In der Glut des Südens

Der im texanischen Waco geborene Terrence Malick wuchs sowohl in Texas als auch in Oklahoma in einem ländlichen Milieu auf, verdiente sich nach seinem Studium der Philosophie mit gelegentlicher Arbeit auf Farmen und Ölfeldern seinen Lebensunterhalt und entdeckte erst 1968 im Rahmen seines Lehrauftrags am Massachusetts Institute of Technology seine Begeisterung für das Medium Film. Nachdem er mit seinem Langfilmdebüt „Badlands – Zerschossene Träume“ (1973), einem Road-Movie über die Flucht eines Verbrecherpärchens, einen überraschenden Erfolg feiern konnte, hatte er bei seinem nächsten Werk nahezu freie Hand. „In der Glut des Südens“ (1978) greift die Thematik eines flüchtenden Paares auf, fokussiert sich aber vor allem auf die Darstellung wundervoller Naturbilder in einem philosophisch-religiösen Kontext.
Der Tagelöhner Billy (Richard Gere) arbeitet Anfang des 20. Jahrhunderts in Chicago in einer Stahlfabrik, tötet nach einem Streit aber seinen Vorarbeiter und ist gezwungen, mit seiner Freundin Abby (Brooke Adams), die sich als seine Schwester ausgibt, und seiner kleinen Schwester Linda (Linda Manz), die Stadt zu verlassen. Auf der riesigen Farm eines wohlhabenden Weizen-Farmers (Sam Shepard) heuern Billy und Abby als Erntehelfer an. Während der anstrengenden, zwischen Sonnenaufgang und Abenddämmerung andauernden Arbeit wirft der junge, aber einsame Farmer ein Auge auf Abby. Als Billy mitbekommt, dass der Farmer an einer unheilbaren Krankheit leidet und nicht mehr lange zu leben hat, ermuntert er Abby, den Avancen des Farmers nachzugeben, damit sie als Erbin begünstigt wird.
Doch die Krankheit scheint dem Farmer nicht allzu sehr zuzusetzen. Abby erwidert mit der Zeit die zärtlichen Gefühle ihres Mannes und fühlt sich bei den geheimen Zusammentreffen mit Billy zunehmend unwohler. Schließlich scheinen sich die Bedenken des alten Vorarbeiters und Vertrauten des Farmers (Robert J. Wilke) zu bestätigen, dass Billy und Abby etwas im Schilde führen, als der Farmer beobachtet, wie vertraut und zärtlich seine Frau mit Billy umgeht. Billy selbst kommt mit der Situation auch nicht mehr zurecht und verlässt die Farm mit einer kleinen Gruppe von mit Flugzeugen umherreisenden Clowns. Als er es jedoch ohne Abby nicht mehr aushält und auf die Farm zurückkehrt, kommt es zur Katastrophe …
Zunächst mutet das Drama „In der Glut des Südens“, zu dem Malick auch das Drehbuch verfasst hat, wie eine Milieustudie an, das die harten Arbeits- und Lebensbedingungen einfacher Arbeiter zur Zeit der Industrialisierung beschreibt, doch mit der Ankunft von Billy, Abby und Linda auf der Weizenfarm entwickelt sich der Film zu einer Mischung aus Kriminal- und Liebesdrama. Dabei ist es nicht unbedingt die letztlich simple Geschichte einer jungen Frau, die zwischen zwei ganz unterschiedlich situierten Männern steht, sondern die ungewöhnliche Erzählperspektive, die ruhige Inszenierung und die traumhaft schönen, Oscar-prämierten Bilder von Truffaut- und Rohmer-Kameramann Néstor Almendros („Claires Knie“, „Das grüne Zimmer“), die „In der Glut des Südens“ zu einem Meisterwerk machen.
Wie in seinen späteren Werken „The New World“ und „The Tree of Life“ lädt Malick zu einer fast meditativen Betrachtung der Natur ein. Die Katastrophe, die sich zwischen Billy, Abby und dem Farmer anbahnt, wird durch die Heuschreckenplage mit faszinierenden Makroaufnahmen, die dunklen Wolken am Himmel und die Feuersbrunst auf den Feldern in biblische Dimensionen gerückt. Im Alten Testament begehrt der ägyptische Pharao die vermeintliche Schwester Abrahams, hier übernimmt der Farmer die Rolle des Pharaos und setzt damit die unheilvollen Ereignisse in Gang. Die Konflikte spielen sich nahezu auf nonverbaler Ebene ab und werden durch Lindas Kommentare aus dem Off auf eine kindlich-unschuldige Sichtweise entdramatisiert.
Malick geht es aber weniger um die dramatische Essenz seiner Erzählung, sondern um die Korrelation von Mensch und Natur. In langen Einstellungen fängt er sowohl die Arbeit auf den Feldern als auch die Mußestunden der Menschen in der Natur ein. Malick wies Almendros an, auf künstliche Beleuchtung zu verzichten und vor allem in der sogenannten magischen Stunde, also der ersten und letzten Sonnenstunde des Tages, zu drehen, was die Drehzeit enorm verlängerte. Neben den betörenden Bildern, die wie Gemälde wirken, sorgt auch der Oscar-nominierte Score von Ennio Morricone, der in seine lyrische Komposition das berühmte Stück „Aquarium“ aus dem Karneval der Tiere von Camille Saint-Saëns integrierte.
Nachdem Malick bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 1979 den Preis als bester Regisseur entgegengenommen hatte, verschwand er allerdings für nahezu zwanzig Jahre von der Bildfläche, ehe er mit dem Kriegsdrama „Der schmale Grat“ sein nächstes Meisterwerk vorlegte.
"In der Glut des Sudens" in der IMDb

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