Licorice Pizza

Nach seinem Debüt mit „Last Exit Reno“ (1996) avancierte Paul Thomas Anderson mit seinen nachfolgenden Filmen „Boogie Nights“, „Magnolia“ und „Punch-Drunk Love“ zum Kritiker-Liebling. Zwar unterstrich Anderson mit „There Will Be Blood“ und „The Master“ sein filmisches Können, verlor aber seine sympathische Leichtigkeit. Sein neues Werk „Licorice Pizza“ kehrt endlich wieder zu den gefühlvollen Wurzeln seiner Anfangswerke und in die 1970er Jahre zurück. 
Inhalt: 
Das San Fernando Valley von Los Angeles im Jahr 1973. Der 15-jährige Gary Valentine (Cooper Hoffman) ist gerade auf dem Weg, ein Portrait von sich für das High-School-Jahrbuch fotografieren zu lassen, als er sich auf den ersten Blick in die Foto-Assistentin Alana Kane (Alana Haim) verliebt. Obwohl Alana zehn Jahre älter ist, lässt er sich nicht davon abbringen, sie zum Abendessen in seinem Stammrestaurant einzuladen. Als sie ihn danach fragt, wie er das denn bezahlen will, verweist der zwar picklige und etwas füllige, aber sehr selbstbewusste Teenager auf seine eigene Werbe-Firma und seine Tätigkeit als Kinderdarsteller. Alana nimmt die Einladung an, betont aber, dass es sich schon aufgrund des Altersunterschieds um kein Date handeln wird. Tatsächlich genießt nicht nur Gary das Essen mit seinem Schwarm, denn Alana begleitet den Teenager kurz darauf als Anstandsdame und Ersatz für seine verhinderte Mutter zu einer Fernsehshow nach New York, wo sie sich allerdings in Garys älteren Kollegen Lance (Skyler Gisondo) verliebt. Doch Gary gibt nicht auf und schleust Alana sogar in Hollywood ein. So lernt sie den alternden Schauspieler Jack Holden (Sean Penn) kennen und gründet mit Gary ein Geschäft für Wasserbetten. Zu ihren Kunden zählt auch der exzentrische Star-Frisör und Barbra-Streisand-Lover Jon Peters (Bradley Cooper), doch die durch das Öl-Embargo hervorgerufene Benzin-Knappheit lässt die Auslieferung des Bettes zum Abenteuer werden… 

Kritik: 

Nachdem Quentin Tarantino bereits mit „Once Upon a Time… in Hollywood“ einen nostalgischen Abstecher in das San Fernando Valley der 1970er Jahre unternommen hatte, legt nun auch Paul Thomas Anderson mit „Licorice Pizza“ nach, wobei das Showgeschäft in Hollywood hier nur eine untergeordnete Rolle spielt. Anderson stellt nämlich ganz klar die ungewöhnliche Romanze/Freundschaft zwischen Gary und der zehn Jahre älteren Alana in den Mittelpunkt. 
Interessant ist dabei zunächst, dass Gary in jeder Hinsicht die Fahrtrichtung angibt. Das beginnt mit der Einladung zum Essen und führt über weitere Verabredungen und Alanas Einführung in das Filmgeschäft bis zum gemeinsamen Verkauf von Wasserbetten. Alana lebt dagegen mit Mitte Zwanzig noch bei ihren Eltern und weiß überhaupt nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Sie lässt sich aber bereitwillig auf nahezu alles ein, was Gary in die Wege leitet, setzt sich zum abenteuerlustigen Schauspieler Holden aufs Motorrad und heuert als freiwillige Mitarbeiterin bei Stadtrat Joel Wachs (Benny Safdie) an, was sich jedoch jeweils schnell als Sackgasse entpuppt. 
So haben Gary und Alana zwar irgendwie immer miteinander zu tun, suchen aber die letztlich unbefriedigenden Flirts mit anderen. Anderson lässt bei diesem munteren Geplänkel immer wieder das Lokal- und Zeitkolorit einfließen, was sich nicht nur im tollen Soundtrack niederschlägt, sondern auch in der Art, wie sich die Öl-Krise, der Sexismus und die Homophobie auf den Alltag der Menschen niederschlägt. Mit Cooper Hoffman, Sohn des langjährigen, 2014 verstorbenen Anderson-Stammdarstellers Philip Seymour Hoffman, und Alana Haim, für deren Band Haim Anderson seit 2017 bereits etliche Musikvideos gedreht hat, hat der Filmemacher zwei unverbrauchte, absolut sympathische und glaubwürdige Hauptdarsteller gefunden, die den Film quasi allein auf ihren Schultern tragen. 
Anderson führt das ungleiche Paar durch ganz unterschiedliche Episoden dieser Ära, bis sie am Ende erkennen, worauf es in ihrem Leben ankommt. Auf die titelgebende Lakritz-Pizza muss der Zuschauer allerdings vergeblich warten. Für Anderson sollte der Filmtitel nur die Atmosphäre jener Zeit einfangen. Das ist ihm hervorragend gelungen.  

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