Du und ich

Nachdem der 1890 in Wien geborene Fritz Lang der Filmwelt solche Meisterwerke wie „Dr. Mabuse, der Spieler“ (1922), „Metropolis“ (1927) und „M – Ein Stadt sucht einen Mörder“ (1931) hinterlassen hatte, legte in seinem US-amerikanischen Exil anschließend mit „Blinde Wut“ (1936) und „Gehetzt“ (1937) zwei Filme vor, die auf das Genre des Film noir schon mehr als nur hinweisen sollten. Mit der Hauptdarstellerin beider Filme, Sylvia Sidney, realisierte er auch seinen Einstand bei Paramount, lieferte mit der sozialkritischen Krimi-Komödie „Du und ich“ 1938 aber seinen größten Flop seiner Karriere ab. Dabei ist der experimentelle und genreübergreifende Film durchaus reizvoll. 

Inhalt: 

Jerome Morris (Harry Carey) hat es sich zu wohltätigen Aufgabe gemacht, ehemaligen Strafgefangenen in seinem Kaufhaus „Morris“ eine Chance zu geben, wieder zurück ins Leben und auf den rechten Pfad der Tugend zu finden. Der besondere Clou ist dabei ist, dass ihre Kollegen nichts von ihrer Vergangenheit wissen und sich meist auch untereinander nicht kennen. So kommt es, dass sich der ehemalige Schwerverbrecher Joe Dennis (George Raft) aus der Sportabteilung und die hübsche Helen Roberts (Sylvia Sidney) aus der Textilabteilung ineinander verlieben, was allerdings geheim bleibt. Als Joe die Stadt Richtung Kalifornien mit dem Bus verlassen will, um dem Dunstkreis seiner alten Knastgenossen zu entkommen, bittet Helen ihn, sie zu heiraten. 
Allerdings weiß Joe nicht, dass seine zukünftige Frau ebenfalls im Gefängnis saß und während ihrer Bewährung nicht heiraten darf. Joe zieht in eine Suite neben Helens kleiner Mietwohnung und bekommt allmählich das Gefühl, dass Helen ihm etwas verschweigt, weshalb er sich offen dafür zeigt, mit seinen alten Kumpanen Mickey (Barton MacLane) und seinen Arbeitskollegen Jim (Robert Cummings) und Gimpy (Warren Hymer) einen neuen Raubüberfall zu planen – und zwar auf das „Morris“-Kaufhaus … 

Kritik: 

Dass Paramount ihren Neuzugang Fritz Lang mit allen Freiheiten ausstattete, nutzte der in den USA mit seinen ersten zwei erfolgreich gestarteten Film noirs bereits schnell etablierte Filmemacher, um mit „Du und ich“ eine ungewöhnliche Krimi-Romanze mit sozialkritischen Tönen und Musical-Einlagen zu inszenieren, der im eröffnenden Song mehr als deutlich darauf hinweist, dass alles, wonach einem begehrt, seinen Preis hat. Nach einer Geschichte von Norman Krasna („Blinde Wut“, „Machen wir’s in Liebe“) erzählt Lang von den Nöten einfacher Menschen, die allzu schnell vom rechten Weg abkommen, weil sie sich etwas nehmen, das sie sich nicht leisten können. Dass sich Verbrechen letztlich nicht auszahlt, führt Helen am Ende Joe und seinen Knastkumpels anhand einer aufschlussreichen Überschussrechnung vor Augen. 
Bis zum Happy End begleitet das Publikum das sympathische Ehepaar bis zur überstürzt wirkenden Heirat mit einer ungewöhnlichen Hochzeits-„Reise“ durch internationale Restaurants in der Stadt, bis der vertrauenswürdige, aber auch eifersüchtige und temperamentvolle Joe Zweifel an der Ehrlichkeit seiner Frau bekommt. Nach dem musikalischen Auftakt, für den Kurt Weil verantwortlich zeichnet, ist der nachfolgende Mix aus Gesellschaftsstudie, Romanze, Melodram und Krimi durchaus gewöhnungsbedürftig, aber Lang ist routiniert genug, die gut aufgelegten Darsteller mit geschicktem Einsatz von Licht und Kameraführung temporeich durch eine weitgehend amüsante Geschichte zu hetzen, die eher durch die charmante Sylvia Sidney als durch das Drehbuch getragen wird. 
Lang distanzierte sich zunächst von diesem Werk, das ihn nachfolgend seiner künstlerischen Freiheit beraubte, aber später zählte er ihn zu seinem Lieblingsfilm.  

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