Die Frau nebenan

Bereits mit „Die Geschichte der Adèle H.“ (1975) thematisierte François Truffaut die klassische „Liebe auf den ersten Blick“, eine zerstörerische Amour Fou, die in seinem vorletzten Film „Die Frau nebenan“ (1981) noch einmal in den Mittelpunkt einer Geschichte rückt, mit der Truffaut seine Beziehung zu Catherine Deneuve aufarbeitete. In der weiblichen Hauptrolle ist neben Gérard Depardieu, mit dem Truffaut zuvor „Die letzte Metro“ gedreht hatte, Fanny Ardant zu sehen, die Truffaut in einem Fernsehfilm aufgefallen war und mit der er ebenfalls eine Beziehung einging. 

Inhalt: 

Der 32-jährige Ingenieur Bernard Coudray (Gérard Depardieu) lebt mit seiner Frau Arlette (Michèle Baumgartner) und seinem kleinen Sohn Thomas (Olivier Becquaert) in einem Dorf nahe Grenoble und freut sich, dass das Nachbarhaus auf der gegenüberliegenden Straße wieder vermietet wird. Noch ahnt er nicht, dass die Frau von Philippe Bauchard (Henri Garcin), der das Haus seiner Frau voll eingerichtet als Überraschung präsentieren will, ausgerechnet seine ehemalige Geliebte Mathilde (Fanny Ardant) ist, die er vor acht Jahren verlassen hatte. Während seine Frau Arlette die neuen Nachbarn als Bereicherung in der ruhigen Gegend begrüßt und rasch eine Einladung zum Abendessen arrangiert, ist der zutiefst verunsicherte Bernard bemüht, den Kontakt zu den Bauchards wegen seiner einstigen Bindung zu Mathilde unbedingt zu vermeiden, weshalb er dem Abendessen unter einer fadenscheinigen Entschuldigung fernbleibt. Das hindert Mathilde jedoch nicht daran, die Nähe von Bernard zu suchen, bis es erneut zu heimlichen Intimitäten zwischen ihnen kommt. 
Doch kaum hat Bernard wieder einen Narren an ihr gefressen, zieht sich Mathilde zurück, was Bernard zu einer unbesonnenen Reaktion in der Öffentlichkeit hinreißen lässt. Während Mathildes Mann zufällig mitbekommt, dass sich Mathilde und Bernard von früher kennen, erwartet die nach wie vor von der Vorgeschichte der beiden unbehelligte Arlette ein weiteres Kind… 

Kritik: 

Truffaut bettet seine vorhersehbar dramatisch endende Amour Fou in die Erzählung von Madame Jouve (Véronique Silver) ein, die sich mit ihrer Beinprothese selbst als Opfer einer tragischen Liebesgeschichte sieht und als Besitzerin des örtlichen Tennis-Clubs Zeugin der Affäre zwischen Bernard und der Kinderbuchautorin Mathilde geworden ist. Truffaut wollte die Verbitterung einfangen, die unweigerlich dem Ende einer Liebesbeziehung folgt, und kümmert sich in „Die Frau nebenan“ kaum um die Figuren, die in der unglückseligen Amour Fou aufeinandertreffen. So bleiben nicht nur die Hintergründe unklar, die dazu führten, dass Bernard seine große Liebe Mathilde vor acht Jahren verlassen hat, sondern auch die Beweggründe für das erneute Aufflammen ihrer Beziehung, die sich vor allem auf rein sexuelle Zusammenkünfte in einem Hotel beschränken. 
Es ist vor allem den beiden Hauptdarstellern zu verdanken, dass die leidenschaftliche und intensive Liebesbeziehung auch ohne große Worte transportiert wird, wobei Mathilde mit ihren Schwächeanfällen und ihren unberechenbaren Reaktionen auf das Werben von Bernard die schwer auszurechnende Komponente in dieser Beziehung darstellt. 
Truffaut lässt den Terror der Liebe in eine gutbürgerliche Oberflächlichkeit einkehren und schuf mit „Die Frau nebenan“ sein vielleicht düsterstes Werk. Mit Fanny Ardant realisierte der Filmemacher anschließend auch seinen letzten Film „Auf Liebe und Tod“

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