Die 1000 Augen des Dr. Mabuse

Mit „Dr. Mabuse, der Spieler“ (1922) und dem eine Dekade später erschienenen Sequel „Das Testament des Dr. Mabuse“ (1933) schuf Fritz Lang nicht nur frühe Meisterwerke des Krimi-Genres und den Prototypen des genialen Superschurken, sondern legte damit auch den Grundstein für seine zwanzigjährige Hollywood-Karriere, während der er eindrückliche Film noirs wie „Straße der Versuchung“, „Gefährliche Begegnung“ und „Heißes Eisen“ inszenierte. Mit seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 1957 verblasste sein Ruhm aber zusehends. Nach dem zweiteiligen Remake des exotischen Abenteuers „Das indische Grabmal“ präsentierte Lang 1960 mit „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ ein ebenso uninspiriertes wie unnötige Sequel seiner „Dr. Mabuse“-Erfolge, setzte damit aber den Startpunkt für weitere Sequels. 

Inhalt: 

Der Fernsehjournalist Peter Barter hat für seine um 20:00 Uhr angesetzte Sendung „Aktuelles vom Tage“ gerade telefonisch einen Knüller angekündigt, da wird er in seinem Wagen aus einem benachbarten Fahrzeug von einem Berufskiller (Howard Vernon) durchs offene Seitenfenster mit einem Stahlnadelgewehr getötet. Während später als Todesursache zunächst ein Herzinfarkt diagnostiziert wird, hat Kriminalkommissar Jochen Kras (Gert Fröbe) vom Mordbereitschaftsdienst der Polizei zur Tatzeit einen Anruf des blinden Hellsehers Peter Cornelius (Wolfgang Preiss) mit Hinweisen auf den Mord erhalten. Mit der Entdeckung des Stahlnadelgeschosses werden BKA und Interpol in die Ermittlungen eingeschaltet. Es werden Erinnerungen an den 1933 im Irrenhaus verstorbenen Superverbrecher Dr. Mabuse wach und Verbindungen zu mehreren Verbrechen gezogen, die im Hotel Luxor ihren Ausgangspunkt genommen haben. 
Dort will sich die attraktive Marion Menil (Dawn Addams) sich gerade von einem Fenstervorsprung aus in den Tod stürzen, doch der US-amerikanische Milliardär Henry B. Travers (Peter van Eyck) kann die junge Frau dazu überreden, zu ihm ins Zimmer zu steigen, wo sie nach ihrem Psychiater, Prof. Dr. S. Jordan (ebenfalls Wolfgang Preiss), schicken lässt. Marion erzählt Travers, dass sie von ihrem klumpfüßigen Ehemann terrorisiert wird. Was Travers allerdings nicht weiß: Marion ist unter Hypnose gesetzt worden, um als Lockvogel den Kontakt zu Travers herzustellen, der mit Kernspaltung zu tun hat und dafür für die Organisation von Dr. Mabuse interessant geworden ist. Bei seinen Ermittlungen erfährt Kras, dass Marion Menil kurz vor Barters Ermordung Kontakt mit dem Journalisten im Hotel Luxor hatte, doch sei sie nicht an einem Interview interessiert gewesen. Kras verhört auch den Versicherungsvertreter Hieronymus B. Mistelzweig (Werner Peters), der im Luxor seinen Geschäften nachgeht und einiges mitbekommen hat. Dann werden auch Anschläge auf das Leben des Kriminalkommissars verübt… 

Kritik: 

Fritz Lang hatte schon mit seinen beiden Indien-Filmen „Der Tiger von Eschnapur“ und „Das indische Grabmal“ (1959) den Tiefpunkt seiner künstlerischen Inspiration erreicht und sich ganz auf die exotischen Dekors und weniger auf die Figuren und Handlung fokussiert. Mit dem von ihm selbst und Heinz Oskar Wuttig („Kriegsgericht“, „Du bist wunderbar“) verfassten Drehbuch zur Fortsetzung seiner „Dr. Mabuse“-Filme aus der Zeit der Weimarer Republik knüpft er allerdings nur lose an deren Thematik an. Geblieben ist der populäre Name des Superschurken und die dazugehörige Organisation, die mit modernen Waffen und einem umfassenden Überwachungs- und Kommunikationssystem ausgestattet ist. 
Die kriminellen Operationen sind allerdings recht unübersichtlich inszeniert und werden nur unzureichend durch die aufkeimende Romanze zwischen dem Milliardär und der in ihrer Ehe unglücklichen Marion aufgelockert. Die Haupthandlung spielt sich im Spannungsfeld zwischen dem aus Irland stammenden und seit einem Jahr in Berlin lebenden blinden Hellseher Cornelius, dem undurchsichtigen Psychiater, dem agilen Versicherungsmakler und dem Kommissar ab, wobei die Überwachungs-Thematik zusammen mit der Kernspaltung bereits auf die James-Bond-Filme hinweist, die 1962 ihren Siegeszug antreten sollte. 
Da können „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ und noch weniger die nachfolgenden Sequels „Im Stahlnetz des Dr. Mabuse“ (1961), „Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse“ (1962), „Scotland Yard jagt Dr. Mabuse“ (1963) und „Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse“ (1964) qualitativ kaum mithalten. Gert Fröbe, der in diesen Sequels die Rolle von Kommissar Lohmann verkörpert, der wiederum in Langs ersten „Dr. Mabuse“-Filmen dem Superschurken das Handwerk zu legen versuchte, und Wolfgang Preiss liefern hier noch die denkwürdigsten Darstellungen ab, ansonsten ist es auch eher die düstere Atmosphäre, die „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ auszeichnet.  

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