Shape of Water

Wie sehr er das Monströse und Schaurige mit dem Märchenhaften zu verbinden versteht, hat der mexikanische Drehbuchautor, Produzent und Regisseur Guillermo del Toro bereits mit seinen beiden „Hellboy“-Filmen (2004 und 2008) sowie seinem dazwischen inszenierten Fantasy-Kriegs-Drama „Pans Labyrinth“ (2006) und auch in dem Horror-Drama „Crimson Peak“ (2015) unter Beweis gestellt. Mit dem vierfach Oscar-prämierten „Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“ (2017) driftet del Toro noch mehr ins Romantisch-Märchenhafte ab, was er durch ein grandioses Produktionsdesign noch untermauert. 

Inhalt: 

Anfang der 1960er Jahre liefern sich die USA und die Sowjets auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges einen Wettlauf um die Vorherrschaft im All. Nachdem die Russen mit dem Hund Laika bereits ein Lebewesen in den Weltraum befördert haben, wollen die Amerikaner nicht nur nachziehen, sondern möglichst ein menschliches Wesen ins All schicken. Da kommt die Entdeckung eines fabelhaften, als Gott verehrten Wesens (Doug Jones) aus dem Amazonas – halb Mensch, halb Amphibie – gerade recht. Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen bringt der Wissenschaftler Dr. Hoffstetler (Michael Stuhlbarg) das Wesen in das geheime Occam Aerospace Research Center, wo das Wesen von den Wissenschaftlern unter Leitung von General Hoyt (Nick Searcy) und dem rigiden Sicherheitschef Strickland (Michael Shannon) sorgfältig untersucht wird. Nennenswerte Erkenntnisse liefern die Untersuchungen nicht, worauf Strickland die Geduld zu verlieren beginnt und das Wesen mit einem Viehtreiber zu foltern beginnt, nachdem es Strickland zwei Finger abgebissen hatte. Die stumme Putzhilfe Elisa Esposito (Sally Hawkins) erhascht zufällig einen Blick auf das Wesen, als sie die Blutlache aufwischen soll, und ist sofort fasziniert von dem Wesen, was auch von Hoffstetler bemerkt wird, der eigentlich Dimitri heißt und die Sowjets mit Informationen über die Kreatur versorgt. Schließlich beschließen sowohl die Amerikaner als auch die Russen die Tötung des Amphibienwesens, von dem Hoffstetler überzeugt ist, dass es Gefühle zum Ausdruck bringen kann. Elisa, die über einem Kino wohnt und ihre Freizeit mit ihrem homosexuellen Nachbarn, dem geschassten Werbegrafiker und Katzenliebhaber Giles (Richard Jenkins), vor dem Fernseher verbringt, nutzt jede Gelegenheit, während ihrer Arbeitszeit das faszinierende Wesen zu besuchen, es mit Eiern zu füttern und ihm ihre Zuneigung mit Gebärdensprache zu zeigen, wobei ihre Freundin Zelda (Olivia Spencer) ein wachsames Auge über Elisas außerplanmäßigen Aktivitäten hat. Bevor das Wesen getötet werden kann, gelingt es Elisa mit Hilfe von Dr. Hoffstetler, Zelda und Giles, die Kreatur aus dem Labor zu entführen und in Elisas Badewanne zu verstecken. Als das Verschwinden des Wesens entdeckt wird, sieht Strickland seine Karriere in Gefahr und setzt alle Hebel in Bewegung, das mysteriöse Fischwesen wieder in seine Obhut zu bringen … 

Kritik: 

Ähnlich wie in Clive Barkers „Nightbreed“ entlarvt Guillermo del Toro die vermeintlich höher entwickelten Menschen als Monster, während die mit Misstrauen und Furcht begegneten „Monster“ die definitiv feinfühligeren, wohlmeinenden Wesen darstellen. Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges erzählt del Toro vor allem eine ungewöhnliche Liebesgeschichte zweier Außenseiter, für die die Zuschauer sofort Sympathien entwickeln. Hier ist die an sich unbedeutende Putzkraft, die als Kleinkind im Wasser am Flussufer ausgesetzt und so schwer am Hals verletzt wurde, dass sie nicht mehr sprechen kann. Die Waise hat mit ihrem kommunikationsfreudigen Nachbarn Giles und ihrer gutherzigen schwarzen Arbeitskollegin Zelda ihre einzigen Bezugspersonen und fühlt sich sofort zu dem ebenfalls aus der Norm gefallenen Amphibienwesen hingezogen. 
Del Toro entwickelt darüber eine Liebesgeschichte, die über das erwartete rein platonische Niveau weit hinausgeht. Die geschlechtliche Vereinigung wird nur angedeutet, aber Elisa beschreibt ihrer Freundin mit Gebärden, wie das Amphibienwesen sein verstecktes Glied zum Einsatz bringt, und nicht zuletzt sorgt der Umstand, dass die Badewanne, in der Elisa morgens masturbiert, die zwischenzeitliche Heimat für die ungewöhnliche Kreatur wird, für eine weitere intime Verknüpfung. Es ist vor allem Sally Hawkins‘ („Blue Jasmine“, „Happy-Go-Lucky“) eindringlicher Performance zu verdanken, dass die Geschichte so berührend rüberkommt, und auch Doug Jones („Hellboy“, „Mimic“) verleiht dem Amphibienwesen verständliche Gefühlsregungen. Dagegen bleiben die Bösewichter konventionell eindimensional. Michael Shannon („Boardwalk Empire“, „Take Shelter“) darf einmal mehr den zutiefst neurotischen Widerling mimen, wohingegen Michael Stuhlbarg („A Serious Man“, „Call Me By Your Name“) die vielschichtigste Rolle verkörpert, hin und hergerissen zwischen seinem wissenschaftlichen Auftrag und dem Dienst sowohl für die Amerikaner als auch für die Russen. 
Das Produktionsdesign spiegelt den Aufprall unterschiedlicher Welten wunderbar wider. Während Elisas Wohnung in den leuchtenden Farben an Jeunets „Die fabelhafte Welt der Amelie“ erinnert, bleibt die Atmosphäre rund um das Labor in unterkühlten Tönen abgebildet. Die stimmungsvolle Kameraarbeit von Dan Laustsen („Crimson Peak“, „Pakt der Wölfe“) und der einfühlsam melodische Score von Alexandre Desplat („The Grand Budapest Hotel“, „Argo“) runden dieses toll gespielte und wunderbar inszenierte Märchen grandios ab. 

Kommentare

Beliebte Posts