Buffalo Bill und die Indianer

Nachdem Robert Altman als Regisseur in den 1950er Jahren mit Kurz- und Dokumentarfilmen seine Karriere begonnen und dann einzelne Episoden für Fernsehserien wie „Alfred Hitchcock präsentiert“, „U.S. Marshal“, „Bonanza“ und „Stunde der Entscheidung“ inszeniert hatte, gelang ihm 1970 mit der Kriegsfilm-Satire „M.A.S.H.“ der große Durchbruch. Der satirische Ton sollte auch einen Großteil seiner nachfolgenden Werke durchziehen, nach „Nashville“ (1975) auch die 1976 entstandene Western-Showbiz-Satire „Buffalo Bill und die Indianer“, die Koch Media nun im schicken Mediabook mit Blu-ray und DVD veröffentlicht.
Vier Jahre nach der legendären Schlacht am Little Bighorn will der gealterte Revolverheld William F. Cody alias Buffalo Bill (Paul Newman) dem damals gefallenen General George Armstrong Custer ein Denkmal setzen und eine monumentale Wild-West-Show inszenieren, für die auch der legendäre Sioux-Häuptling Sitting Bull (Frank Kaquitts) engagiert werden soll. Doch die Vorbereitungen für die Show laufen alles andere als rund. Buffalo Bill, der eine kuriose Vorliebe für Opernsängerinnen hegt und sein Outfit durch eine Langhaarperücke abrundet, und sein umfangreicher Mitarbeiterstab setzen alles daran, den Zuschauern zu zeigen, wie der Wilde Westen wirklich war, und vor allem den recht kleinen und unscheinbaren Sioux-Häuptling der Lächerlichkeit preiszugeben. Doch der schweigsame Häuptling lässt durch seinen weitaus imposanteren Übersetzer William Halsey (Will Sampson) gleich etliche Bedingungen aushandeln, von denen bei den vorangegangen Verhandlungen zwischen den Indianern und dem zuständigen Agenten McLaughlin (Denver Pyle) noch keine Rede gewesen ist. Vor allem sieht Sitting Bill sein Engagement als beendet an, sobald er Amerikas erstem Mann, Präsident Grover Cleveland (Pat McCormick), begegnet ist, wie er es im Traum vorhergesehen hat. Als sich der US-Präsident mit seiner Frau (Shelley Duvall) tatsächlich im Rahmen ihrer Hochzeitsreise ankündigt, verschwinden die Indianer jedoch aus dem Lager und sorgen nicht nur bei der Kunstschützin Annie Oakley (Geraldine Chaplin) und ihrem Manager Frank Butler (John Considine) für sorgenvolle Gesichter. Vor allem sorgt der Groschenromanschreiber Ned Buntline (Burt Lancaster), der einst die Legende um Buffalo Bill inszeniert hat, dafür, das aus Lügen erbaute Legendengerüst um seinen Helden zu demontieren und seinen geneigten Zuhörern zu erzählen, wie es wirklich um den großen Buffalo Bill bestellt ist …
Die Illusion, dass Robert Altman mit „Buffalo Bill und die Indianer“ ein Stück Geschichtsschreibung betreiben will, währt nur kurz, als bereits während des Vorspanns mit Bildern von den ersten Siedlern und Auseinandersetzungen zwischen Cowboys und Indianern die Anweisung von Produzent Nate Salisbury (Joel Grey) aus dem Off ertönt, dass die Szene noch einmal wiederholt werden solle. Die authentisch wirkenden Kulissen entpuppen sich also als gut gemachte Attrappen. In diesem Sinne setzt Altman in „Buffalo Bill and the Indians, or Sitting Bull’s History Lesson“ – so der Originaltitel – auch in den folgenden zwei Stunden alles daran, die Mythenbildung um die Helden des Wilden Westens zu demontieren.
Paul Newman, der in seiner langen Karriere in etlichen Western wie „Einer muss dran glauben“ (1958), „Der Wildeste unter Tausend“ (1963), „Man nannte ihn Hombre“ (1967), „Butch Cassidy und Sundance Kid“ (1969), „Das war Roy Bean“ (1972) und „Zwei Haudegen auf Achse“ (1972) die Hauptrolle verkörperte, spielt den trinkfreudigen und temperamentvollen Buffalo Bill auf unterhaltsam vielschichtige Art, doch befindet er sich dabei in einem größeren Kontext von Figuren, die einerseits bemüht sind, eine unterhaltsame zu inszenieren, die ordentlich Geld in die Kasse spült, andererseits die Möglichkeit nutzen, nach eigenem Empfinden die Geschichte zu modifizieren. Ebenso wie Buffalo Bill davon überzeugt ist, die Geschichte aus dem einzig wahren Blickwinkel zu präsentieren, schraubt im Hintergrund der ungeliebte Mythen-Macher Buntline an der Demontierung der Western-Legende Buffalo Bill.
So unterhaltsam Robert Altmans lose Adaption von Arthur L. Kopits Bühnenstück „Indianer“ überwiegend ausfällt, weist die sprunghafte Inszenierung, in der unvermittelt von einer Figur zur anderen gewechselt wird, auch Längen und Wiederholungen auf, wie beispielsweise Annie Oakleys Schießübungen und das enervierende Einschmeicheln von Buffalo Bills Neffen (Harvey Keitel).
„Buffalo Bill und die Indianer“ stellt zwar kein Meisterwerk des einflussreichen Filmemachers Robert Altman dar, aber unterhaltsam ist die prominent besetzte Western-Showbiz-Satire, in der allein die Indianer und der Groschenromanschreiber normal erscheinen, allemal.
"Buffalo Bill und die Indianer" in der IMDb

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