Hook

Wie wichtig es dem Filmemacher Steven Spielberg immer gewesen ist, sich die Fähigkeit des kindlichen Staunens zu bewahren, hat er bereits in offenkundigen Märchenfilmen wie „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ (1977) und „E.T. – Der Außerdirdische“ (1982), aber auch in Abenteuerfilmen wie der „Indiana Jones“-Reihe (1981-2008) und „Jurassic Park“ (1993) bewiesen. Mit „Hook“ (1991) erfüllte sich Spielberg, der sich selbst gern als Peter Pan des Kinos betrachtet, einen lang gehegten Traum, nämlich die Geschichte der berühmten Schöpfung von James Matthew Barrie fortzusetzen.
Als erfolgreicher Firmenanwalt eines Unternehmens, das sich darauf spezialisiert hat, marode Firmen wieder wirtschaftlich profitabel zu machen, hat Peter Banning (Robin Williams) kaum noch Zeit für seine Familie. Zwar schafft er es noch, die „Peter Pan“-Aufführung seiner Tochter Maggie (Amber Scott) zu besuchen, aber das Versprechen, auch dem entscheidenden Baseball-Spiel seines Jungen Jack (Charlie Korsmo) beizuwohnen, hält er nicht ein. Auch der Pflichtbesuch einer Benefizveranstaltung in London, wo der neue Flügel eines Krankenhauses nach seiner Ziehmutter Wendy (Maggie Smith) benannt wird, kommt den reizbaren Geschäftsmann eher ungelegen. Während Peter mit seiner Frau Moira (Caroline Goodall) und Wendy die Feierlichkeiten zur Namensgebung besuchen, werden allerdings die beiden in Wendys Haus verbliebenen Kinder auf mysteriöse Weise entführt. Nach ihrer Rückkehr ins Haus finden Peter, Moira und Wendy nämlich die Tür aufgebrochen, die Wände und Bilder zerkratzt, Wendys Haushälterin Liza (Laurel Cronin) niedergeschlagen und die Betten der Kinder leer vor. An der Tür des Kinderzimmers hat Peters alter Erzfeind Captain Hook (Dustin Hoffman) eine Nachricht hinterlassen. Er sinnt immer noch auf Rache, seit er im Kampf gegen Peter eine Hand an ein gefräßiges Krokodil verloren hat. Allerdings hat der erfolgreiche Anwalt überhaupt keine Erinnerungen mehr an seine Kindheit. Fee Glöckchen (Julia Roberts) bringt Peter zurück ins Nimmerland und handelt mit Captain Hook drei Tage aus, in denen sie mit der Schar der „verlorenen Jungs“ den nicht schwindelfreien Peter dazu bringen müssen, seine alten Fähigkeiten wiederzugewinnen. Dazu zählt eben neben dem Kämpfen mit dem Säbel auch das Fliegen, für das er allerdings einen guten Gedanken benötigt. Währenddessen versuchen Hook und seine rechte Hand Smee (Bob Hoskins), Peters Kinder für sich zu gewinnen …
Nachdem das von Barrie konzipierte Bühnenstück „Peter Pan, or The Boy Who Couldn’t Grow Up“ 1904 in London seine Premiere feierte, trat auch seine 1911 erfolgte Adaption des Bühnenstücks als „Peter and Wendy“ seinen weltweiten Siegeszug an und ist heute meist nur als „Peter Pan“ bekannt. Spielberg und sein Drehbuchautor James V. Hart („Bram Stoker’s Dracula“, „Contact“) führen mit „Hook“ Peter Pans Geschichte fort und sprechen damit gleichermaßen Kinder und Erwachsene an. Das ermöglicht Spielberg, wieder einmal sein beliebtes Thema von der vaterlosen Familie, wie es schon in seinen Frühwerken von „Sugarland Express“ über „E.T. – Der Außerirdische“ bis zu „Indiana Jones“ und „Das Reich der Sonne“ zum Tragen kam, aufzugreifen, denn da ihr Vater nur für seine Arbeit lebt, ist Peter Banning für seine Kinder Maggie und Jack fast nicht vorhanden.
Sein Spieltrieb beschränkt sich darauf, mit seinem Kollegen in der Firma zu sehen, wer schneller sein Handy aus der Gürteltasche ziehen kann. Spielberg geht es natürlich vor allem darum, die unterschiedlichen Lebenswelten von Erwachsenen und Kindern miteinander auszusöhnen, den Erwachsenen die Fähigkeit zurückzugeben, den Spieltrieb, die Träume und Fantasien ihrer Kindheit zurückzugewinnen, und die Kinder darauf vorzubereiten, dass das Älterwerden auch damit verbunden ist, vernünftig zu werden und Verantwortung zu übernehmen.
Spielberg bemüht sich dabei von Beginn an, eine märchenhafte Welt zu inszenieren, beginnend mit der „Peter Pan“-Aufführung, die allerdings wieder einmal durch den Anruf seines Kollegen Brad (Geoffrey Lower) unterbrochen wird. Dieses Spiel im Spiel weist bereits auf das warme Zuhause von Peters Ziehmutter Wendy hin, die recht schnell nach Peters Ankunft feststellen muss, dass er selbst ein Captain Hook geworden ist.
Bei der Gestaltung von Nimmerland hat Spielberg mit dem Oscar-nominierten Szenenbild Großes geleistet, wobei vor allem das turbulente Geschehen auf Hooks Piratenschiff einfach nur Spaß macht. Dustin Hoffman gibt eine überzeugende, überraschend vielschichtige Vorstellung als rachsüchtiger Piratenkapitän ab, der in dem Bemühen um die Gunst von Bannings Kindern auch seine liebenswerten Eigenschaften herauszustellen bemüht ist. John Williams begleitet dieses phantasievolle Treiben mit einer ebenfalls Oscar-nominierten Musik, die von einem betörenden Hauptthema getragen wird und viele verspielte, bezaubernde Elemente aufweist.
Von dem ursprünglichen Plan, „Hook“ als Musical zu inszenieren, nahm Spielberg aber am Ende Abschied und entfernte die entsprechenden neun Szenen. Auch wenn Spielberg mit seiner Botschaft immer wieder mal über das Ziel hinausschießt, bereitet dieses Familienabenteuer doch viel Spaß.
"Hook" in der IMDb

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