Das düstere Haus

Neben den berühmt gewordenen Adaptionen klassischer Gruselstoffe wie „Dracula“, „Frankenstein“, „Dr. Jekyll & Mr. Hyde“ oder „Die Mumie“ hat die Londoner Produktionsfirma Hammer Films auch Science-Fiction-Stoffe, Krimis und Psychothriller inszeniert, auch wenn diese weithin weniger bekannt wurden als die in Reihe gedrehten Neuverfilmungen berühmter Klassiker. So entstand 1964 mit „Das düstere Haus“ ein Psycho-Thriller, der der alten Hollywood-Dame Tallulah Bankhead („Das Rettungsboot“, „Skandal bei Hofe“) ein letztes Mal Gelegenheit bot, ihre darstellerischen Qualitäten noch einmal voll auszureizen. An ihrer Seite überzeugt die junge Stefanie Powers in einem ihrer ersten Kinofilme. 

Inhalt: 

Als die junge US-Amerikanerin Patricia Carroll (Stefanie Powers) nach London reist, um dort ihren beim britischen Fernsehen arbeitenden Verlobten Alan Glentower (Maurice Kaufmann) zu heiraten, will sie die Gelegenheit nutzen, der Mutter ihres früheren Verlobten Stephen, Mrs. Trefoile (Tallulah Bankhead) einen Besuch abzustatten. Schließlich hatten die beiden Frauen noch keine Gelegenheit, sich kennenzulernen, bis Stephen bei einem Autounfall ums Leben kam. Während Alan noch im Sender zu tun hat, fährt Patricia mit dem Wagen aufs Land, wo sie voraussichtlich über Nacht bleiben wird. Mrs. Trefoile lebt auf einem abgeschieden gelegenen Anwesen und scheint sich sehr über den Besuch ihrer Fast-Schwiegertochter zu freuen. Doch Patricia merkt schnell, dass ihre Gastgeberin von einem religiösen Wahn getrieben wird, der auch sie in Mitleidenschaft geraten lässt. Bevor ungewürzte Speisen zu Tisch gereicht werden, muss Patricia zusammen mit dem Haushälter-Ehepaar Harry (Peter Vaughn) und Anna (Yootha Joyce) sowie dem geistig gehandicapten Joseph (Donald Sutherland) eine stundenlange Bibel-Lesung über sich ergehen lassen, beim wenig reizvollen Essen wird sie dazu aufgefordert, ihren roten Lippenstift abzuwischen. 
Schließlich muss Patricia ihre herrische Gastgeberin am kommenden Morgen zur Messe begleiten und wird in ein Zimmer unter dem Dachboden eingesperrt. Nun setzt Mrs. Trefoile alles daran, die Seele der „verdorbenen“ Patricia zu reinigen. Als sie aber erfährt, dass Patricia keine Jungfrau mehr sei, Stephen gar nicht heiraten wollte und Stephen nicht verunglückt sei, sondern Selbstmord begangen habe, brennen bei Mrs. Trefoile sämtliche Sicherungen durch … 

Kritik: 

Mit „Das düstere Haus“ inszenierte der zuvor nur für das Fernsehen arbeitende Regisseur Silvio Narizzano („Die größten Gauner weit und breit“, „Blutrausch“) nach einem Roman von Anne Blaisdell und einem Drehbuch von Richard Matheson („I Am Legend“, „Duell“) seinen ersten und einzigen Beitrag für Hammer, wobei er sich zwar an Großmeister Alfred Hitchcock orientierte, aber kaum dessen Fertigkeit für dramaturgische Spannung zum Ausdruck brachte. Immerhin: 20 Jahre, nachdem Tallulah Bankhead (1902-1968) die Hauptrolle in Hitchcocks nicht ganz so bekannten Krimi-Drama „Das Rettunsgboot“ verkörperte, zieht sie in „Die! Die! My Darling!“ noch einmal alle Register ihres Könnens, wechselt überzeugend von der Rolle der fürsorglichen Beinahe-Schwiegermutter zur verzweifelt traurigen Mutter zur überfrommen Bibel-Adeptin zur mörderischen Furie. 
Während Ausstattung und Inszenierung kaum über TV-Niveau hinauskommen, bieten sich Bankhead und die reizende Stefanie Powers („Hart aber herzlich“, „Dancer für U.N.C.L.E.“) ein packendes Psycho-Duell in der Abgeschiedenheit eines einsamen Landhauses, in dem ihre verwandten Angestellten Harry und Anna den Psycho-Terror ihrer Herrin nur deshalb ertragen, weil sie eines Tages auf das Erbe der alten, verrückten Dame hoffen. 
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Darstellung des jungen Donald Sutherland („Wenn die Gondeln Trauer tragen“, „Die Körperfresser kommen“) als geistig eingeschränkter Gehilfe. Seine Spannung bezieht der Film aber einzig aus der Konfrontation zwischen der im religiösen Wahn gefesselten Hausherrin und der modernen und gutmütigen Verlobten ihres verstorbenen Sohnes. Wie Pat anfangs noch verständnisvoll auf die skurrilen Anwandlungen ihrer Gastgeberin reagiert und dann immer mehr in die Enge getrieben, eingesperrt und gefoltert wird, bis auch sie sich mit Händen und Füßen zur Wehr setzen muss, ist durchaus sehenswert inszeniert, wobei sich der Plot etwas in die Länge zieht und erst zum vorhersehbaren Finale wieder an Tempo gewinnt. 
„Das düstere Haus“ ist sicher kein Klassiker unter den Hammer-Produktionen und auch nicht wirklich originell, aber aufgrund der Darsteller-Leistungen noch oberes Mittelmaß.  

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