schlägt“) einen wunderbaren Bösewicht, was ihm eine Oscar-Nominierung einbrachte, aber alle sonst an dem Waffendeal beteiligten Personen bleiben blass oder wirken sogar fehl am Platze, die Story gerät immer weiter aus den Fugen und wird zum Ende hin immer unglaubwürdiger. Immerhin sind Milestone und seinem Kameramann Victor Milner („Die Falschspielerin“, „Die scharlachroten Reiter“) einige schöne Bilder und für den Film noir typische Schattenspiele gelungen, doch davon abgesehen bietet die krude Mischung aus Abenteuerfilm, Romanze, Komödie und Film noir wenig Grund für begeisterte Reaktionen.
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