Laura

Kaum ist der in der heutigen Ukraine geborene Otto Preminger 1936 in die USA gegangen, um das Stück „Libel“ am Broadway zu inszenieren, wurde er auch schon von 20th Century Fox unter Vertrag genommen, wo er sich als erster unabhängiger Regisseur und Produzent etablierte. Mit „Laura“ schuf er 1944 gleich einen Klassiker des Film noir. 

Inhalt: 

Nachdem die erfolgreiche Geschäftsfrau Laura Hunt (Gene Tierney) von ihrer Haushälterin Bessy tot in ihrem Apartment aufgefunden wurde, übernimmt Detective Mark McPherson (Dana Andrews) die Ermittlungen zum Mord an der durch einen Kopfschuss mit einer Schrotflinte bis zur Unkenntlichkeit entstellten Frau. Bei der Befragung der Menschen aus Laura Hunts engerem Umfeld erzählt zunächst der prominente Journalist Waldo Lydecker (Clifton Webb), wie er die ebenso junge wie attraktive Frau in einem Restaurant kennenlernte, wo er sich alles andere als Gentleman-like präsentierte und sich kurz darauf in ihrer Werbefirma bei ihr mit einer Einladung zum Abendessen entschuldigte. 
Während Lydecker immer mehr Zeit mit Laura verbringt, fördert er ihren beruflichen Aufstieg, indem er sie mit wichtigen Leuten zusammenbringt, doch als Laura anfängt, immer wieder ihre regelmäßig vereinbarten gemeinsamen Abende abzusagen, stellt Lydecker ihr nach und entdeckt, dass sie sich mit dem Portraitmaler Jacoby (John Dexter) trifft. Mit einer bissigen Kolumne über dessen vermeintliches Talent und schmieriges Auftreten beendet Lydecker jeden Anflug einer Affäre zwischen den beiden. Doch wenig später taucht schon der nächste Mann in Lauras Leben auf, der mittellose Playboy Shelby Carpenter (Vincent Price), den Laura sogar zu heiraten beabsichtigt. Wieder versucht der eifersüchtige Lydecker, einen Keil zwischen seiner geliebten Laura und ihrem Verehrer zu treiben. Immerhin sät er soviel Zweifel, dass sie über ein langes Wochenende allein aufs Land fahren will, um ihre Heiratsentscheidung zu überdenken. Carpenter macht sich für McPherson durch mehrere Falschaussagen besonders verdächtig, zumal er sich auch mit Lauras wohlhabender Tante Ann Tredwell (Judith Anderson) getroffen hat, die mehr als nur freundschaftliche Gefühle für Shelby Carpenter entwickelte. 
McPherson kann sehr gut nachempfinden, wie Laura Hunt reihenweise den Kopf verdrehte. Er selbst ist so von Lauras Portrait in ihrer Wohnung fasziniert, dass er mehr Zeit als notwendig in der Wohnung der Toten verbringt … 

Kritik: 

Eigentlich sollte Otto Preminger die Adaption von Vera Casparys Roman „Laura“ nur produzieren, da Studioboss Darryl F. Zanuck Preminger für einen besseren Produzenten als Regisseur hielt. Doch da der ursprüngliche Regisseur Rouben Mamoulian („Im Zeichen des Zorro“) nach Meinungsverschiedenheiten mit Preminger nach drei Wochen das Handtuch schmiss, übernahm Preminger doch die Regie, musste sich aber nach wie vor mit Zanuck auseinandersetzen. 
Dem fertigen Film merkt man die schwierige Produktionsgeschichte jedoch nicht an. Die Hauptperson wird mit schwärmerischen Beschreibungen durch den kultivierten wie zynischen Kolumnisten Lydecker vorgestellt, doch verschwindet seine Rolle des Erzählers zunehmend im Verlauf der Handlung, nachdem er die Titelheldin in seinen Erinnerungen im Rückblick für den Zuschauer lebendig werden ließ, bevor die Ermittlungen von McPherson den Mittelpunkt der Geschichte bilden. 
Sowohl in Lydeckers bewundernden Schilderungen als auch durch das eindrucksvolle Portrait in der Wohnung der Toten wird Laura als verführerische Frau mit natürlichem Charme vorgestellt, die sowohl von ihren Verehrern als auch Konkurrentinnen ermordet hätte werden können. 
Preminger inszenierte „Laura“ aber nicht als klassischen Whodunit-Krimi, sondern als romantisches Liebesgedicht, das von hervorragenden, sich einander wunderbar ergänzenden Darstellern getragen wird. Während die in den 1940er Jahren als eine der schönsten Frauen Hollywoods gehandelte Gene Tierney („Rache für Jesse James“, „Ein Gespenst auf Freiersfüßen“) der anziehende und verführerische Star in „Laura“ ist, sorgt das angespannte Verhältnis zwischen dem nüchternen Detective, dem eitlen Playboy und dem zynischen Kolumnisten für die eigentliche Spannung in dem Drama, das mit einer überraschenden Wendung auf die Zielgerade geht. 
Die Oscar-prämierte Kameraarbeit von Joseph LaShelle („Das Appartement“, „Der Glückspilz“) ist für einen Film noir ungewöhnlich hell ausgefallen, unterstreicht aber den traumhaften Charakter des Films, der durch McPhersons Faszination für Lauras Portrait noch verstärkt wird. Dazu hat David Raksin („Rache ohne Gnade“, „Frau in Weiß“) einen wunderbaren Score kreiert, der durch seine berühmte Titelmelodie lange nachklingt.  

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