Jacob's Ladder

Nach seinem Durchbruch mit dem Tanz-Film „Flashdance“ (1983) ist der britische Filmemacher Adrian Lyne vor allem durch Erotik-Dramen wie „9½ Wochen“ (1986), „Eine verhängnisvolle Affäre“ (1987), „Ein unmoralisches Angebot“ (1993), dem Remake von Kubricks „Lolita“ (1997) und „Untreu“ (2002) bekannt geworden. Dazwischen hat er 1990 mit „Jacob’s Ladder“ ein für ihn ungewöhnliches, stilistisch aber wieder sehr ausgefeiltes Psycho-Drama inszeniert, das vor allem durch Tim Robbins‘ eindrucksvolle Darstellung als traumatisierter Vietnam-Veteran überzeugt.
Jacob Singer (Tim Robbins) hat zwar einen Doktor in Philosophie, sein Leben nach seiner Rückkehr aus Vietnam aber nicht mehr in den Griff bekommen. Seine Ehe mit Sarah (Patricia Kalember) ist in die Brüche gegangen, nachdem sein Sohn Gabe (Macaulay Culkin) tödlich verunglückt war, er schlägt sich als Postbote in New York gerade so durch und stößt mit seinem oft verstörenden Verhalten immer wieder auf Unverständnis bei seiner Freundin Jezzie (Elizabeth Peña). Dabei weiß Jacob selbst nicht, wie er die wiederkehrenden Alpträume über seine schwere Verletzung in Vietnam einordnen soll, denn sie werden auch am hellichten Tage von Halluzinationen begleitet, in denen seine Mitmenschen wie Dämonen auf ihn wirken. Als ihn aber sein Kriegskamerad Paul (Pruitt Taylor Vince) anruft und ihm davon erzählt, dass er sich auf dem Weg zur Hölle befinde, versteht Jacob, dass er mit seinem Schicksal nicht allein dasteht, und versucht herauszufinden, was genau in Vietnam vorgefallen ist. Zusammen mit seinen alten Vietnam-Kameraden sucht er den Anwalt Geary (Jason Alexander) auf, der beim Militär Nachforschungen anstellt, dann aber den Fall für nichtig erklärt. Als Paul schließlich durch eine Autobombe getötet wird und Jacob von zwielichtigen Männern entführt und bedroht wird, bevor er sich mit einem waghalsigen Manöver aus dem fahrenden Auto befreien kann, ist er sich sicher, dass das Militär vertuschen will, was die unerklärlichen Ereignisse in Vietnam verursacht hat …
Was der Vietnam-Krieg mit den dort eingesetzten US-Soldaten angerichtet hat, beschreiben vor allem Martin Scorseses „Taxi Driver“ (1976), Michael Ciminos „Die durch die Hölle gehen“ (1978), Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“ (1979), Alan Parkers „Birdy“ (1984) und Oliver Stones „Geboren am 4. Juli“ (1989) in eindrucksvollen Bildern. Bruce Joel Rubin („Ghost – Nachricht von Sam“, „Die Frau des Zeitreisenden“) versucht in seinem Drehbuch zu „Jacob‘s Ladder“ gleich mehrere schwergewichtige Themen unterzubringen, ohne jeweils in die Tiefe zu gehen. Bei der Vermischung traumatischer Erlebnisse im Krieg mit Vertuschungsmanövern des Militärs kommen vor allem etliche religiöse Symbole ins Spiel, wobei die titelgebende Jakobsleiter, von der Jakob träumte, dass Engel auf ihr zwischen Himmel und Erde hin- und herpendeln, nicht mal das deutlichste darstellt. Engel und Dämonen dienen aber fraglos als Schlüsselbegriffe für die mentalen Zustände, mit denen sich Jacob Singer und seine Liebsten herumschlagen müssen.
So unausgereift das Drehbuch wirkt, wird es doch durch Adrian Lynes packende Inszenierung aufgewertet. Kameramann Jeffrey L. Kimball („True Romance“, „Mission: Impossible II“) hat wunderbare Arbeit dabei geleistet, Jabob Singers triste Lebensbedingungen in den verdreckten und heruntergekommenen Straßen von New York einzufangen und die düsteren Halluzinationen mit schaurig-schönen Gruselbildern zu illustrieren. Während die außergewöhnlichen Bilder und der angenehm zurückhaltende Score von Maurice Jarre („Ghost – Nachricht von Sam“, „Doktor Schiwago“) für die richtige Atmosphäre sorgen, bekommen die einzelnen Figuren leider kaum Gelegenheit, besondere Akzente zu setzen. Zum Glück meistert Tim Robbins („Arlington Road“, „Die Veurteilten“) glaubhaft die Rolle des in Vietnam schwer verletzten Soldaten, der sich zuhause mit ganz verschiedenen Dämonen auseinandersetzen muss, wobei die weichgezeichneten Visionen mit seinem verstorbenen Sohn Gabe etwas überzogen wirken. Neben Robbins vermag nur Danny Aiello („Hudson Hawk“, „León – Der Profi“) als Singers engagierter Chiropraktiker seine wenigen Szenen zu nutzen, charismatische Pointen in einem Psycho-Drama zu hinterlassen, das ein etwas unterschätztes Juwel mit einem überraschenden Ende darstellt und nun von Koch Media als schmuckes Mediabook veröffentlicht wird.
"Jacob's Ladder" in der IMDb

Kommentare

Beliebte Posts