Mank

Der ehemalige Werbefilmer David Fincher hat sich mit nur wenigen Filmen wie „Sieben“, „The Game“, „Fight Club“ und „The Social Network“ längst in die erste Riege unter Hollywoods Filmemachern gearbeitet. Nachdem er für Netflix die Mini-Serie „Mindhunter“ realisiert hatte, bekam er von dort grünes Licht für ein Projekt ganz nach seinem Belieben. Mit „Mank“ konnte Fincher endlich einen ebenso unterhaltsamen wie anspruchsvollen Film inszenieren, der auf einem Drehbuch seines Vaters Jack Fincher (1930-2003) basiert. Finchers Vater hielt Orson Welles‘ „Citizen Kane“ (1941) für den größten Film aller Zeiten und wollte mit „Mank“ die Entstehungsgeschichte des Films aus einer ungewöhnlichen Perspektive erzählen, der des Co-Drehbuchautors Herman J. „Mank“ Mankiewicz

Inhalt: 

Der alkoholkranke Drehbuchautor Herman J. Mankiewicz (Gary Oldman) soll sich nach einem Unfall, bei dem er sich das Bein brach, im Jahr 1940 auf einer abgelegenen Ranch in der Mojave-Wüste wieder regenerieren und währenddessen nicht nur keinen Tropfen Alkohol anrühren, sondern auch binnen sechzig Tagen ein Drehbuch für das Regiedebüt des neuen Hollywood-Wunderkinds Orson Welles (Tom Burke) abliefern. Die britische Schreibkraft Rita (Lily Collins) und die deutsche Krankenschwester Freda (Monika Gossmann) sorgen für Manks Wohlbefinden und die Niederschrift seiner Gedanken für das Drehbuch, das zu einer persönlichen Abrechnung mit dem Zeitungsmagnaten William Randolph Hearst (Charles Dance), mit dem er lange befreundet gewesen war, aber auch mit dem Studiosystem in Hollywood und der manipulativen Macht der Medien wird. Mank lässt sich auf den gut bezahlten Auftrag ein, obwohl er dafür in den Credits nicht als Autor genannt werden soll und sich mächtige Feinde – neben Hearst u.a. auch MGM-Studioboss Louis B. Mayer (Arliss Howard) machen würde, wovor ihn vor allem sein Bruder Joe (Tom Pelphrey) warnt … 

Kritik: 

Herman J. Mankiewicz (1897–1953) war der erste Sohn des in Berlin geborenen und 1892 in die USA ausgewanderten deutsch-jüdischen Ehepaars Frank Mankiewicz und Johanna Blumenau und arbeitete nach dem Studium an der Columbia University und in Berlin als Korrespondent für die Chicago Tribune und die New York Times, bevor er am Broadway als Theaterkritiker tätig wurde und dann nach Hollywood ging, um als Drehbuchautor zu arbeiten. Aus seiner Feder stammten u.a. die Drehbücher zu „Sie nannten ihn Thunderbolt“ (1929), „Der König der Vagabunden“ (1929) und „Die letzten Vier“ (1932). In die Filmgeschichte ging er allerdings als Co-Autor für „Citizen Kane“ ein, wofür er einen Oscar bekam.  
David Fincher, der über zwanzig Jahre alte Drehbuch seines Vaters zusammen mit Eric Roth („Forrest Gump“, „Insider“) noch überarbeitet hatte, erzählt mit „Mank“ aber nicht nur die Geschichte der Entstehung eines Drehbuchs, an dem Orson Welles offenbar keinen Anteil hatte, sondern wirft einen intimen Blick auf das Hollywood der 1930er Jahre. Um die in „Citizen Kane“ thematisierte Abneigung gegen William Randolph Hearst, aber auch gegen die anti-liberalen Tendenzen in Hollywood verständlich zu machen, schweifen Manks Erinnerungen immer wieder in die Vergangenheit ab, in der er beispielsweise mit seinen Drehbuchkollegen Ben Hecht, Charles MacArthur und Charles Lederer dem Studioboss die Idee für einen Film erklären, indem jeder der Autoren die Gedanken seines Vorredner ad hoc weiterführt, bis Mank der hanebüchenen Story noch einen gesellschaftspolitischen Hintergrund verpasst. Er lernt aber auch die von Hearst protegierte Schauspielerin Marion Davies (Amanda Seyfried) kennen, die sich von Manks zynischer und offener Art sehr angetan zeigt. 
„Mank“ erweist sich vor allem für Filmkenner als aufschlussreiches und unterhaltsames Werk. Fincher hat das biografische Drama nicht nur wie „Citizen Kane“ in Schwarzweiß gedreht und dabei durch Kameramann Erik Messerschmidt („Ant-Man“, „Sicario 2“) wunderbare Bilder kreieren lassen, sondern immer wieder direkte Bezüge zu Orson Welles‘ Meisterwerk genommen. Besondere Bedeutung kommt aber auch der Verwicklung zwischen Hollywood und den Medien zu, wie sie bei der Gouverneurswahl deutlich wird, die die Medien ganz bewusst auch durch Fake-News in ihrem Sinne für den republikanischen Kandidaten manipulierten, was erschreckend aktuelle Bezüge zu Trumps Präsidentschaft aufzeigt. Auch wenn „Mank“ vor allem ein Film für Cineasten ist, unterhält er doch auf auch als eine Geschichte über Machtmissbrauch und Manipulation durch die Medien, wobei Gary Oldman („The Dark Knight“, Die dunkelste Stunde“) als trunksüchtige, streitlustige und temperamentvolle Titelfigur alles überragt. 
Aber auch die Nebenfiguren sind wunderbar besetzt und gespielt, und die eindringlichen Bilder und der hypnotische Score von Trent Reznor und Atticus Ross („The Social Network“, „Gone Girl“) tun ihr Übriges, um „Mank“ zu einem echten Filmerlebnis zu machen. 

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