DogMan
Mit Filmen wie „Subway“, „Im Rausch der Tiefe“, „Nikita“, „Das fünfte Element“ und „Léon – Der Profi“ avancierte Luc Besson seit Mitte der 1980er Jahre zu Superstar des französischen Kinos, bevor er sich als Produzent von Action-Highlights wie „The Transporter“ und „96 Hours“ einen Namen machte. Bessons letzten Regie-Arbeiten wie „Lucy“, „Valerian“ und „Anna: Die Agentin“ boten zwar noch kurzweilige Unterhaltung, erreichten aber nicht mehr die ikonische Klasse seiner Frühwerke. Im vergangenen Jahr zeigte der Franzose mit dem vielschichtigen und genreübergreifenden Thriller-Drama „DogMan“ jedoch, dass er nach wie vor ungewöhnliche Geschichten zu schreiben und zu inszenieren versteht.
Inhalt:
Als Kind litt Doug (Caleb Landry Jones) so sehr unter seinem brutalen Vater (Clemens Schick) und seinem fundamentalistischen, grausamen großen Bruder (Adam Speers), dass er von seinem wütenden Vater in den Käfig mit den Hunden gesperrt wurde und bei einer Auseinandersetzung mit dem Hausherrn eine Kugel in die Wirbelsäule bekam und seither querschnittsgelähmt ist. Diese Episode und viele weitere offenbart Doug der Polizeipsychologin (Jojo T. Gibbs), nachdem er in einem Marilyn-Monroe-Kostüm am Steuer eines Lastwagens in eine Polizeikontrolle kam und aufs Revier gebracht wurde, wo man Doug nicht recht einordnen konnte.
Doug erzählt davon, wie die für Hundekämpfe hungernden Vierbeiner seine Freunde wurden, die nur den einen Fehler hätten, Menschen zu vertrauen. Im Rollstuhl führt er ganz allein ein Heim für ausgesetzte Hunde, vermittelt sie als Begleiter und Personenschutz. Da die öffentlichen Mittel zur Finanzierung des Heims nicht ausreichen, richtet Doug die Hunde zu Dieben ab, die nachts in Villen einsteigen und Schmuck und Wertgegenstände mitgehen lassen. Beruflich versuchte sich Doug, auch als Schauspieler zu etablieren, doch ging seine Lehrerin, in die er sich verliebt hat, irgendwann an den Broadway, während er selbst freitags in einer Drag-Show auftrat.
Als Doug einer Nachbarin beistehen will, die unter steigenden Schutzgeldern des Gangsters El Verdugo (John Charles Aguilar) leidet, bringt sich Doug allerdings in echte Schwierigkeiten…
Kritik:
Luc Bessons besten Filme punkteten vor allem durch die höchst ambivalenten Protagonist:innen, die die ausgefallenen Stories glaubhaft machten. Das trifft in besonderem Maße auch auf „DogMan“ zu. Mit der grandios von Caleb Landry Jones („Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“) verkörperten Rolle des DogMan greift Besson, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, nicht nur die aktuelle Gender-Thematik auf, sondern nutzt die Frage nach der Identität, die die Polizeipsychologin zu ergründen hofft, dazu, das Portrait eines Menschen zu zeichnen, der trotz widrigster Lebensumstände, trotz Gewalt, Isolation und seelischer wie körperlicher Verkrüppelung einen Weg findet, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dazu gehören vor allem die Verkleidung, die Doug dabei helft, eine andere Persönlichkeit zu sein, aber auch die innige Freundschaft zu seinen Hunden, die wirklich jedes Wort von ihm verstehen.
Aus dieser ungewöhnlichen Beziehung entsteht nicht nur ein unterhaltsamer Heist-Subplot, sondern auch eine blutige Auseinandersetzung mit einer brutalen Gang. Besonders eindringlich sind aber auf der anderen Seite die Szenen gelungen, in denen Doug in einer Drag-Show seinen Auftritt bekommt und mit voller Inbrunst den Edith-Piaf-Klassiker „Non, je ne regrette rien“ vor einem entrückten Publikum präsentiert. Auch der Rückblick auf die unerwiderte Liebe, die Doug für seine Schauspiellehrerin empfand, ist ergreifend eingefangen. Dass der bunte Mix aus Travestie-Drama, Heist-Thriller, Romantik-Drama und Horror funktioniert, liegt vor allem an der starken Performance von Hauptdarsteller Caleb Landry Jones, den grandios dressierten Hunden und der gekonnten Inszenierung von Altmeister Luc Besson samt Kameraarbeit und Score von Éric Serra.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen