Der Teufel und die zehn Gebote

Auch wenn Julien Duvivier (1896-1967) heutzutage nicht mehr den Stellenwert innehat, den seine nach wie vor berühmten Kollegen des französischen Kinos – Claude Chabrol, Jacques Rivette, François Truffaut, Jean-Luc Godard, Eric Rohmer, Louis Malle u.a. – auch international präsentieren, prägte er doch schon seit den 1920er Jahren das Kino in Frankreich und schuf schon in den 1930er Jahren bemerkenswerte Filme wie „Der Golem“, „Spiel der Erinnerung“, „Lebensabend“, bevor seine Don-Camillo-Filme mit Fernandel auch hierzulande ein Publikum fanden. 1962 vereinte Duvivier in dem leicht moralisierenden Episodenfilm „Der Teufel und die zehn Gebote“ die Crème de la crème des französischen Kinos vor der Kamera. 

Inhalt: 

In einem kleinen Nonnenkloster sorgt Jérôme Chambard (Michel Simon) als Faktotum dafür, dass die Dinge des Alltags ihren geregelten Gang nehmen, doch sein loses, bei jeder kleinsten Gelegenheit fluchendes Mundwerk, das auch vor Gotteslästerungen keinen Halt macht, sorgt bei Mutter Oberin (Claude Nollier) für wachsenden Unmut, so dass sie ihn entlassen will. Schließlich hat der Bischof seinen Besuch angesagt. Gerade als Jérôme seine Sachen packen will, begegnet er dem Bischof bei seiner Ankunft und erkennt ihn ihm seinen alten Schulkumpel Troussemier (Lucien Baroux), der Jérôme einlädt, mit ihm beim Essen in alten Erinnerungen zu schwelgen. Das sorgt bei den Nonnen für einiges Amüsement, doch fällt dem Bischof ebenfalls auf, dass sein alter Freund den Namen des Herrn zu oft in unangebrachter Weise verwendet. Also trägt er ihm als Buße auf, die zehn Gebote auswendig zu lernen. Ein paar Tage später würde er ihn entsprechend abfragen. Da mischt sich der Teufel in Gestalt einer Schlange ein und versucht in sechs Erzählungen, die größere Attraktivität seiner Prinzipien zu beweisen. 
Um an ein kostbares, 300.000 neue Francs teures Brillantcollier zu kommen, ein ebenso edles wie qualitativ ungewöhnliches Unikat, betrügt die wenig betuchte Françoise Beaufort (Françoise Arnoul) ihren deutlich älteren Mann Georges (Claude Dauphin), einen notorisch erfolglosen Dramatiker, mit dem smarten und attraktiven, jungen Amerikaner Philip Allan (Mel Ferrer). Pikanterweise ist er der Gatte von Françoises Freundin Micheline (Micheline Presle), für die Philip die Halskette gekauft hatte… 
Die Schwester des angehenden Priesters Denis Mayeux (Charles Aznavour), Catherine, begeht aus Verzweiflung Selbstmord. Schuld daran trägt der Zuhälter Garigny (Lino Ventura), ein mieses Subjekt und übler Verbrecher, der sie einst zur Prostitution verleitete. Denis, der Catherines Abschiedsbrief erhalten hat, in dem sie Garigny als Schuldigen für ihr Elend bezichtigt, will auf seine Gelübde verzichten, um seine Schwester zu rächen, indem er Garigny der Polizei zuführt. Er soll sein Leben lang einsitzen, so plant es der Seminarist. Doch was, wenn Garigny bereits nach wenigen Monaten Gefängnis wieder in Freiheit kommt? Denis weiß, dass er für das Gelingen seines Plans den höchsten Einsatz geben muss: das eigene Leben… 
Ein kauziger alter Mann (Fernandel), der von sich behauptet, dass er Gott sei, taucht eines Tages im Spätwinter auf einem abgelegenen Bauernhof in der Auvergne auf. Dort vollbringt er angeblich ein Wunder, nämlich die Heilung des auf den Rollstuhl angewiesenen Großvaters Auguste, der allerdings seine Lähmung nur simuliert. Außerdem sorgt er dafür, dass die alte Großmutter, die unter starken Schmerzen leidet, von ihrer Qual erlöst wird. „Gott“ verlässt anschließend die Stätte wieder, nachdem die bettlägerige Oma für immer ihre Augen geschlossen hat… Der noch sehr junge Student Pierre (Alain Delon) wohnt an der Küste der Normandie mit seinen Eltern, Germaine (Madeleine Robinson) und Marcel Messager (Georges Wilson), in der familieneigenen Pension mit angeschlossenem Restaurant. Er möchte der Enge der Provinz und des Elternhauses entfliehen, auch weil er der ewigen Nörgelei der mürrischen Mutter überdrüssig ist und auch die Lethargie und Passivität des Vaters nicht mehr verstehen kann. Als Pierre sich mal wieder bei seinem Vater über seine quengelige Mutter beklagt, verrät Marcel Pierre, dass Germaine, die ihn großgezogen hat, nicht seine leibliche Mutter sei, sondern vielmehr die vornehme Clarisse Ardant (Danielle Darrieux), eine berühmte Schauspielerin in der Großstadt. Von Neugier getrieben, geht Pierre heimlich nach Paris und besucht dort die elegante Grande Dame im Theater, wo Clarisse gerade am Théâtre Sarah Bernhardt in William Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“ auftritt. Als Clarisse Pierre sieht, glaubt sie, dass es sich bei dem jungen Mann lediglich um einen weiteren Bewunderer handelt und schenkt ihm zunächst wenig Beachtung. Sie lässt sich auf einen Flirt mit dem jugendlichen „Fan“ gern ein, ist aber vollständig überrascht, als Pierre Clarisse seine wahre Identität verrät… 
Der junge, nonchalante Kassierer Didier Marin (Jean-Claude Brialy) wird wegen einer Nachlässigkeit von seinem Chef, dem Bankdirektor, gefeuert. Kurz bevor Didier seinen Schalter räumt, taucht vor ihm ein Räuber auf, dem Didier mit einem freundlichen Lächeln das Geld aus der von ihm zuletzt betreuten Kasse aushändigt. Der Räuber, der als „Argumentationshilfe“ eine Pistole mitgebracht hat, packt alle Geldbündel seelenruhig in einen mitgebrachten, kleinen Koffer. Als die Polizei Didier befragt, gibt dieser den Beamten eine vollkommen falsche Beschreibung des Mannes. Didier findet schnell den Namen des Bankräubers, ein gewisser Antoine Vaillant (Louis de Funès), heraus. Mit einem Trick lockt Didier Antoine aus seiner Wohnung. In Antoines Abwesenheit dringt der gefeuerte Ex-Kassierer in dessen Wohnung ein und holt sich den Handkoffer mit dem geraubten Geld kurzerhand zurück. Es kommt zu einer unangenehmen Begegnung der beiden Langfinger, als der Polizeiinspektor Didier auf der Wache einige Verdächtige gegenüberstellt, darunter auch der sich ängstlich wegduckende Vaillant. Als der bei Didier seinen Koffer sieht, glaubt der Kleingangster seinen Augen nicht zu trauen. Didier weiß, wie viel auf dem Spiel steht und verrät Antoine nicht, da er durch dessen Verhaftung infolgedessen selbst verhaftet werden würde… 

