Dr. T and the Women

Anfang der 1990er Jahre feierte New-Hollywood-Wegbereiter Robert Altman („M.A.S.H“, „Spiegelbilder“, „Nashville“) mit Meisterwerken wie „The Player“, „Short Cuts“ und „Prêt-à-Porter“ ein imponierendes Comeback, doch danach ging dem renommierten Filmemacher, bei dem auf einmal die Stars wie bei keinem anderen Regisseur Schlange standen, um in einem seiner Werke mitzuwirken, merklich die Puste aus. Nach dem musikalischen Krimi-Drama „Kansas City“ (1996), der lauen Grisham-Verfilmung „The Gingerbread Man“ (1998) und dem Comedy-Drama „Cookie’s Fortune“ (1999) bekleckerte sich Altman auch in der aufgekratzten Gesellschaftssatire „Dr. T and the Women“ (2000) nicht mit Ruhm. 
Inhalt: 
Der attraktive Gynäkologe Dr. Travis (Richard Gere), von allen Dr. T genannt, führt eine gutgehende Privat-Praxis, in der er nicht nur mehr als nur eine Handvoll Mitarbeiterinnen beschäftigt, sondern in dessen Wartezimmer sich die ungeduldigen Patientinnen fast schon aufeinanderstapeln. Meistens bewahrt Dr. T die Ruhe, doch die bevorstehende Hochzeit seiner Tochter Dee Dee (Kate Hudson) und die psychischen Probleme seiner Frau Kate (Farrah Fawcett) setzen ihm doch sehr zu. Als seine Schwester Peggy (Laura Dern) mit Dee Dee und seiner anderen Tochter Connie (Tara Reid) bei Tiffany’s eine Hochzeitsliste abgeben will, zieht sich Kate nackt aus und genießt die Erfrischung im Springbrunnen des Einkaufszentrum. Dr. T bleibt nichts anderes übrig, als Kate in eine psychiatrische Anstalt einzuweisen, wo bei ihr der seltene Hestia-Komplex diagnostiziert wird, der bei wohlhabenden Frauen auftritt, die alles besitzen, was sie sich nur wünschen, und auch von abgöttischer Liebe umgeben sind. Bei Kate hat das zur Folge, dass sie sich wieder zu einem vorpubertären Zustand zurückentwickelt und ihren Mann nur noch als Bruder erkennt. Als der Gynäkologe mit seinen beiden Freunden beim Golfen Entspannung sucht, lernt er die ehemalige Profi-Golferin Bree (Helen Hunt) kennen, in die er sich verliebt. Doch nebenher löst sich sein Leben allmählich in Wohlgefallen auf, als ihm Connie mitteilt, dass Dee Dee eigentlich in ihre Brautjungfer Marylin (Liv Tyler) verliebt sei und die Hochzeit deshalb abgeblasen werden müsse… 

Kritik: 

Die Frage muss erlaubt sein, ob Robert Altman das Drehbuch zu „Dr. T and the Women“ auch verfilmt hätte, wenn es nicht von seiner Lebensgefährtin Anne Rapp stammen würde, die bereits die Storys für Altmans „Gun – Kaliber 45“-Folge „All the President’s Women“ (1997) und seinen darauf folgenden Spielfilm „Cookie’s Fortune“ (1999) geliefert hatte. Zwar thematisiert „Dr. T and the Women“ einmal mehr die Oberflächlichkeit in der High Society, doch mangelt dieser Produktion merklich an Esprit und gelungen gezeichneten Figuren. 
Schon das zu Beginn inszenierte Gewimmel an der hochfrequentierten Anmeldung in Dr. Ts Praxis mit dem untrennbar damit verbundenen Wartebereich lässt den beißenden Humor vermissen, der noch Altmans Meisterwerke „The Player“ und „Short Cuts“ ausgezeichnet hat. Richard Gere („Atemlos“, „Ein Mann für gewisse Stunden“) ist natürlich eine Idealbesetzung für die Rolle des attraktiven wie verständnisvollen Gynäkologen, von dem sich alle Frauen behandeln lassen wollen, doch muss Gere dabei wenig mehr tun als charmant zu lächeln und wohlmeinende Ratschläge zu geben. 
Ohnehin stehen mehr die unzähligen Frauen in seinem Leben im Vordergrund, vor allem seine Schwester und die beiden Töchter, aber auch seine Frau und seine Geliebte. Dazu kommen noch die überambitionierte Sprechstundenhilfe Carolyn (Shelley Long) und die neurotischen, einsamen und liebestollen Patientinnen. Die Verwicklungen und Turbulenzen im Anmeldebereich der Praxis, aber auch bei Tiffany’s wirken einfach nur hektisch und nervtötend, zumal keine einzige der Frauen an Profil gewinnt. Es scheint, als würden Rapp und Altman nur die übertriebene Hysterie ihrer weiblichen Figuren zu betonen, doch damit lässt sich kaum ein zweistündiger Spielfilm gehaltvoll füllen. 
Weder wird die kurz angerissene lesbische Liaison zwischen Dee Dee und Marylin noch Dr. Ts Affäre mit Bree tiefer ausgeleuchtet, so dass „Dr. T and the Women“ erschreckend oberflächlich bleibt. Das plumpe Finale setzt dem Ganzen noch die Krone auf.  

Kommentare

Beliebte Posts