Unsere Seelen bei Nacht
Robert Redford und Jane Fonda haben bereits in „Ein Mann wird gejagt“ (1966), „Barfuß im Park“ (1967) und „Der elektrische Reiter“ (1979) gemeinsam vor der Kamera gestanden. Nach 38 Jahren führte sie die Verfilmung von Kent Harufs Bestseller „Unsere Seelen bei Nacht“ erneut zusammen.
Obwohl sie seit einer Ewigkeit Nachbarn in der Kleinstadt Holt, Colorado, sind, kennen sich Addie Moore (Jane Fonda) und Louis Waters (Robert Redford) kaum. Über die Jahre haben beide ihre Ehepartner verloren und verfolgt, wie ihre Kinder aus dem Haus gehen und ihr eigenes Leben in die Hand nehmen. Eines Abends beschließt Addie, Louis einen Besuch abzustatten und ihm ein ungewöhnliches Angebot zu unterbreiten: Da sie seit Jahren unter Einsamkeit leiden, vor allem in den Nächten, wäre es doch schön, ab und zu gemeinsam die Nächte miteinander zu verbringen. Dabei ginge es natürlich nicht um Sex, sondern darum, gemeinsam ins Bett zu gehen und miteinander zu reden, bis sie einschlafen, denn nachts empfinde Addie das Alleinsein als besonders schlimm. Louis ist nicht gänzlich abgeneigt, bittet allerdings um eine Bedenkzeit.
Letztlich kommt er zu der Überzeugung, es auf einen Versuch ankommen zu lassen. In eine Papiertüte packt er sein Nachtzeug und klopft an die Hintertür von Addies Haus, damit die Nachbarn nicht ins Gerede kommen. Nach etwas holperigem Beginn, bei dem vor allem der zurückhaltende Louis nicht so recht weiß, über was er reden soll, kommen sich Addie und Louis immer näher, bis der ehemalige Lehrer über die Haustür zu Addie gelangt und sie für Sonntagmittag zum Essen in die Stadt einlädt. Natürlich haben die Bewohner von Holt schon früher von der Beziehung zwischen Addie und Louis erfahren. Neben Neid und Missgunst aus der Nachbarschaft bekommen es die beiden schließlich mit Addies Sohn Gene (Matthias Schoenaerts) zu tun, der nicht nur sein Geschäft schließen musste, sondern auch von seiner Frau getrennt lebt, so dass er seinen Sohn Jamie (Iain Armitage) über die Sommerferien bei Addie lässt, damit er wieder auf die Füße fallen kann. Addie und Louis meistern gemeinsam auch diese Situation, doch als Jamie zu seinem Vater zurückkehrt, steht Addie vor einer schwierigen Entscheidung …
Kritik:
Nach seinem englischsprachigen Debüt mit „Vom Ende einer Geschichte“ (2017) bekam der indische Filmemacher Ritesh Batra die wunderbare Möglichkeit, die beiden mehr als würdevoll gealterten Schauspieler Robert Redford und Jane Fonda (die mit 79 Jahren während der Dreharbeiten zwei Jahre jünger als Redford gewesen ist) wieder vor der Kamera zu vereinen. Da reicht auch eine recht simple, spannungsarme Geschichte aus, um den beiden Darstellern alle Möglichkeiten zu bieten, ihr Charisma präsentieren lassen zu können.
„Unsere Seelen bei Nacht“ thematisiert auf angenehm unprätentiöse Weise das Alleinsein im Alter, dem Jane Fondas Addie mutig entgegenwirkt, indem sie ihren Nachbarn, den sie immer für einen „guten Mann“ und als attraktiver als andere Männer in der Nachbarschaft gehalten hat, einlädt, vor allem die Nächte miteinander zu verbringen, in denen die Einsamkeit am stärksten zu spüren sei. Nach dem etwas steifen Auftakt des Kennenlernens am Küchentisch bei einem Glas Wein fassen die beiden schnell Vertrauen zueinander und geben auch unbequeme Geheimnisse preis. So berichtet Addie, wie sie ihre Tochter bei einem Autounfall direkt vor dem Haus verloren hat, wofür sie – wie sich später herausstellt – ihren großen Bruder Gene insgeheim mitverantwortlich gemacht hat und ihm deshalb keine bessere Mutter sein konnte. Louis wiederum hat seine Frau für eine attraktive Indianerin verlassen, was auch Gene bekannt gewesen ist, weshalb sich das Verhältnis zwischen den beiden etwas frostig gestaltet. Doch abgesehen von den Schwierigkeiten, dem Neid und der Missgunst ihrer Nachbarschaft erzählt „Unsere Seelen bei Nacht“ einfach von dem Versuch, als alter Mensch noch einmal einen Gefährten zu finden, bei dem man sich geborgen fühlt und mit dem man über alles reden kann, was einen bewegt. Batra findet dafür die richtige Balance zwischen feinsinnig-melancholischen und humorvollen Tönen, bleibt stets nach bei seinen sympathischen Hauptfiguren und verströmt durchweg eine Feel-good-Stimmung, die durch Elliot Goldenthals luftig-melodischen Score noch untermalt wird.
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