Kritik: 

Julien Duvivier gilt als Erfinder des Filmgenres des Episodenfilms und bietet in „Der Teufel und die zehn Gebote“ neben Hollywood-Star Mel Ferrer eine ganze Schar renommierter und teilweise noch sehr junger Stars des französischen Kinos wie Charles Aznavour, Jean-Claude Brialy, Alain Delon, Fernandel, Louis de Funès, Mireille Darc, Michel Simon und Lino Ventura auf und lässt diese in qualitativ recht unterschiedlichen Geschichten spielen. Eingerahmt von der Begegnung des Bischofs mit seinem alten Schulfreund, dem er aufträgt, die zehn Gebote auswendig zu lernen, und dem Auftauchen des Teufels in Schlangengestalt werden Gebote wie „Du sollst nicht töten“, „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“ und „Du sollst nicht stehlen“ in teils humorvollen, teils dramatischen Geschichten thematisiert, ohne aber wirklich den moralisierenden Zeigefinger zu erheben. Das führt allerdings auch dazu, dass sich das Publikum zwar an den vertrauten Gesichtern jeder Episode erfreuen darf, doch hallt die Essenz der einzelnen Episoden kaum nach, so unspektakulär reiht sich eine Geschichte an die nächste. 

Kommentare

Beliebte Posts